Gestern teilte die Miss-Schweiz-Organisation mit, dass Jastina Doreen Riederer per sofort freigestellt sei – wegen Vertragsverstössen, wie es hiess. Die geschasste Aargauerin darf sich fortan nicht einmal mehr Ex-Miss nennen. Doch war dieses Vorgehen überhaupt rechtens? Rechtsanwalt Boris Etter, Spezialist für Arbeitsrecht, gibt Auskunft.
BLICK: Wie beurteilen Sie die Kommunikation der Miss-Organisation?
Boris Etter: Als Medieneigentümer beurteile ich es als hoch-emotionale und persönliche Abrechnung – zum Nachteil aller involvierten Personen. Ich würde die Aktion sogar als «mediale Hinrichtung» bezeichnen. Als Rechtsanwalt erachte ich die Kommunikation, insbesondere aus der Sicht des Arbeitnehmerpersönlichkeitsrechts, als hoch problematisch – natürlich ohne die Verträge und Vorfälle im Detail zu kennen. Gemäss den vorliegenden Informationen wurde das Arbeitsverhältnis von Jastina Doreen durch die Miss-Schweiz-Organisation nicht vorzeitig beendet. Es geht also nur um eine Freistellung, das heisst, um einen einseitigen Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung unter Weiterführung des Arbeitsverhältnisses bis zum ordentlichen Ablauf. Das bedeutet, dass Jastina nach wie vor einen laufenden Arbeitsvertrag hat und sich insbesondere auf den umfassenden Arbeitnehmerpersönlichkeitsschutz von Art. 328 OR berufen kann.
Was sagen Sie dazu, dass das Communiqué rausging, bevor man es Jastina selber mitteilte?
Dieses Vorgehen ist sicher nicht ideal. Normalerweise werden Freistellungen dem Arbeitnehmenden persönlich oder schriftlich kommuniziert. Rein theoretisch könnte aber eine Freistellung per Medienmitteilung durchaus rechtsgültig sein. Der «Goldstandard» im Arbeitsrecht ist dies aber mit Sicherheit nicht.
Welche Nachteile hat Jastina Doreen dadurch erfahren?
Ich finde es gut, dass sich Jastina Doreen bereits einen Rechtsanwalt genommen und dieser seine Arbeit aufgenommen hat. Ihr Rechtsanwalt sollte auch die Schadenersatzansprüche konkretisieren. Durch die Medienmitteilung dürfte Jastina Doreen einen Imageschaden erlitten haben. In der Praxis ist es aber nicht einfach, in solchen Fällen vor dem Arbeitsgericht einen konkreten Schaden in Franken nachzuweisen, vor allem einen hohen Betrag. Gemäss den Medienberichten hat sich das Einkommen von Jastina Doreen ja offenbar in Grenzen gehalten. Der Vorteil für den Arbeitnehmenden im Arbeitsrecht ist aber, dass Streitigkeiten von unter 30'000 Franken im vereinfachten Verfahren abgewickelt werden, was unter anderem dazu führt, dass keine Gerichtskosten auferelegt werden. Das Prozessrisiko ist deutlich kleiner als im ordentlichen Zivilprozess.
Welche Fehler hat die Miss-Organisation begangen?
Die rechtliche Qualität der Verträge der Miss Schweiz und der Kandidatinnen kann ich nicht beurteilen, da ich deren Inhalt nicht kenne. Die Verträge dürften wohl Geheimhaltungsklauseln enthalten. Die Medienmitteilung von gestern war mit Sicherheit ein Fehler – sowohl aus der PR-Sicht als auch aus der Sicht des Arbeitsrechts. Vielleicht hätte man nochmals ein paar Tage darüber schlafen oder sich vorgängig fundiert beraten lassen sollen.
War das Vorgehen überhaupt rechtens?
Das Schweizer Arbeitsrecht ist grundsätzlich für alle da; es gelten dieselben Regeln für die Miss Schweiz, für Top-Banker, für Arbeiter oder für Profi-Fussballer. Offenbar wurde im Sommer 2018 bereits eine Anpassung des Lohnes von Jastina Doreen gegen unten vorgenommen. Es wird nun zu prüfen sein, ob diese Lohnanpassung rechtlich korrekt abgelaufen ist. Dann wurde sie während des laufenden, befristeten Arbeitsverhältnisses freigestellt, aber ausdrücklich nicht fristlos entlassen. Dies könnte bedeuten, dass die hohen rechtlichen Anforderungen an eine fristlose Kündigung nicht erfüllt waren oder dass die kurze Frist für die Aussprache einer solchen Kündigung von ein bis zwei Arbeitstagen durch die Miss Schweiz Organisation verpasst wurde, was in der Praxis nicht selten geschieht.
