Drei Wochen lang war die Extrem-Sportlerin Evelyne Binsack (49) auf Grönlands ewigem Eis unterwegs. Die Temperaturen von minus 30 Grad fühlten sich für die Bernerin bei Bise wie minus 45 Grad an. Auf ihrem Schlitten zog sie auf dem Marsch von der Ostküste an die Westseite 80 Kilo Gepäck hinter sich her. Darunter Benzinkocher, Schlafsack, Zelt, Butter, Käse und Speck. Damit war Evelyne Binsack täglich 17 Stunden lang unterwegs.
«Der Tag begann um fünf Uhr morgens mit dem Schmelzen von Schnee im Kocher. Dies dauerte zwei Stunden», erzählt sie. «In der Zwischenzeit ass ich Müesli, räumte das Zelt zusammen, packte alles auf den Schlitten.» Mit dem heissen Wasser in der Thermosflasche zog sie durchs ewige Eis. Jeder Tag sei gleich – doch eine Sekunde könne alles ändern. Denn «ein falscher Schritt kann tödlich sein». Sie ist in jedem einzelnen Moment hochkonzentriert.
Erfahrung und Gefühl sind entscheidend
«Zehn Tage meiner Expedition führten über eine heikle Gletscherlandschaft mit Spalten, die bis hundert Meter tief sind», sagt sie. Um diese abschätzen zu können, müsse man sie lesen, so Binsack. Wie geht das? «Es ist eine Kombination aus meiner dreissigjährigen Erfahrung und meinem Gefühl.» Sie würde schnell sehen und spüren, ob eine Spalte gut zu überqueren sei oder ob sie einen anderen Weg finden müsse. «Ich gehe kein Risiko ein, das ich nicht abschätzen kann», sagt Binsack. Doch sie wisse, ein Restrisiko bleibe.
Damit die Abenteurerin genug Energie für ihren 600 Kilometer langen Grönland-Trip hatte, brauchte sie täglich gegen 6000 Kalorien. «Ich habe dafür ganz viel Butter, Käse und Speck gegessen. Während der drei Wochen etwa je sechs Kilo.»
Kälte und Einsamkeit zu ertragen und ihre körperliche Grenzen auszuloten, ist das, was Evelyne Binsack für sich regelmässig sucht und braucht.
«In der Monotonie komme ich zur Ruhe.» Diese Ruhe und das konzentrierte Gehen «ist für mich eine schöne Mischung aus Hochleistungssport und Meditation».