BLICK: Es ist Ihr fünfter Hochzeitstag, siezen Sie Ihre Frau noch immer?
Beat: Ja. Frau Fischer ist inzwischen zu einer Art Kosename geworden.
Mirjam: Umgekehrt habe ich Beat noch nie Herr Schlatter genannt. Aber wir reden uns oft als «Lieber Mann» oder «Liebe Frau» an. Beat nannte mich von Anfang an Frau Fischer, weil er schon viele andere Mirjams kannte.
Keiner von Ihnen trägt den Ehering, warum?
Mirjam: Das haben wir voll vergessen (lacht). Wir tragen unsere Eheringe nicht immer. Das erwarten wir nicht voneinander oder kontrollieren das gegenseitig. Wir fühlen uns auch ohne Ringe verbunden.
Wohnen Sie noch immer in separaten Wohnungen?
Mirjam: Das wird oft gefragt. Dieses «noch immer» impliziert ja, dass es um einen Zustand geht, den man irgendwann ändern sollte. Ich frage andere Paare auch nicht, ob sie noch immer zusammen wohnen. Offensichtlich ist es ein Thema, das beschäftigt, die meisten können es schlicht nicht nachvollziehen. Für uns ist das aber ganz normal, es passt zu unserem Alltag.
Beat: In dieser Frage schwingt ja auch ein gewisser Neid mit. Viele gönnen einem diese Situation nicht, denn es ist ein Privileg, so viel Freiraum zu haben. Und wenn man erstmal zusammen gewohnt hat, gibt es kein Zurück. Das schaffen die wenigsten Paare.
Mirjam: Wenn der Partner lieber alleine wohnen möchte, wird das oft als Liebesentzug wahrgenommen. Diese Frage stellt sich bei uns nicht. Durch das separate Wohnen ersparen wir uns viel Alltagsstress. Wir sind seit bald zehn Jahren ein Paar und merken, was für eine Qualität das mit sich bringt.
Beat: Wir haben unterschiedliche Lebensrhythmen. Als Künstler trete ich oft am Wochenende auf, dafür bin ich unter der Woche mit Kollegen bis spät nachts unterwegs. Genau dann entstehen die besten kreativen Ideen. Dann will ich nicht eine Frau, die mit dem Wallholz auf mich wartet.
Mirjam (lacht): Sich gegenseitig nicht unnötig einzuschränken, ist total wichtig.
Wie sieht es mit Vertrauen aus, wenn man nicht weiss, was der andere nachts so treibt?
Mirjam: Das ist gelebtes Vertrauen. Da hatten wir noch nie Probleme miteinander, es ist für uns ganz selbstverständlich. Und wir erzählen uns, was wir erleben, wenn wir alleine unterwegs sind. Klar zünde ich Beat mal an, ob er eine heisse Katze getroffen hat – so nennt er die anderen hübschen Frauen.
Das klingt fast nach einer offenen Beziehung, führen Sie eine?
Beat: Das fragen mich meine Kollegen auch. Dazu sage ich nur: Finger weg von Frau Fischer!
Bleibt der Partner durch die örtliche Trennung erotisch attraktiver?
Beat: Ja, auf jeden Fall.
Mirjam: Eigentlich lege ich viel Wert auf mein Äusseres. Wenn ich dann aber zu Beat heimkomme, mache ich es mir in seiner ausgelatschten Trainerhose und einem uralten Kaschmirpulli gemütlich. Obwohl Beat mich lieber im Catsuit oder in Hotpants sehen würde.
Beat: Ja, dieser Pulli war schon zweimal im Altkleidersack.
Fünf Jahre Ehe, wie verändert das die Beziehung?
Beat: Also zuallererst verändern sich die Steuern. Als die erste gemeinsame Rechnung gekommen ist, musste ich mich erstmal hinlegen. Die wird ja dem Ehemann zugeschickt.
Mirjam: Aber die Erklärung ausfüllen, das macht ja die Frau Fischer.
Beat: Ich kann das einfach nicht. Früher hat immer mein Vater die Steuern für mich gemacht, aber er ist jetzt 84 Jahre alt. Und eigentlich unterhalte ich mich mit ihm lieber über wichtigere Dinge.
Mirjam: Als Ehepaar wird man punkto Steuern bestraft. Im ersten Jahr sind wir echt erschrocken, mit dem Geld haben wir bestimmt zwei Bäume in Zürich gesponsert.
Beat: Zwei Bäume ist gut, den halben Sihlwald haben wir bezahlt!
Wieso haben Sie dann überhaupt geheiratet? Eine wilde Ehe wäre günstiger.
Beat: Für einen Menschen, den man gerne hat, die Verantwortung zu übernehmen, finde ich etwas Schönes. Wenn man jemandem einen Heiratsantrag macht, dann tut man das nicht leichtsinnig. Es geht um eine tiefere Verbindlichkeit.
Mirjam: Für mich schafft die Ehe eine Zusammengehörigkeit. Auch ohne Kinder sind Beat und ich eine Familie. Mit dem öffentlichen Bekenntnis und dem grossen Fest macht man diese Verbindlichkeit auch gegen aussen sichtbar.