Die Miss kündigte an, nun gegen die Organisatoren vorgehen zu wollen. Was kann sie überhaupt tun?
Das hat ihr Rechtsanwalt mit Jastina Doreen zu entscheiden. Zu prüfen ist sicher zunächst, ob noch offene Lohn- oder andere Forderungen bestehen. Die Verletzung des Arbeitnehmerpersönlichkeitsrechts von Art. 328 OR dürfte ein weiteres zentrales Thema sein. Die Medienmitteilung wirkte, etwas salopp gesagt, wie die Veröffentlichung eines vernichtenden Arbeitszeugnisses. Arbeitszeugnisse müssen grundsätzlich wahr und wohlwollend formuliert sein (Art 330a OR) und sind streng vertrauliche Dokumente, welche nicht an die Öffentlichkeit gehören.
Kann sie auch gegen die Aberkennung ihres Titels vorgehen?
Ja, es ist zu prüfen, ob Jastina Doreen der Missen-Titel überhaupt rechtsgültig
aberkannt werden kann. Gemäss Medienberichten befindet sich die Krone ja immer noch im Besitz von Jastina Doreen. Es kann also durchaus sein, dass letztinstanzlich das Bundesgericht das Urteil über den Miss-Schweiz-Titel, die finanziellen Forderungen sowie über eine allfällige Verletzung des Arbeitnehmerpersönlichkeitsrechts fällen muss. Jastina Doreen könnte sich so in der juristischen Literatur verewigen, was noch keine Miss Schweiz vor ihr geschafft hat. Vielleicht wird sie in einigen Jahren von den Bundesrichterinnen und Bundesrichtern nochmals zur Miss Schweiz gekrönt!
2017: Zunächst startet die neue Ära verheissngsvoll: Unternehmerin Angela Fuchs erwirbt mit dem Geschwisterpaar Iwan und Andrea Meyer von Unternehmer Guido Fluri die Markenrechte an der Miss Schweiz. Sie will der Wahl wieder zu mehr Glamour verhelfen. Doch noch vor der ersten Austragung kommts hinter den Kulissen zum Knatsch; Fuchs verkracht sich mit dem Privatsender 3+, der die Wahl live übertragen sollte. Der Fall endet vor Gericht und endet zugunsten der Miss-Organisation, die dann im deutschen Sender Sat.1 den Retter findet.
Fotografen aus Saal geworfen
10. März 2018: Die erste Miss-Wahl der neuen Ära. Jastina Doreen Riederer (20) wird – nach zwei Jahren Wahl-Pause – zur neuen Miss Schweiz gekrönt. Doch während die Show in Baden AG in vollem Gange ist, werden die Fotografen – auch derjenige von BLICK – durch Security-Leute unsanft aus der Halle entfernt. «Wir wurden wie Verbrecher behandelt», so BLICK-Fotograf Thomas Lüthi danach. Der mediale Schaden ist gross und bleibt wie ein Schatten über den Missen-Machern hängen.
2018: Auch Jastina Doreen trägt einiges dazu bei, um die Glaubwürdigkeit der Marke zu schwächen. So schummelt sie erst punkto ihrer Brustvergrösserung. Erklärt dann mit Fusselrolle und gebasteltem «Jastina TV»-Kleber die Wahrheit. Sie fährt ein Auto mit Wimpern, im Wissen, dass dies nicht erlaubt ist. Und ihre Agenda blieb fast leer. Die grossen Kampagnen-Shootings blieben aus, an Anlässen sieht man sie selten.
Missen-Chefin schmeisst hin
Juni 2018: Im Sommer kommts bei der Miss-Schweiz-Organisation zum Knall: Missen-Chefin Angela Fuchs schmeisst hin. «CEO bin ich schon länger nicht mehr – nun bin ich auch aus dem Verwaltungsrat der Miss Schweiz Organisation und den dazugehörenden zwei Firmen ausgetreten», sagt sie zu BLICK. «Zu viel ist hinter den Kulissen passiert.» Was genau, darüber schweigen alle.
