Francine Jordi besiegte den Krebs – und das gibt ihr heute Kraft
«Der Kopf braucht auch mal Corona-frei»

Francine Jordi (42) spricht in schwierigen Zeiten über Sehnsüchte und Liebe. Und sie erzählt, wie die Bekämpfung des Brustkrebses vor zwei Jahren ihr jetzt auch in dieser Krise Kraft gibt.
Publiziert: 25.03.2020 um 21:30 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2020 um 19:13 Uhr
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Francine Jordi ist jetzt zu Hause. Ihr Labrador Theo hat sie ganz für sich.
Foto: Thomas Meier
Interview: Peter Padrutt

Schlagersängerin Francine Jordi (42) ist zu Hause und spricht über Hoffnung und Liebe. Es ist ihr erstes digitales Interview. Im Hintergrund bellt gelegentlich der Hund. Im Garten bauen die Vögel Nester. Alles ganz normal. Beinahe.

BLICK: «Nichts wird so sein wie zuvor», sagt Zukunftsforscher Matthias Horx. Wie verändert sich gerade Ihr Leben?
Francine Jordi: Es ist ein viel ruhigeres Leben. Ich lerne, mit der Ungewissheit umzugehen und mich noch mehr mit mir selber auseinanderzusetzen. Schliesslich spüre ich auch, was ich in meinem Leben wirklich brauche. Es ist erstaunlich wenig. So sehe ich die Krise auch als Chance.

Wie wirkt sich das konkret aus?
Ich fahre meinen Alltag komplett runter. 25 Konzerte musste ich schon absagen. Ich lese viel, meditiere und singe. Die Nachbarn hören mich jetzt öfter üben (lacht). Ich gehe kaum noch aus dem Haus, und wenn, dann nur mit meinem Labrador Theo. Ich kaufe nur noch einmal pro Woche ein, dann bringe ich auch etwas meinen Eltern vorbei, die beide 74 sind. Zu meinen Schwestern – die ältere Tanja hat vier schulpflichtige Kinder – habe ich nur übers Handy Kontakt.

Ihr Hund kann sich glücklich schätzen. Er hat Sie jetzt ganz für sich.
Es ist alles so absurd. Wenn ich Nachrichten schaue, dann denke ich, die Welt geht unter. Schaue ich Theo beim Spielen zu oder sehe, wie die Vögel ihre Nester im Garten bauen, dann scheint die Welt vollkommen in Ordnung. Aus der Natur schöpfe ich Kraft, das ist für mich positive Energie.

Vor zwei Jahren hätten Sie auch zu einer Risikogruppe gehört, als Sie an Brustkrebs erkrankten. Hilft es Ihnen heute, dass Sie damals lernten, mit dieser schwierigen Situation umzugehen?
Ja, als Risikopatientin lernte ich mich zu schützen. Das kommt mir auch jetzt zugute. Und ich habe gelernt, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Der Kopf braucht auch einmal Corona-frei. Als ich die Chemotherapie machte, habe ich mich bewusst nicht dauernd damit befasst, was für Nebenwirkungen sich bei mir bemerkbar machen könnten. Es wären sofort Bilder in meinem Kopf entstanden, die nicht mehr zu löschen gewesen wären. Das ist meine Einstellung: Ich befasse mich erst mit Problemen, wenn sie greifbar sind, und sorge mich nicht schon im Voraus.

Sie zeigen in der TV-Show «Sing meinen Song» gerade ganz neue Facetten von sich und rühren Ihre Mitstreiter zu Tränen. Sie sind grossartig.
Vielen Dank! Die Show war auch für mich sehr emotional und hat unglaublich Spass gemacht, aber meine Heimat ist trotzdem der Schlager. Ausflüge in andere Genres – zur Klassik, zum Swing – habe ich immer wieder gemacht. Und «Träne» war ja damals als Popsong auch Neuland für mich. Ich baue solche Songs immer wieder mal in mein Programm ein.

Sind Freundschaften entstanden?
Ja, wir haben alle immer noch sehr engen Kontakt, whatsappen fast täglich miteinander. Das ist das Beste an dieser Sendung: Ich habe sechs neue Freunde bekommen. Ihre Herzlichkeit ist unglaublich.

Sie gelten als Sonnenschein der Nation. Viele wollen nicht verstehen, dass Sie keine Beziehung haben. Warum?
Alles hat seine Zeit, auch die Liebe. Ich warte darauf, bis mir Schmetterlinge zufliegen. Eine Beziehung kann man nicht erzwingen.

