Als Influencer wird man reich, kriegt ständig Produkte geschenkt und muss kaum arbeiten. So lauten die gängigen Vorurteile. Doch wie echt ist die Welt, die uns die Blogger täglich auf Social Media verkaufen, wirklich? Und wie viel Arbeit steckt dahinter?
Strenger Zeitplan statt spontaner Ferienfotos
Die erfolgreichsten Schweizer Influencer reisen aktuell gemeinsam für die Kampagne «WeAreSummer» durch Italien und präsentieren vor traumhafter Kulisse die heissesten Trends des Sommers. Schon zu Beginn der Reise besprechen die Organisatoren der Kampagne mit jedem Influencer, wann welcher Post welcher Marke geplant ist und welche Hashtags oder Verlinkungen sich der Kunde wünscht. Strenger Zeitplan statt spontaner Ferienfotos – genaue Organisation ist bei diesem Job alles.
«Authentizität ist das Wichtigste für einen Influencer»
Trotz genauer Vorgaben des Kunden soll ein Post aber authentisch bleiben: Über die Handschrift des Bloggers springt der Funke auf den User. «Authentizität ist das Wichtigste für einen Influencer. Wenn ich immer über Lifestyle und Reisen schreibe und plötzlich einen Staubsauger promote, ist das komisch. Der User merkt, ob man sich wirklich dafür interessiert», sagt die Luzerner Bloggerin Minea Blaze (23). Deshalb sei es wichtig, auch mal abzusagen, wenn ein Angebot nicht zu einem passe.
«Natürlich ist es ein lukratives Geschäft»
Steven Epprecht (28) sieht das genauso. «Brands, die nicht zu mir passen, lehne ich ab. Für ein Dating-App wollte ich kürzlich nicht werben – auch wenn die Bezahlung gut gewesen wäre», sagt er. Seit einem Jahr betreibt das Männermodel einen Blog. Des Geldes wegen? «Natürlich ist es ein lukratives Geschäft. Das ist aber nicht mein Hauptanreiz – ich könnte gut nur vom Modeln leben», sagt er. «Ich blogge, weil es mir Spass macht, weil ich gerne kreativ bin und meine Leidenschaft teilen will.» Das Ziel des Ex-Mister-Schweiz-Kandidaten: Er will ein international erfolgreicher Blogger werden. «So reist man noch mehr, kann sich als Marke noch weiter ausbauen. Es ist ein Lifestyle, der Spass macht.»
Vierstellige Summe für Blogpost mit Video
Doch wie viel kassieren Influencer für einen Post tatsächlich? Wie viel ein Kunde für ein geteiltes Instagram-Bild oder einen Blog-Eintrag zahlt, ist vor allem von der Followeranzahl und der Reichweite abhängig. «Wir bieten verschiedene Packages an. Der Kunde kann flexibel vom Instagram-Post bis zum Blog-Post mit eigenem Video wählen – bei Letzterem sind wir im knapp vierstelligen Bereich», sagt Epprecht.
«Viele Leute unterschätzen die Arbeit»
Hinter der leichten, coolen Instagram-Fassade steckt viel Aufwand. «Viele Leute unterschätzen die Arbeit, die hinter den Fotos steckt», sagt Phillip Jaeggi (25), der mit seiner Freundin Mary L Jean (21) seit zwei Jahren einen Blog führt. Minea pflichtet bei: «Achtzig Prozent der Zeit verbringen wir am PC, beantworten Mails, gehen an Meetings, schreiben Offerten oder machen die Buchhaltung.» Ausserdem müsse man oft auch kämpfen, verhandeln, beharren. «Hinter der Kamera ist nicht immer alles heile Welt. Um erfolgreich zu sein, braucht es Durchhaltevermögen.»