Juni 2018: Kurz darauf wird Ex-Miss Anita Buri als neues Missen-Mami installiert. Doch schon wenig später kommts zum Gau: Kaum angefangen, ist alles wieder aus und vorbei. Buri gibt nach drei Monaten ihren Posten als Betreuerin von Miss Schweiz Jastina Doreen Riederer ab. «Die Miss-Schweiz-Organisation und ich haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt», sagt sie. Eine Verlängerung ihres befristeten Vertrags finde «wegen verschiedener Ansichten mit der Organisation» nicht statt.
24. Januar 2019: Anfang Jahr nur das neuste Kapitel einer unrühmlichen Missen-Geschichte. Die Organisatoren stellen Jastina Doreen Riederer «wegen Vertragsverstosses» per sofort frei. Die Aargauerin darf sich nun nicht einmal mehr Ex-Miss-Schweiz nennen. (srf/brc)
2017: Zunächst startet die neue Ära verheissngsvoll: Unternehmerin Angela Fuchs erwirbt mit dem Geschwisterpaar Iwan und Andrea Meyer von Unternehmer Guido Fluri die Markenrechte an der Miss Schweiz. Sie will der Wahl wieder zu mehr Glamour verhelfen. Doch noch vor der ersten Austragung kommts hinter den Kulissen zum Knatsch; Fuchs verkracht sich mit dem Privatsender 3+, der die Wahl live übertragen sollte. Der Fall endet vor Gericht und endet zugunsten der Miss-Organisation, die dann im deutschen Sender Sat.1 den Retter findet.
Fotografen aus Saal geworfen
10. März 2018: Die erste Miss-Wahl der neuen Ära. Jastina Doreen Riederer (20) wird – nach zwei Jahren Wahl-Pause – zur neuen Miss Schweiz gekrönt. Doch während die Show in Baden AG in vollem Gange ist, werden die Fotografen – auch derjenige von BLICK – durch Security-Leute unsanft aus der Halle entfernt. «Wir wurden wie Verbrecher behandelt», so BLICK-Fotograf Thomas Lüthi danach. Der mediale Schaden ist gross und bleibt wie ein Schatten über den Missen-Machern hängen.
2018: Auch Jastina Doreen trägt einiges dazu bei, um die Glaubwürdigkeit der Marke zu schwächen. So schummelt sie erst punkto ihrer Brustvergrösserung. Erklärt dann mit Fusselrolle und gebasteltem «Jastina TV»-Kleber die Wahrheit. Sie fährt ein Auto mit Wimpern, im Wissen, dass dies nicht erlaubt ist. Und ihre Agenda blieb fast leer. Die grossen Kampagnen-Shootings blieben aus, an Anlässen sieht man sie selten.
Missen-Chefin schmeisst hin
Juni 2018: Im Sommer kommts bei der Miss-Schweiz-Organisation zum Knall: Missen-Chefin Angela Fuchs schmeisst hin. «CEO bin ich schon länger nicht mehr – nun bin ich auch aus dem Verwaltungsrat der Miss Schweiz Organisation und den dazugehörenden zwei Firmen ausgetreten», sagt sie zu BLICK. «Zu viel ist hinter den Kulissen passiert.» Was genau, darüber schweigen alle.
Juni 2018: Kurz darauf wird Ex-Miss Anita Buri als neues Missen-Mami installiert. Doch schon wenig später kommts zum Gau: Kaum angefangen, ist alles wieder aus und vorbei. Buri gibt nach drei Monaten ihren Posten als Betreuerin von Miss Schweiz Jastina Doreen Riederer ab. «Die Miss-Schweiz-Organisation und ich haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt», sagt sie. Eine Verlängerung ihres befristeten Vertrags finde «wegen verschiedener Ansichten mit der Organisation» nicht statt.
24. Januar 2019: Anfang Jahr nur das neuste Kapitel einer unrühmlichen Missen-Geschichte. Die Organisatoren stellen Jastina Doreen Riederer «wegen Vertragsverstosses» per sofort frei. Die Aargauerin darf sich nun nicht einmal mehr Ex-Miss-Schweiz nennen. (srf/brc)