Die künstlerische Bandbreite des Zürcher Komponisten und Songwriters Markus Schönholzer (57) ist enorm und schweizweit einmalig: vom viel beachteten und 2019 ans Schweizer Theatertreffen eingeladenen Transgendermusical «Coco» über die erste berühmte Transfrau der Schweiz, Eve-Claudine Lorétan (1969–1998), bis zum Gotthelf-Musical nach dem Roman «Die Käserei in der Vehfreude». Neben Musicals schreibt er Werke für Shows, Theater, Film und Tanz. Zu seinen Auftraggebern gehören Ursus & Nadeschkin, Bliss, die Acapickles, Charles Lewinsky (73) oder Michael von der Heide (48). Und seine Filmografie umfasst Werke wie «Die Standesbeamtin» mit Marie Leuenberger (40) oder «Sommervögel» mit Sabine Timoteo (44) und Roeland Wiesnekker (52).
Der 1962 geborene und im Rheintal aufgewachsene Schönholzer ist gemäss Eigendefinition ein «musikalischer Entdeckungsreisender, der Genregrenzen souverän ignoriert». Er komponiert viel für andere und steht nur selten selber auf der Bühne. «Auftragnehmer zu sein, ist fast einfacher. Ich habe dann ein Buch oder ein Skript, an das ich mich halten kann und das ich im Sinne des Urhebers umsetze.» Solche Aufträge sichern dem zweifachen Familienvater ein fixes Einkommen.
Moralinfreie, politisch inkorrekte Lieder
«Und in meiner Freizeit darf ich dann eigene Lieder schreiben», sagt der Musiker scherzhaft. Den Stoff dafür bezieht er aus dem täglichen Leben. «Plötzlich ist da ein starker Einfall, an dem ich nicht vorbeikomme, ohne ihn festzuhalten.» Wichtig ist Schönholzer dabei, nicht in die immergleichen Muster zu verfallen, sondern wieder und wieder die Perspektive zu verändern. Und er will um jeden Preis verhindern, sein Publikum zu belehren. «Ich habe gern moralinfreie, politisch inkorrekte Lieder. Ich möchte mit meinen Liedern die Gelegenheit bieten, eine laufende Debatte noch einmal neu zu überdenken.»
Zwischen bissig und liebevoll, komisch und ernsthaft
Sein neues Soloprogramm «Schönholzer & Schönholzer» ist seine erste abendfüllende Eigenproduktion. Doch allein ist er nicht – mit auf der Bühne ist auch Schönholzers zweites Ich. «Dieses mischt sich in den Abend ein, hält ihm den Spiegel vor und lässt ihn über die eigenen Worte stolpern. Es entsteht ein lustvoller Wettstreit um die Sicht der Dinge und um moralische Überlegenheit.» Das Resultat ist ein unnachahmliches Konglomerat aus Komik und Ernsthaftigkeit, changierend zwischen bissig und liebevoll, das erlösende Lachen hält meistens auch eine bittersüsse Erkenntnis bereit.
«Schönholzer & Schönholzer» ist seit Montag mit 18 neuen Liedern auf Schweizer Tournee. Nach der ausverkauften Premiere folgt morgen Mittwoch im Zürcher Theater am Hechtplatz ein Zusatzkonzert.