Sie liebt es zu tanzen, sie lacht gerne und geniesst es, mit ihren Freundinnen shoppen zu gehen oder sich mit ihrem Freund einen Film anzuschauen. Der grosse Unterschied zu anderen jungen Frauen: Severine Meier (25) ist gehörlos.
«Töne nehme ich durch den Schalldruck wahr. Und wenn ich tanze, versuche ich durch die verschiedenen Bässe den Takt der Musik in meinem Körper zu fühlen», so die Aargauerin, die als Einzige ihrer Familie nicht hören kann.
«Weshalb dies so ist, wissen wir nicht. Meine Mutter war während der Schwangerschaft oft krank. Vielleicht ist es deshalb, vielleicht auch nicht, es wurde nie wirklich herausgefunden», schreibt die angehende Gebärdensprachlehrerin, die mit ihren zwei Jahre jüngeren Zwillingsschwestern bei der Grossmutter aufgewachsen ist.
Lippenlesen von der Oma gelernt
«Meine Eltern hatten sich getrennt, meine Mutter hat viel gearbeitet, unsere Oma hatte Zeit. Durch sie habe ich gelernt, von den Lippen zu lesen.» Was ihr noch heute viel bringt, für ihre Mitschüler aber nicht genug war. Die Primarklassen absolvierte Severine in einer Sprachheilschule. «Ich war jedoch die Einzige, die so eingeschränkt war. Daher wurde ich geschlagen und ausgeschlossen. Man wollte mich zwingen zu sprechen und zu hören, doch ich konnte es einfach nicht.»
Tränen in der Nacht
Damals hat Severine viele Nächte durchgeweint. Ihrer Familie vertraute sie sich damals nicht an. «Ich war klein und hatte Angst. Meine Mutter hat es erst später bemerkt und war darüber sehr traurig.» Als Opfer habe sie sich dennoch nie gesehen. «Ich weiss, dass viele mit Einschränkungen überfordert sind und nicht angemessen darauf reagieren können.»
Aufatmen konnte sie, als sie in eine Gehörlosenschule wechseln durfte, sich mit 16 in einen Mitschüler verliebte, mit dem sie heute in Oftringen zusammenlebt.
Nun strebt die Aerobic- und Fussballbegeisterte ein neues Ziel an. Sie möchte am 19. Januar in Lausanne zur ersten gehörlosen Miss Earth Schweiz gewählt werden. Sie gehört bereits zu den zehn Finalistinnen.
«Ich will mich nicht verstecken. Mein Engagement gehört dem Erhalt der Wälder. Und ich möchte Menschen motivieren, mit dem Herzen zu hören.»