Ex-Kunstturner Lucas Fischer schreibt mit 26 Jahren seine Biografie
Sein Weg zurück ins Leben

Er litt unter Depressionen, Schlaf- und Essstörungen: Nach seinem Rücktritt vom Spitzensport sah der Aargauer Lucas Fischer lange keinen Sinn mehr im Leben.
Publiziert: 09.04.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:45 Uhr
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Schaut mit Zuversicht in die Zukunft: Lucas Fischer am Ufer des Zürichsees.
Foto: Philippe Rossier
Tino Büschlen

Er galt als Jahrhunderttalent – doch dann landete Lucas Fischer (26) ganz unten. Seine Erfahrungen gibt der Ex-Kunstturner nun in seiner Biografie «Tigerherz» wieder. Von klein auf habe er für das Turnen alles zurückgestellt. «Ich konnte nur ein einziges Mal an einem Kindergeburtstag teilnehmen, weil ich sonst immer trainierte», erinnert sich der aus einer Turnerfamilie stammende Aargauer.

Mit der Zeit hätten ihn die Gspänli nicht mehr eingeladen. «Sie wussten, dass ich eh nicht kommen konnte. So war ich in der Schulzeit immer irgendwie dabei und doch nicht richtig.»

Anders als die anderen Sportler

Auch später im Leistungszentrum von Magglingen BE kann Fischer nicht sich selbst sein. «Ich war anders als die anderen. Quirlig und emotional. Ich habe gerne gesungen und hatte nicht viel gemeinsam mit dem klassischen Turner, der stark und cool ist, den nichts umwerfen kann.» Also habe er sich zurückgezogen und seine andere Seite versteckt, um keine Angriffsfläche zu bieten.

Mit 20 erhält Fischer die Diagnose Epilepsie. «Das riss mir den Boden unter den Füssen weg. Ich hatte plötzlich meinen Körper und Geist nicht mehr unter Kontrolle. Das war schrecklich für mich.» Trotz ständiger Angst vor Anfällen erzielt Fischer 2013 mit dem Gewinn der Silbermedaille am Barren bei den Europameisterschaften in Moskau seinen grössten Erfolg.

Nach dem Rücktritt fällt Fischer in ein Loch

Doch dann zwingt ihn eine chronische Handverletzung 2015 zum Rücktritt. Aus der Traum von einer Teilnahme an Olympia! Fischer wähnt sich vor dem Nichts. «Ich konnte mir nie vorstellen, ohne Turnen zu sein. Ich war mein Leben lang in dieser Turnerblase – plötzlich platzte sie.»

Fischer wird depressiv, kann nicht mehr schlafen und entwickelt eine Essstörung. «Weshalb sollte ich essen, ich brauchte ja keine Kraft mehr, um zu trainieren.» Erst als er erkennt, wie sehr auch sein Umfeld unter seinem Zustand leidet, kann sich Fischer aufraffen.

Beziehung ist im Eimer

Die Beziehung mit seiner langjährigen Freundin geht aber in die Brüche. Doch er beginnt wieder zu trainieren, entwickelt seine eigene «Lucas Fischer Show», eine Mischung aus Artistik, Tanz und Gesang. Und holte sich in diesem Jahr beim Zirkusfestival von Monte Carlo den Bronze-Clown.

«Mit meinem Buch will ich anderen Menschen Mut machen. Es lohnt sich immer wieder aufzustehen und seine Träume nicht aufzugeben!»

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