Comedienne Stéphanie Berger im Interview
«Ich bin keine Prinzessin, die gerettet werden muss»

Ihre Muskeln geben ihr Kraft, auch innerlich: Stéphanie Berger (41) packt ihr Leben allein – dennoch sehnt sie sich nach einer starken Schulter.
Publiziert: 28.09.2019 um 23:08 Uhr
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Stéphanie Berger als Comedienne: Trotz Glitzkleid sei sie keine Prinzessin, eher eine Königin.
Foto: RT
Interview: Katja Richard

Hemmungslos: So zeigt sich Stéphanie Berger (41) nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Gespräch. Die Comedienne bläst auf der Bühne zum Aufbruch und spricht ehrlich wie nie übers Frausein, Alleinsein und warum sie trotz Enttäuschungen an die Liebe glaubt.

Humor ist ein hartes Business, besonders für Frauen, wie schaffen Sie das? 
Stéphanie Berger: Mit meinen Lachmuskeln! Im Ernst, ich trainiere regelmässig, und das gibt mir nicht nur körperlich viel. Mir geht es nicht um eine Traumfigur, davon bin ich weit weg, ich sehe mich eher als Bleistift mit Bizeps. Meine Muskeln stärken mich innerlich. Ich führe mein eigenes kleines Unternehmen mit einer Angestellten, geschäftlich habe ich zu 90 Prozent mit Männern zu tun, das braucht Rückgrat.

Miss Schweiz mit 17

Stéphanie Berger stand schon früh auf eigenen Beinen. Als sie 1995 mit erst 17 Jahren die Miss-Schweiz-Wahl gewann, lebte sie in der eigenen Wohnung. Für sie war der Titel das Sprungbrett für eine Karriere im Scheinwerferlicht, als Moderatorin und Sängerin, dann entdeckte sie ihr Talent für Comedy. Sie war in «Otto's Eleven» im Kino zu sehen, seit 2012 tritt sie mit eigenem Programm auf, am 4. Oktober feiert sie mit «Aufbruch» Premiere im Zürcher Bernhard-Theater. 

Stéphanie Berger stand schon früh auf eigenen Beinen. Als sie 1995 mit erst 17 Jahren die Miss-Schweiz-Wahl gewann, lebte sie in der eigenen Wohnung. Für sie war der Titel das Sprungbrett für eine Karriere im Scheinwerferlicht, als Moderatorin und Sängerin, dann entdeckte sie ihr Talent für Comedy. Sie war in «Otto's Eleven» im Kino zu sehen, seit 2012 tritt sie mit eigenem Programm auf, am 4. Oktober feiert sie mit «Aufbruch» Premiere im Zürcher Bernhard-Theater. 

Sie sind nicht nur auf der Bühne eine One-Frau-Show, sondern auch privat.
Ja, ich kann alles allein, dafür habe ich längst einen Master und Bachelor. Ich bin seit acht Jahren Single. Der einzige Mann, der bei mir daheim regelmässig ein- und ausgeht, ist mein Putzmann. Und der Einzige, der unter dem gleichen Dach schläft, ist mein achtjähriger Sohn. Das bedeutet nicht, dass es in den letzten Jahren nie jemanden gegeben hat. Aber ich bin absolut nicht der Typ für Affären. 

Was spricht dagegen? 
Mir geht es um Innigkeit, Vertrauen und Nähe, das funktioniert nur mit Verbindlichkeit. Das ist heutzutage das grösste Problem, es gibt viel zu viele Möglichkeiten, und keiner will sich festlegen. Aber an körperlicher Nähe fehlt es mir keineswegs. Und in meiner Show gibt es Umarmungen umsonst. Ich nehme mein Publikum also nicht nur auf den Arm, sondern auch in den Arm. 

Klischee-Frage: Warum ist eine so schöne und erfolgreiche Frau solo? 
Heutzutage scheint es ein Nachteil zu sein, wenn man als Frau eigenständig und finanziell unabhängig ist. Ich bin keine Prinzessin, die gerettet werden muss, eher eine Königin mit eigenem Reich. Es kommt selten vor, dass ich einem Mann auf Augenhöhe begegne, der mich ganz wahrnehmen kann. Ich bin taff und sensibel zugleich. Manchmal wünsche ich mir einen Mann, den ich anhimmeln und bei dem mich einfach mal anlehnen kann. Aber ich bin glaubs nicht der Typ, der den Beschützerinstinkt hervorruft. 

