Die Narben sind geblieben. Wenn der Zürichberg seine brodelnde Lava ausspeit, kann es mitunter brutal und für einige ganz unangenehm werden. Bruno Ganz hat erfahren, was Schweizerische, präziser gesagt, Zürcherische Politik bedeuten kann. Die damaligen Jagdszenen gegen die Equipe des Schauspielhauses richteten sich gegen eine ganze Generation, die sich an der Gestaltung unseres Landes beteiligen wollte. Eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Arbeit wurde sabotiert, verfolgt und schliesslich verunmöglicht. In den 70er Jahren kam es am Schauspielhaus mit Peter Löffler, Klaus Völker, Jutta Lampe, Hanna Schygulla und Bruno Ganz zu einem politischen Aufbruch. Am Pfauen wurde schauspielerische Mitbestimmung geprobt, was zu einem Aufstand des einheimischen Establishments führte. Die engagierte Programmhefte wurden als marxistisch gebrandmarkt, eine eigentliche empörte Kulturzensur, wie sich Peter Bichsel ausdrückte, setzte ein. Es kam zu fristlosen Entlassungen.
Bruno Ganz, der damals in der legendären Aufführung von Peter Stein den Tasso spielte, zeigte sich mit den damals Vertriebenen solidarisch und hat Zürich und der Schweiz vorerst mal den Rücken gekehrt. Er kam mit Amerika in Beziehung, mit Wim Wenders, er war in Lissabon, der weissen Stadt, in Venedig mit Tulpen und Brot, wohin er sich bis zu letzt immer wieder in seine Wohnung zurückzog.
Doch Bruno Ganz hatte die Grösse und die Kraft der Versöhnung. Er ist zurückgekommen zu uns und hat am Bild einer anderen Schweiz mitgearbeitet, vom Erfinder mit Kurt Gloor über den Nachtzug nach Lissabon, den grossen Kater, Gulias Verschwinden bis zum Alpöhi in Heidi. Dank ihm ist die Schweizerische Kulturszene und damit auch die Schweiz anders geworden. Mit Erfolg, denn selbst auf der Asche des Zürichberges ist eine politisch neue und fruchtbare Schicht entstanden. Eine Schweiz, deren Werte Kultur, Diskussionsbereitschaft und Offenheit bedeuten. Bruno Ganz ist einer der ganz Grossen, der daran mitgearbeitet hat. Dafür danken wir ihm.