Die Silberne Hochzeit, der Kindergeburtstag und das lüpfige Waldfest. Seit Generationen gehört der Ententanz zum Garant für gute Stimmung, holt Teenies gleich wie Senioren auf die Tanzfläche. Im Gegensatz zu «Macarena», dem Tanz-Hit Mitte der 90er-Jahre, zusammengesetzt aus 15 verschiedenen Bewegungen, besteht der Ententanz aus vier, die man viermal wiederholt. Erst formen sich die Hände zu einem Entenschnabel, dann macht man mit angewinkelten Ellbogen den Flügelschlag, wackelt mit dem Hintern und klatscht noch in die Hände.
Er will in Ruhe sein Tatar essen und einen Prosecco trinken
Die Melodie hat der Thurgauer Werner Thomas (88) komponiert und über 40 Millionen Mal verkauft. Werner wer? Genau er, der Mann mit dem weissen Haar. Wenn er von seinem Jahrhundertwerk erzählt, strahlen seine Augen. Für die BLICK-Tanzsession hat er extra das weisse Sonntagshemd angezogen. Im Park seiner noblen Altersresidenz in Locarno TI erzählt er nur wenigen von seinem Grosserfolg. «Ich will in Ruhe mein Tatar essen und einen Prosecco trinken», sagt er. Und doch blüht er auf, wenn er die vielen Blicke sieht, als er beim Interviewtermin fotografiert und gefilmt wird.
Ursprünglich hiess der Ententanz «Tchip Tchip»
Seit über 20 Jahren lebt der Witwer, Vater dreier Kinder und Grossvater von zwei Enkeln, im Tessin. «Meine Frau wollte hierher. Das war die beste Entscheidung. Das hiesige Klima ist für mich hervorragend.» Nach ihrem Tod vor knapp zwei Jahren zog er sich zurück. Nun ist er wieder da und voller Pläne, auch mit dem Ententanz. Erst vor ein paar Monaten hat er der «Königin von Mallorca», Schlagersängerin Silvia Kaufmann (51), das Recht gegeben, einen eigenen Text dazu zu machen. Das Ursprungswerk «Tchip Tchip», mit dem Liedertext «Ja wenn wir alle Englein wären», hat sie neu aufgenommen. Eine Version, die der deutsche Musiker Frank Zander (76) 1981 schrieb und sich dank dem Erfolg einen Porsche leistete.
Werner Thomas gefiel die erste Platte überhaupt nicht
Werner Thomas erzählt gerne, wie er 1957 überhaupt auf die Melodie des Ententanzes kam. «Ich war mit meiner Handorgel Alleinunterhalter in verschiedenen Wirtshäusern. Meine Pause läutete ich immer mit meiner Melodie ein. Wenn ich wieder kam, begann ich auch wieder damit.» 1973 war einer der Gäste ein belgischer Musikproduzent, der ihn nach den Noten fragte. Nur wenige Monate danach wurde daraus die erste Platte. Nicht mit Handorgel, sondern mit Synthesizer. «Ui, fand ich das einen Seich, das war ganz schlimm», erinnert er sich an das Resultat, das 1974 auf Platz 1 der Schweizer Hitparade landete. Doch auch die Tanzbewegungen stammen von Thomas. «Ich habe unsere Enten beobachtet, da kam mir die Idee dazu.»
Tantiemen und grosse Ehre
In den letzten vier Jahrzehnten wurde sein Ententanz in gegen 40 Sprachen übersetzt. Es gibt 370 Coverversionen in 42 Ländern. Dem Komponisten Werner Thomas hat er Tantiemen und die Ehre eingebracht, den grössten Hit erschaffen zu haben, den die Schweiz je hatte. «Das macht mich schon sehr stolz», so der rüstige Rentner, der über Geld kein Wort verliert, seine Hände zum Schnabel formt, die Ellbogen anwinkelt, wie Flügel schlägt und dabei glücklich lächelt.