Sie haben einige Enttäuschungen erlebt, wollen Sie überhaupt noch eine Beziehung? 
Absolut. Durch das Alleinsein büsse ich ein gewissen Teil meiner Weiblichkeit ein. Und nichts und niemand ersetzt eine Partnerschaft. Einfach bei jemanden ankommen und durchatmen, mit diesem Wunsch geht es doch uns allen gleich. Zu lieben und geliebt zu werden, das ist die Essenz des Menschen. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mir das nicht fehlt. Viele kompensieren diese Leere mit viel Arbeit, Alkohol oder unverbindlichem Sex. Ich verdrücke dann gerne mal 180 Gramm weisse Schoggi mit Mandeln (lacht).

Ist Humor bei Kummer die beste Therapie?
Comedy ist ein wunderbares Ventil und Humor das beste Antidepressiva, vor allem, wenn man dabei auch über sich selber lachen kann. Es gibt aber Situationen, da hole mich mir gerne mal professionellen Rat. Ab und zu ein Coaching von einer Psychologin gibt mir die Möglichkeit, neutrale Inputs zu bekommen. Dafür muss sich heutzutage wirklich keiner mehr schämen, und es entlastet den Freundeskreis. 

Ihre neue Show heisst «Aufbruch», wohin brechen Sie auf? 
Zur Ehrlichkeit. Mir ist das sehr wichtig. Die meisten geben sich mit Kompromissen zufrieden, mit einem Job, der nicht mehr erfüllt, oder einer Beziehung, bei der aus Liebe Gewohnheit geworden ist. Wir leben dank Social Media in einer Gesellschaft, in der nur der schöne Schein gefeiert wird. Das ist bequem. Negative Emotionen wie Wut, Frust oder Schmerz weicht man lieber aus. Aber das ist etwas, wovor ich mich nie gedrückt habe.

Wann waren Sie das letzte Mal so richtig wütend?
Grad vorgestern. Niemand kann mich so leicht zur Weissglut treiben wie mein Sohn. Ich liebe ihn über alles, aber manchmal kann ich zur Furie werden. Zum Beispiel, wenn er trotz all meiner pädagogisch korrekten Bemühungen einfach stur bleibt und kein Nein akzeptieren will. Zugleich möchte ich auch nicht, dass er seine Emotionen unterdrücken muss. Da wird halt auch mal eine Tür geknallt. Wichtig ist aber immer die Versöhnung und dass man sich wieder lieb hat. Manchmal sind das die Momente, in denen ich mich frage, ob eine männliche Autorität im Haus fehlt.

Weil das Frauen nicht gleich gut können? 
Weil es etwas anderes ist, wenn ein Mann mal laut wird und auf den Tisch haut. Bei ihm ist das kraftvoll, eine Frau gilt gleich als hysterisch. Wir Frauen müssen unsere Durchsetzungskraft charmant verpacken und mit unserer weiblichen Intuition durchs Leben kommen. Aber ich erlaube mir manchmal, einen Mann vor den Kopf zu stossen, etwa wenn ein sexistischer Spruch kommt. Wichtig ist, dem Gegenüber aber immer die Chance zu lassen, sein Gesicht zu wahren.

Haben Sie eine Vision von Ihrem perfekten Gegenüber?
Nein. Das habe ich aufgegeben. Früher hatte ich ein Flair für die gefährlichen Typen. Aber das führt nur zu Dramen und am Ende zu Herzschmerz. Das brauch ich echt nicht mehr. Ich möchte eine Beziehung, in der man sich gegenseitig bereichert und nährt. Ich habe es auch aufgegeben, irgendwelche Checklisten zu schreiben, was ein Mann alles für mich erfüllen muss. Damit schränke ich mich nur selber ein. Ich lasse lieber das Leben entscheiden, was gut für mich ist, statt meine schlechten Erfahrungen. Ich bin sicher, irgendwo ist ein Mann, der genau zu mir passt.

Was tun Sie Gutes im Leben?
Ich besuche einmal die Woche eine alte Dame im Altersheim. Ursprünglich ein Entscheid, den ich aus Einsamkeit getroffen habe. Jetzt gibt mir dieser Austausch sehr vieles zurück. Denn eines Tages wird mein Leben vielleicht auch ganz allein in einem 12-Quadratmeter-Zimmer enden. Wichtig finde ich Berührungen, an denen fehlt es doch uns allen. Ich halte der Frau die Hand, und ich umarme sie.

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