«Divertimento» machen ein Jahr Pause
«Die Hälfte der Gags landet im Papierkorb»

Jonny Fischer und Manu Burkart von Divertimento gönnen sich eine Auszeit. Im Interview erzählen sie, warum sie die Bühne verlassen wollen, wer mehr Fanpost bekommt und wie oft sie sich streiten.
Publiziert: 14.02.2015 um 22:30 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:34 Uhr
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Erfolgsduo: Jonny Fischer und Manu Burkart nehmen sich ein Jahr Pause von «Divertimento».
Foto: Peter Gerber
Interview: Katja Richard

BLICK: Warum wollen Sie auf dem Höhepunkt Ihres Erfolgs die Bühne für ein Jahr verlassen?
Jonny Fischer:
Unser Programm «Gate 10» haben wir in den letzten drei Jahren 275-mal aufgeführt. Wenn wir um acht Uhr abends irgendwo auf der Bühne stehen, ist es jedes Mal mega. Aber wir verbringen extrem viel Zeit miteinander. Wir wünschen uns Abstand vom Divertimento-Rummel und den Austausch mit anderen Menschen.

Keine Angst, in ein Loch zu fallen?
Manu Burkart:
Genau darum machen wir diese Pause, damit uns das nicht passiert. Seit Jahren spielen wir vor gefüllten Sälen, fliegen von Erfolg zu Erfolg. Aber wir wollen den Boden nicht unter den Füssen verlieren. Wichtig ist dabei unser Freundeskreis. Darunter sind seit zehn Jahren die gleichen Menschen.
JF: In den letzten 15 Jahren haben Manu und ich unglaublich starke Momente zusammen erlebt, das schweisst zusammen. Zum Beispiel, als wir bei der Einweihung des Stadions in Luzern vor 17'000 Leuten standen. Wenn die dann alle lachen, klatschen und jubeln – so ein Gefühl kann man nicht beschreiben. Natürlich erlebe ich mit meinem Verlobten auch berührende Augenblicke. Das sind einfach zwei ganz verschiedene Dinge und sehr schwierig zu vergleichen.

Sie sind die ersten Schweizer Komiker, die das Hallenstadion füllen. Das schaffen sonst nur Rockstars. Haben Sie auch Star­allüren?
MB:
Ganz ehrlich, nein. Unsere Ansprüche für die Garderobe sind Wasser, Bier, Früchte und nicht zu viele Menschen um uns herum. Wir geben auch immer Autogramme nach der Show und machen Fotos, das ist Dienst am Kunden.

Sie haben eine riesige Fangemeinde. Wie gehen Sie damit um?
MB
: Es gibt Situationen, in denen ich mich nach Anonymität sehne. Aber wenn ich erkannt werde, überwiegt noch immer die Freude.
JF: In unseren Anfangszeiten habe ich mir extra die gleiche Frisur gemacht wie auf der Bühne und gehofft, dass ich erkannt werde.

Wer bekommt mehr Fanpost?
JF:
Früher haben wir eher darauf geachtet, heute ist uns das egal. Damals wusste man auch noch nicht, dass ich auf Männer stehe. Ich trainierte viel und habe mich auf der Bühne immer einmal ausgezogen, damit man das auch sieht (lacht). Dafür habe ich dann Liebesbriefe von älteren Damen bekommen.
MB: Ich war also öfters neidisch auf Jonny, weil er von den Frauen so umschwärmt wurde.

Worum beneiden Sie sich gegenseitig?
JF:
Ich beneide Manu um seine Familie. Allerdings nicht immer, zum Beispiel wenn er so bleich daherkommt wie heute. Seine Tochter hat die Grippe. Seitdem er Vater ist, setzt er andere Prioritäten und ist viel gelassener.
MB: Ich hätte gerne die Freiheit von Jonny. Während er irgendwo gediegen diniert, gehe ich schlitteln oder putze auf allen vieren die Essensschlacht unterm Tisch auf (lacht). Ach ja, ich beneide ihn natürlich um die tiefen Steuern im Kanton Zug.
JF: Ich finds auch toll, wie viel Geld kinderlose Paare sparen.

Hätten Sie gerne Kinder, Jonny, wenn man in der Schweiz als schwules Paar adoptieren dürfte?
JF
: Ich bin ein Riesenfan von Kindern, aber das möchte ich nicht. Da bin ich ganz klassisch. Ich finde, die brauchen Mami und Papi.

Streiten Sie oft?
JF
: Wir haben eine schöne Streitkultur. Früher konnten wir nicht ins Bett, bevor alles ausdiskutiert war. Die letzten Jahre waren aber sehr friedlich.
MB: Jonny ist ehrlicher und direkter. Ich bin harmoniebedürftiger, und es dauert länger, bis ich was sage. Dafür drücke ich mich differenzierter aus.

Fliessen auch mal Tränen?
JF:
Ich bin so ein Musikflenner, gewisse Melodien bewegen mich zu Tränen.
MB: Ich bin gerne und, so glaube ich, auch ein guter Vater, aber ich bin nicht so belastbar. In Stresssituationen mit den Kindern komme ich schnell an meine Grenzen, und wenn es dann auch beruflich noch streng ist, kann schon mal eine Frust- oder Wut-Träne kommen. Zum Glück ist da noch meine Frau!

Wann werden Sie so richtig wütend?
MB:
Wenn sich zum Beispiel eine Velokette nicht einhängen lässt. Oder bei Diskrepanzen in der Beziehung, wenn wir punkto Erziehung unterschiedlicher Meinung sind. Aber ich kann mich auch extrem schnell wieder versöhnen, meiner Frau geht das manchmal etwas zu schnell – aber ich bin der totale Harmoniejunkie.
JF: Wir drücken unsere Gefühle aus, positive und negative. Wir können krass fluchen (lacht).

Worüber lachen Sie nur privat?
MB:
Über die derbsten Sachen! Im vertrauten Kreis witzelt man über Themen, die man öffentlich nicht zugeben würde. Vieles ist privat lustig, aber gehört nicht auf die Bühne.
JF: Tabu ist bei uns alles unter der Gürtellinie, Religion und Randgruppen. Ich gehöre ja einer solchen an und mache mich nur privat darüber lustig. Wenn wir Gags schreiben, streichen wir fast die Hälfte wieder, weil sie nicht familientauglich sind.

Jetzt steht aber erst mal die Pause an. Was machen Sie ausser Ferien?
MB:
Überdurchschnittlich viel Zeit mit meinen Kindern und mit meiner Frau verbringen. Ausserdem möchte ich ein Praktikum bei einem Förster machen. Ich liebe Holz als Material und absolviere einen Kettensägen-Handhabungskurs. Also, zählt meine Finger nochmals.
JF: Ich werde mit meiner A-cappella-Band singen, moderieren und Sprachkurse besuchen.

Was kommt nach Divertimento?
MB:
Wir hoffen, dass es uns noch lange so gibt. Aber ich mache mir Gedanken, womit ich meine Familie danach ernähren kann. In den Lehrerberuf möchten wir beide nicht zurück.

Aber Sie bleiben im Showbusiness?
MB:
Das muss nicht sein. Aber auch wenn ich wieder einen sogenannten normalen Beruf hätte, der Bühne bliebe ich treu. Ich brauche das Rampenlicht nicht, aber ich mag es, sogar sehr.»

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