Wenn ein sechsjähriges Kind nachmittags aus der Schule kommt, erwartet es normalerweise ein feines Zvieri. Nicht aber, dass Rauch unter dem Garagentor hinausdringt. Dies hat Frank Richter (38) Anfang Januar 1990 so erlebt. «Ich rannte zu meiner Tagesmutter, wir versuchten sofort das Tor zu öffnen, weil wir dachten, dass es brennt, doch es ging nicht.»
Bevor die Polizei kam, sagte die Mutter dem Erstklässler, er soll fernsehen. Denn schnell wurde klar, dass sein Vater Gerd (+47) in seinem Auto sass, durch das Fenster einen Schlauch gelegt hatte, den Motor anstellte und sich so das Leben nahm. «Meine Mutter hat es mir offen und ehrlich erklärt, was ich da überhaupt nicht verstand.»
Nach dem Drama hat Frank Richter lange Zeit geschwiegen
Sein Kinderhirn habe das Erlebte verdrängt. «Ich wurde in Therapie geschickt, wo ich erneut nicht verstand, weshalb ich mit einer fremden Person etwas verarbeiten sollte, woran ich mich gar nicht mehr erinnerte.» So habe er lange Zeit geschwiegen. «Mir verschlug es wortwörtlich die Sprache. Mit meiner Familie konnte ich sprechen, sonst nicht mehr, ich wurde immer verschlossener, ging mit mir alleine durch mein junges Leben.»
Weshalb sein Vater diesen Schritt wählte, dafür werden ihm immer Antworten fehlen, einen Abschiedsbrief gab es nicht. «Es lag sicher auch daran, dass er Alkoholiker war, stark rauchte, ihm sein Arzt noch wenige Jahre gab und sich meine Mutter von ihm trennen wollte. Situationen, wo andere sich entscheiden, ihr Leben zu ändern. Er hat es beendet», so der Zürcher zu Blick.
Der Freitod seines Vaters war der Start seiner Comedy-Laufbahn
Nach ein paar Monaten ertrug er die Traurigkeit seiner Mutter Gabi (64) nicht weiter. «Ich bin ein Einzelkind, habe von ihr endlos viel Liebe erhalten. Und sie versucht, mit Witzen und lustigen Situationen zum Lachen zu bringen, was geklappt hat. Ich wurde auch in der Schule zum Pausenclown. Rückblickend kann ich sagen, so makaber das tönt, dass der Suizid meines Vaters der Start für meine Comedy-Laufbahn war.»
Es ist das erste Mal, dass er öffentlich darüber spricht und einen wesentlichen Schritt weiter geht. Den Suizid seines Vaters, integriert er in sein neues Stand-up-Comedy-Programm «Bla Bla Land», mit dem er ab dem 24. März tourt. «Ich habe mich dafür mit einem Suizid-Experten besprochen, will niemanden brüskieren. Über den Freitod mache ich keine Witze. Aber darüber, was es mit mir gemacht hat und wie wichtig Humor ist, Tragödien besser aufarbeiten zu können.» So erklärt Richter seinem Publikum: «Jede Tragödie kann mit zeitlichem Abstand in eine Komödie verwandelt werden. Habt also keine Angst vor Schicksalsschlägen. Im besten Fall habt ihr nach der Scheidung ein Bühnenprogramm.»
Seine Mutter sei der Vorstellung gegenüber, dass dieses Drama Teil seines Comedy-Programms ist, erst skeptisch gewesen, doch sie habe ihm ihr Einverständnis gegeben. «Ohne dieses hätte ich es nicht gemacht. Doch da ich sie immer wieder in meine Nummern integriere und Fragen nach meinem Vater immer lauter wurden, stelle ich mich dem. Was sich für mich als Freiheit anfühlt und, trotz Tragödie, hoffentlich auf versöhnliche Art das Publikum zum Lachen bringt.»
Die Dargebotene Hand:
Anonyme Beratung unter Einhaltung der Schweigepflicht.
Per Telefon 143 und Online www.143.ch.
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