Er gehört zu den bekanntesten Musikern des Landes – und das schon seit Jahrzehnten. Nach der Pandemie geht Pepe Lienhard (76) mit seiner 19-köpfigen Big Band und sieben Sängerinnen und Sängern nun endlich wieder auf grosse Schweizer Tournee. Im Vorfeld dazu verrät er uns ein paar Lebenseinsichten.
Erste Liebe
«Music was my first love», ist nicht nur der Tournee-Titel. Die Musik war tatsächlich meine erste Liebe, und sie hat mich seit dem siebten Lebensjahr nicht mehr losgelassen. Auch wenn ich eines Tages nicht mehr auf der Bühne stehen oder gar spielen kann, wird sie weiterhin eine grosse Rolle spielen. Ohne Musik kann ich mir das Leben nur schwer vorstellen. Sie hat mich nie enttäuscht, war mir in allen Phasen meines Lebens wahnsinnig wichtig und hat mir viel gegeben. Auf der Tournee gehört der Titelsong von John Miles zu den Highlights.
Swing und Energie
«It don't mean a thing if it ain't got that swing» heisst so viel wie: Wenn einer Sache der gewisse Swing fehlt, bedeutet sie so gut wie nichts. Diese Zeile aus dem gleichnamigen Stück von Duke Ellington hat für mich eine grosse Bedeutung – nicht nur in der Musik. Der Swing steht für mich für positive Energie, Schwung und Leidenschaft, ohne die das Leben nur halb so schön wäre.
Authentizität
Authentisch sein ist so viel weniger anstrengend, als eine Rolle zu spielen oder den Wichtigen rauszuhängen. Natürlich ist es so, dass jemand, der auf der Bühne steht, die Leute erreichen und ihnen gefallen will. Das will ich auch und nehme ernst, was ich mache, mich selber aber nicht zu wichtig. Das Leben, die Arbeit und Beziehungen funktionieren nur richtig gut, wenn man authentisch und mit sich ehrlich ist und nicht vorgibt, etwas zu sein, was man nicht ist.
Der Wohlfühlfaktor
Sich mit Leuten zu umgeben, mit denen man sich wohlfühlt, ist das grosse Ziel. Das Gleiche gilt für viele andere Dinge im Leben. Sich wohlzufühlen, ist für mich eines der wichtigsten Kriterien überhaupt. Es gibt Dinge, Orte und Menschen, die sind wunderschön anzuschauen, vermitteln mir aber kein entspannendes Gefühl und keine Geborgenheit. Im Gegenteil – sie rauben mir Energie, und das ist auf die Dauer nicht gut. In meinem Alter möchte ich keine Zeit mehr so vergeuden.
Spontane Auszeiten
Jeden Tag kleine, spontane Auszeiten sind Gold wert: ein Yahtzee-Spiel mit meiner Frau, ein Glas Wein mit einem Freund, ein Spaziergang mit unserem Hund Garou oder ein «kreativer Kaffee» – so nennen wir's, wenn Christine und ich zwar arbeiten sollten, aber lieber schnell einen Moment im Garten zusammensitzen. Es gibt auch feste Rituale, die mir den Tag verschönern: Mit zwei «Oeufs à la coque» von unseren eigenen Hühnern das Frühstück zu beginnen, ist ein tägliches Highlight.
Gesundheit und Vernunft
Das Einhalten von guten Vorsätzen klappt bei mir äusserst schlecht. Der einzige Vorsatz zum Jahresanfang, den ich auch wirklich umgesetzt habe, war die Gründung der grossen Band 1980. Dinge, wie etwas vernünftiger zu essen, mehr zu schlafen und weniger zu trinken, diktiert mir das Älterwerden. Wenn ich mich nicht daran halte, geht so manches am nächsten Tag viel weniger einfach. Vernunft macht das Leben manchmal schon bedeutend leichter, dafür nicht immer lustiger.
Erfahrung und Entspanntheit
Erfahrung bringt Gelassenheit. Das mag vielleicht banal klingen, ist aber einfach so. Als junger Bandleader war ich manchmal ungeduldig oder flippte aus, wenn mir etwas nicht passte. Das hat sich mit der wachsenden Erfahrung gelegt und auch mit der Erkenntnis, dass sich nicht zu wichtig nehmen zu sehr viel mehr Entspanntheit und Souveränität führt.
Humor
Ohne Humor geht nichts. Ich kann nicht über alles lachen – aber den Dingen mit einer heiteren Gelassenheit zu begegnen, hilft mir sehr viel weiter. Meine Frau und ich lachen viel zusammen, auch oft über uns selber. Sie führt die Stiftung Lebensfreude – da sind Leichtigkeit, gemeinsames Lachen und freudige Wertschätzung die Hauptthemen. Christine ist ein extrem positiver Mensch und vermag noch der schlimmsten Situation etwas Positives abzugewinnen.
Grosszügigkeit
Grosszügigkeit ist für mich nicht per se eine Frage des materiellen Wertes, aber sehr wichtig. Ich mache gern Geschenke, kreiere Überraschungen oder empfange mit Christine Gäste zu einem gemütlichen Essen. Grosszügigkeit heisst für mich aber auch, anderen Menschen Zeit zu schenken und tolerant zu sein. Doch das gelingt mir, ehrlich gesagt, nicht immer gleich gut.