Abends gemütlich auf dem Sofa sitzen, das ist nichts für Emil Steinberger (86). «Wir haben drei sehr schöne Sofas daheim, die sind noch wie neu. Viel länger als fünf Minuten zum Durchatmen verbringe ich darauf nicht.» Eine Vielzahl seiner Abende dieses Jahres wird der bekannteste Schweizer Kabarettist auf der Bühne verbringen, er lässt «Emil» mit klassischen und aufgefrischten Gags noch einmal aufleben.
Vier Jahre ist es her, dass er sich nach seinem Comeback mit seiner Kultfigur verabschiedet hat. Müdigkeit kennt Emil nicht. «Vielleicht ist das genau die Medizin, die mich frisch hält. Müssiggang, das war noch nie mein Ding», so Steinberger.
Aktivität ist sein Jungbrunnen
Sein Jungbrunnen ist die Einstellung zum Alter: Daran denke er gar nicht, das sei für ihn kein Massstab und eine Zahl, die in unserer Gesellschaft viel zu wichtig genommen werde. «Der Jahrgang spielt doch gar keine Rolle, es geht um den Zustand eines Menschen.» Aktiv, das war Emil bereits in jungen Jahren, als er noch am Postschalter arbeitete.
Schon damals verbrachte er seine Abende mit dem Aufbau des Ensembles Cabaradiesli – später parodierte er den Pöstler auf der Bühne. Alt, so fühlt er sich wohl höchstens, wenn er sieht, wie sich die Verhältnisse bei seinem ehemaligen Arbeitgeber verändert haben. «Es ist traurig, dass es dort jetzt um mehr Gewinn und weniger Service geht.»
Ein Glückspilz privat und auf der Bühne
Politisch wird die Kultfigur Emil aber auf seine alten Tage nicht, er bleibt der liebenswerte und unbeholfene Naivling, mit dem er über Jahrzehnte ein Millionenpublikum begeistert hat. Dass Steinberger ihn überhaupt wieder aufleben lässt, ist einer einzigen Person zu verdanken. «Ohne meine Frau Niccel stünde ich jetzt wohl nicht auf der Bühne», gesteht Steinberger.
Vor dreissig Jahren kehrte er der Schweiz und seiner Kultfigur den Rücken und zog nach New York (USA). «Vielleicht wäre ich sonst noch immer dort. Es ist einfacher, zu zweit durchs Leben zu gehen.» Im Mai sind es 20 Jahre seit der romantischen Hochzeit mit Niccel (54). Steinberger gerät ins Schwärmen: «Ich bin ein echter Glückspilz. Wir harmonieren wunderbar, und sie nimmt mir so vieles ab.»
Niccel soll vermehrt ins Rampenlicht
Das meiste davon geschieht im Hintergrund. Doch Emil möchte, dass seine Frau mit ihrer Kreativität nun vermehrt ins Rampenlicht tritt. Sie ist künstlerisch sehr begabt und malt, zeichnet, schreibt und fotografiert – alles, was Emil früher auch sehr aktiv tat. Emil lacht und wird dann etwas ernst: «Eines Tages werde ich tatsächlich nicht mehr hier sein. Ich wünsche mir, das Niccel dann mit ihrem künstlerischen Talent auf eigenen Füssen steht.»