Sie weichen jetzt etwas aus. Sehnen Sie sich in Krisen nicht nach einem Mann, der Sie durchs Leben trägt?
Ich will die Verantwortung für mein Glück nicht an meinen Lebenspartner übertragen, das muss ich selber für mich tun. Ich bin für mein Glück und mein Leben verantwortlich – nicht mein Partner.

Man sagt: Mit dem Alter wird es noch schwieriger, eine Beziehung zu beginnen, weil man wählerischer wird ...
Es hat nichts damit zu tun, dass man wählerischer wird. Eher mit Erfahrungen. Ich habe im Leben viele davon gesammelt und weiss immer besser, was ich will und was mir guttut.

Wo und wann muss man Rücksicht auf Sie nehmen?
Ich erwarte keine Rücksicht, in einer Beziehung wünsche ich mir bedingungslose Liebe. Ein Mann muss auch meine Macken akzeptieren. Ich bin aber auch bereit, das Gleiche zurückzugeben.

1998 gewannen Sie als 21-Jährige den «Grand Prix der Volksmusik». Wenn Sie zurückblicken: Wie haben Sie sich verändert?
Ich stehe heute an einem ganz anderen Ort. So ab 30 habe ich angefangen, meine Mitte zu finden. Da habe ich riesige Erfahrungen gemacht. Ich wurde gelassener, aber auch bestimmter, dies auch in Bezug auf meine Karriereplanung. Ich prüfe heute genauer, ob etwas für mich stimmig ist.

Mit der Hymne «Das Feyr vo dr Sehnsucht» gelang Ihnen mit dem Jodlerklub Wiesenberg 2009 der «grösste Schweizer Hit». Später spannten Sie mit der Formation Heimweh zusammen. Sind ähnliche Projekte geplant?
Ich habe ja gerade den Titel «Mon Chéri» rausgebracht, eine Coverversion von DJ Antoine. Ich bin jetzt selber gespannt, was das Leben mit mir vorhat. Im Moment musiziere ich vor allem mit meiner Familie. Kürzlich haben wir wie die Italiener zusammen im Garten gesungen. Eine wunderbare Idee.

Sie waren letztes Jahr zum ersten Mal in New York. Vermissen Sie im Moment solche Reisen?
Ehrlich gesagt gar nicht. Ich erkenne im Moment gerade, was für mich wirklich wichtig ist. Reisepläne stehen nicht an oberster Stelle.

Versprechen Sie uns, dass Sie die Silvestershow wieder moderieren, wenn der Spuk bis dann vorbei ist?
Das hoffe ich sehr! Die letzte Silvestershow war ja in ganz Europa ein grosser Erfolg! Wenn alle durch eine schwere Zeit gegangen sind, kann so eine Sendung aufbauend wirken und viel Freude bescheren. Der nächste Silvester wird sicher ganz besonders. Er wird eine Chance, in ein ganz anderes, hoffentlich für viele ein glücklicheres Jahr mit neuen Möglichkeiten und Erkenntnissen zu starten.

Der Schlager ist ihre Heimat

Francine Jordi begann als 10-Jährige zu singen, später studierte sie Gesang und Klavier am Konservatorium in Neuenburg. 1998 gewann sie mit dem Titel «Das Feuer der Sehnsucht» beim «Grand Prix der Volksmusik» den ersten Platz und startete eine grosse Karriere. Francine Jordi (42) war mit Ex-Radprofi Tony Rominger (59) verheiratet, später mit Mundartsänger Florian Ast (44) liiert. Ihre CD «Lago Maggiore» stieg in der ersten Woche auf Platz 1 der Schweizer Hitparade ein. Im April 2018 wurde bekannt, dass sie an Brustkrebs litt. Heute ist Jordi krebsfrei.

Francine Jordi begann als 10-Jährige zu singen, später studierte sie Gesang und Klavier am Konservatorium in Neuenburg. 1998 gewann sie mit dem Titel «Das Feuer der Sehnsucht» beim «Grand Prix der Volksmusik» den ersten Platz und startete eine grosse Karriere. Francine Jordi (42) war mit Ex-Radprofi Tony Rominger (59) verheiratet, später mit Mundartsänger Florian Ast (44) liiert. Ihre CD «Lago Maggiore» stieg in der ersten Woche auf Platz 1 der Schweizer Hitparade ein. Im April 2018 wurde bekannt, dass sie an Brustkrebs litt. Heute ist Jordi krebsfrei.

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