Die unglaubliche Geschichte des Regenwaldschützers Bruno Manser
Der Schweizer, der spurlos im Regenwald verschwand

Bruno Manser widmete sein Leben dem Schutz des Regenwalds und dem Penan-Volk. Bis er auf rätselhafte Weise verschwand. Heute ist er Teil eines Mythos und Stoff für einen Film. «Paradise War» eröffnet heute das Zurich Film Festival.
Publiziert: 26.09.2019 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2019 um 18:40 Uhr
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Der Basler Bruno Manser kämpfte in den 90ern für den Schutz des Regenwalds und bedrohter Völker. 2000 verschwand er für immer im Urwald. Bis heute ist unklar, was mit geschehen ist.
Foto: Sobli
Rebecca Wyss

Er lebte sechs Jahre mit dem Penan-Volk im Dschungel von Borneo. Er kämpfte mit ihnen gegen die Zerstörung ihres Lebensraums. Und sensibilisierte die Schweiz für den Schutz des Regenwalds. Bruno Manser war seiner Zeit voraus. Aber während etwa Greta Thunberg innert eines Jahres für Millionen zum Idol wurde, musste Manser jahrelang dafür kämpfen, dass man ihn überhaupt ernst nahm. 

Er setzte in den 90ern für die Natur auch sein Leben aufs Spiel: Man erinnere sich an den 60-tägigen Hungerstreik vor dem Bundeshaus. Als die damalige Bundesrätin Ruth Dreifuss sich zu ihm gesellte und bei der «Pullover-Lismete» mitmachte. Oder an seinen Fallschirmsprung vom Uno-Gebäude in Genf. «Bruno galt anfangs bei vielen als Spinner», sagt Ruedi Suter, der ihn kannte und eine Biografie über ihn schrieb. «Das war er aber nicht, er war einfach konsequent.» Und liess am Ende gar sein Leben für die Penan.

Vom Naturromantiker zum Umweltaktivisten

Denn von seiner letzten Borneo-Reise im Jahr 2000 kehrte der 46-Jährige nie zurück. Lange galt er als verschollen, 2005 wurde er für tot erklärt. Bis heute ist unklar, was genau damals passierte. Der perfekte Stoff für einen Mythos – und für einen Film. «Paradise War» bringt Mansers gewaltfreien Kampf für die Penan nun in die Kinos. Heute ist er der Eröffnungsfilm des Zurich Film Festival. 

Als hartgesottenen Kämpfer sah Monika Niederberger ihren Bruder nie. «Bruno war sanft und schon früh sehr naturverbunden.» Manchmal habe er an einem Stein geleckt und gesagt, dass Steinböcke oder Gämse in der Nähe sein müssten – und hatte recht damit. So wunderte es niemanden, dass er viele Jahre als Senn auf der Alp lebte. Manser war ein Zivilisationsflüchtling, ein Abenteurer. Unpolitisch. Aber das änderte sich, als er 1984 mit 30 nach Borneo reiste. 

Sechs Jahre lang lebte er dort mit dem Penan-Volk im Regenwald. Als «Laki-Penan» – Penan-Mann – mit Haarzopf, kurzem Pagen-Schnitt und Lendentuch. Er lebte im Einklang mit der Natur, idyllisch. Bis er mit eigenen Augen sah, wie sich die riesigen Maschinen der Holzfirmen ihren Weg durch den Regenwald schlugen. Und die Penan zu einem bedrohten Volk machten. Da wurde der Naturromantiker Manser zum Umweltaktivisten.

Er schuf sich mächtige Feinde

Mit dem von ihm geführten Widerstand, den zahlreichen Strassensperren und Wortmeldungen in den lokalen Medien schuf er sich Feinde. Vor allem beim malayischen Staat und den lokalen Holzfirmen. Als er 1990 das Land verliess, waren mehrere Zehntausend US-Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. 

«Wir hatten damals nie Angst um ihn», sagt seine Schwester Monika Niederberger. Die Familie war es gewohnt, dass er sich monatelang nicht meldete. Wenn dann ein Brief mit einer Kassette eintraf, sassen alle gemeinsam vor dem Rekorder, um seiner Stimme zu lauschen. «Wir vertrauten ihm», sagt sie. 

Genauso wie die Penan. Ihnen hatte er vor seiner Rückkehr in die Schweiz versprochen, sich für sie einzusetzen. «Diese Verantwortung lastete auf ihm», sagt Monika Niederberger. Und sie machte ihn zum Getriebenen. 

Fast zehn Jahre lang reiste er um die Welt, traf sich mit US-Vizepräsident Al Gore und Prinz Charles, wurde von BBC und CNN interviewt, gründete einen Fonds. Er wurde zum Medienprofi, generierte viel Aufmerksamkeit. Dank ihm begriff man in der Schweiz, dass die hiesige Lebensweise mit der Zerstörung des Regenwalds und der Umwelt zusammenhängt. Zum ersten Mal. Plötzlich wurde allen bewusst, dass ein Besenstiel aus Tropenholz gemacht war. Gemeinden verzichteten darauf, solches für ihre öffentlichen Bauten zu verwenden. Und dann machte auch die Politik vorwärts – mit dem Gesetz zur Deklaration von Tropenhölzern.

Nahm er sich das Leben?

2000 trat Manser seine letzte Borneo-Reise an. Diesmal nahm er sich vorher Zeit, um sich von allen persönlich zu verabschieden. «Das fand ich komisch», erinnert sich seine Schwester.

Seither leben die Angehörigen mit der Ungewissheit. Vielleicht liessen ihn die Holzfirmen oder die Regierung ermorden. Vielleicht wurde er schlicht von einem Baum erschlagen und blieb im Dickicht des Dschungels liegen. Vielleicht nahm er sich aber auch das Leben, weil er nach so vielen Jahren harter Arbeit vor Ort sah, wie die Penan trotzdem verdrängt wurden. Auf jeden Fall starb er als Märtyrer, denn Biograf Ruedi Suter sagt: «Er hat immer sein Leben riskiert, vielleicht dachte er gar, er könne mit seinem Tod den Penan am meisten Aufmerksamkeit verschaffen.»

Aufmerksamkeit wird auch der neue Manser-Film haben und damit auch das Anliegen der Penan. Vertreter ihres Volks reisen morgen an die Premiere. Sie haben überlebt.

Gedreht wurde auf der Insel Borneo

Die Geschichte des Umweltaktivisten Bruno Manser, der im Jahr 2000 spurlos verschwand, kommt nun auf die Leinwand. Zuerst als Eröffnungsfilm am Zurich Film Festival, dann regulär dem 7. Oktober in die hiesigen Kinos. Regie führte Niklaus Hilber, die Hauptrolle spielte der 30-Jährige Sven Schelker («Der Kreis»). Das Filmteam drehte monatelang auf Borneo, mit zahlreichen Penan in Statistenrollen. Die Produktionskosten belaufen sich auf sechs Millionen Franken.

Die Geschichte des Umweltaktivisten Bruno Manser, der im Jahr 2000 spurlos verschwand, kommt nun auf die Leinwand. Zuerst als Eröffnungsfilm am Zurich Film Festival, dann regulär dem 7. Oktober in die hiesigen Kinos. Regie führte Niklaus Hilber, die Hauptrolle spielte der 30-Jährige Sven Schelker («Der Kreis»). Das Filmteam drehte monatelang auf Borneo, mit zahlreichen Penan in Statistenrollen. Die Produktionskosten belaufen sich auf sechs Millionen Franken.

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