Hünenhaft steht er da. Mit Bartstoppeln im Gesicht. Und einer Zigarette zwischen den Fingern. Der gebürtige Basler Christian Kohlund (68) ist einer der markantesten Typen des deutschen Fernsehens. Und deshalb auch einer der bekanntesten. Nun ist er in seine alte Heimat zurückgekehrt, um hier eine weitere Folge seines «Zürich-Krimis» zu drehen.
Inszeniert werden die neuen Folgen des ARD-Quotenhits von einem anderen Schweizer, der seit Jahren in Deutschland Karriere macht: Regisseur Florian Froschmayer (46). «Was lange währt, wird endlich gut», röchelt Kohlund und zieht an seiner Zigarette. «Es ist wirklich fantastisch, dass wir bei diesem Projekt endlich zusammenarbeiten können.»
Vom «Tatort» zum «Zürich-Krimi»
Froschmayer gehört zu den profiliertesten TV-Regisseuren Deutschlands. 2004 wanderte er nach Berlin aus, weil er unzufrieden war, wie seine damalige Arbeit in der Schweiz aufgenommen wurde. Nach seinem viel beachteten Erstling «Exklusiv» (1999) folgte mit «L.A. X» (2002) ein Flop an der Kinokasse. «Der Gang nach Deutschland war eine Art Flucht für mich», erinnert er sich. Der Zürcher startete in Berlin schnell durch. Inzwischen hat er über 50 Serien-Produktionen und 15 Spielfilme gedreht, darunter auch fünf «Tatorte». Kohlund habe ihn bereits vor mehreren Jahren gebeten, beim «Zürich-Krimi» Regie zu führen, sagt Froschmayer. «Aber ich war immer schon anderweitig verpflichtet.»
Götz George und Claus Theo Gärtner
Der «Zürich-Krimi» ist Kohlunds Kind. Er hat den TV-Krimi 2016 mitentwickelt, prägt ihn auch durch seine Hauptrolle als kompromissloser Ex-Anwalt Thomas Borchert, der sich zwischendurch gerne ein paar Gläser Whiskey hinter die Binde kippt. «Männer wie ihn gibt es kaum mehr im deutschen Fernsehen», sagt Froschmayer. «Dabei stehen die Zuschauer auf Figuren mit Ecken und Kanten.» Götz George (1938–2016) sei überaus erfolgreich gewesen als Haudrauf-Ermittler Schimanski, «Ein Fall für zwei» mit dem Lederjacken tragenden Matula-Darsteller Claus Theo Gärtner (76) habe die Krimi-Fans ebenfalls in den Bann gezogen. «Wir Fernsehmacher sollten öfter kompromisslosere Figuren zeigen», sagt Froschmayer. Denn diese seien doch spannender mitzuverfolgen als die bisweilen flach gezeichneten Kommissare, welche die TV-Landschaft bevölkern.
Dem kann Kohlund nur beipflichten. Gerade für ihn ist es eine grosse Genugtuung, dass der «Zürich-Krimi» in Deutschland derart eingeschlagen und mittlerweile bei neun Folgen angelangt ist. Geradezu genial sei aber auch, dass er auf seine alten Tage die Chance bekommen habe, dorthin zu gehen, wo er hingehöre, sagt er, «nämlich ins Charakterfach».
«So Chrigel, zurück an die Arbeit!»
Nicht, dass ihm die eher seichten Rollen als agiler Verführer in TV-Romanzen wie «Das Traumhotel» oder «Kreuzfahrt ins Glück», für die er bis vor vier Jahren bekannt war, zuwider gewesen wären, sagt Kohlund. «Aber in diesem fehlerhaften Thomas Borchert, der voller Inbrunst durchs Leben stampft, steckt so viel mehr von mir selbst, als ich je zeigen durfte.»
Es sei selten, deshalb umso schöner zu sehen, dass sich ein Schauspieler in diesem Alter nochmals von einer neuen Seite zeigen könne, freut sich Froschmayer über seinen Landsmann. «Und noch schöner ist es, wenn diese Rolle mit dem eigenen Charakter so wunderbar harmoniert.» Dann umarmt er ihn und sagt: «So, Chrigel, zurück an die Arbeit!» Kohlund hat eine neue Zigarette im Mund, als er vor die Kamera schreitet.
Die neuen Folgen des «Zürich-Krimis» werden Anfang 2020 ausgestrahlt.