Schon Ötzi trug eine Tätowierung – früher wie heute dienen die Bilder auf der Haut dazu, sich entweder einer Gruppe zugehörig zu zeigen oder, im Gegenteil, sich abzugrenzen. Während sich noch vor rund 100 Jahren eher Seemänner und Gefängnisinsassen so von der besseren Gesellschaft abgrenzten, wurden ab den 80er-Jahren Tattoos zur Alternativkultur – und traten ihren Siegeszug durch alle Gesellschaftsschichten an. In den 80ern gab es in der Schweiz etwa 15 Studios, jetzt sind es über 700 Berufstätowierer. «Daneben existieren etwa 1400 nicht registrierte Privatstudios», sagt Luc Grossenbacher, Präsident des Verbands Schweizer Berufstätowierer.
Jeder Fünfte ist hierzulande tätowiert, bei jüngeren Generationen sogar jeder Zweite. Wer keins trägt, ist in gewissen Kreisen ein Exot – und genau das ist der Grund, weshalb der Tattoo-Trend längerfristig wieder abflachen wird: Um sich abzugrenzen, um sich rebellisch zu fühlen, taugt ein Tattoo nicht mehr, wenn jeder Zweite eins hat, sagt Grossenbacher.
Bei den «richtigen» Tattoo-Studios ist die Nachfrage rückläufig
Er sieht bei den registrierten Studios denn auch einen Rückgang der Nachfrage. Vielen sei zudem heute bewusst, dass Tattoos genauso Modeströmungen unterliegen wie Kleidungsstile. So können Motive, die aktuell als hip gelten, bald peinlich wirken – das Arschgeweih der späten 90er-Jahre und die vielen Maori-inspirierten Tribal-Tattoos, wie Denise Bielmann eines trägt, lassen grüssen. Dicht gefolgt von den in den 2000er-Jahren oft gestochenen chinesischen Schriftzeichen, die «Stärke» oder «Kraft» bedeuten sollten, aber allzu oft wegen eines kleinen Verrutschers des westlichen Tätowierers am Ende «Nudelsuppe mit Unterhose» bedeuten.
Auch die Sternli, Blüemli oder Motivationssprüche in Schnüerlischrift, die später so in waren, wirken bald einmal antiquiert. Was aber gleich bleibe, sagt Grossenbacher, seien die Menschen, die kommen, um einen gewissen wichtigen Moment in ihrem Leben festzuhalten – Christa Rigozzi hielt beispielsweise ihren Miss-Schweiz-Titel auf ihrer Haut fest. So sieht man vielleicht die herzige Kinderzeichnung des fünfjährigen Sprösslings auch mit 80 Jahren noch gern verewigt auf dem eigenen Arm. Gemeinsam mit sieben anderen Schweizer Promis teilt Rigozzi die Bedeutungen ihrer Tattoos.
Moderatorin Christa Rigozzi (36):
«Ich liebe Tattoos. Sie sind für mich eine Art Kunst. Ich kann so das verewigen, was für mich wichtig ist», sagt die Tessinerin. Dazu gehören drei japanische Zeichen. Rigozzi: «Sie stehen für Liebe, Intelligenz und Weisheit.» Wichtig ist ihr das Kronen-Symbol, das sie sich 2006 stechen liess. «Der Sieg bei der Miss-Schweiz-Wahl hat mein Leben verändert.» Seit Juli 2017 zieren die Namen ihrer Zwillinge Alissa und Zoe ihren Körper. «Sie sind jetzt natürlich das Wichtigste.»
DJane Carol Fernandez (32):
Zum Frauenkopf auf ihrem Arm erklärt sie: «Auf ihn werde ich besonders oft angesprochen. Das Gesicht ist eine Mischung aus meinem Mami und mir und symbolisiert unsere tiefe Verbundenheit. Die Maske darunter steht für die beiden Gesichter, die ich habe. Wenn ich arbeite und als DJane auftrete, bin ich die Künstlerin und eine ganz andere Person als privat. Dann bin ich einfach Carol.»
Eiskönigin Denise Biellmann (56):
Ihre Liebe für Tattoos begann vor über 20 Jahren mit einem «Tribal», das sie selbst gezeichnet hat und rund um ihren Bauchnabel stechen liess. Seither kamen viele Blumen und Drachenmotive hinzu: «Die Chrysanthemen unten auf dem Rücken stehen für meine sensible, feine Seite. Der Drache für Stärke und für meine rebellische Seite.»
MySports-Programmleiterin Steffi Buchli (40)
«Angefangen hat es vor vielen Jahren mit einem Tribal-Tattoo. Irgendwann entschloss ich mich dazu, dieses durch feine Linien verschönern zu lassen. Das Stechen hat ganz schön wehgetan. Ich habe versucht, mich zu entspannen, und habe immer wieder tief durchgeatmet.» Heute zieren vier Lilien den Rücken von Steffi Buchli.
Sängerin Stefanie Heinzmann (30)
Verschiedene Motive zieren ihren Körper – vom einbeinigen Monster Lester, der ihr imaginärer Freund als 17-Jährige war und den sie auf den Rippen trägt, bis hin zu chinesischen Zeichen am Handgelenk, einem Schmetterling an den Händen und einer Elfe am linken Unterarm. «Eine, die nach den Sternen greift. Auch ich will dies und niemals aufgeben. Alle meine Tattoos haben eine wichtige Bedeutung für mich. Das ist ein Muss für mich.»
«Wolkenbruch»-Autor Thomas Meyer (45)
«Ich finde, dass Tattoos jeden Körper verschönern. Für mich sind sie wie Erinnerungsfotos aus meinem Leben. Viele entstehen spontan.» Sie zieren ihn von Kopf bis Fuss. Lümpli, das Kuscheltier aus seinen Kindertagen, hat darauf genauso Platz wie die mittlerweile acht Strichmännchen seines siebenjährigen Sohns Levi. «Diese sind eine schöne Erinnerung an seine Kindheit.»
Nati-Star Valon Behrami (34)
Kurz vor der WM 2018 hat er sich ein grosses Porträt von sich und seinen Töchtern Isabel und Sofia unter die Haut stechen lassen. Weiter oben rechts hat er einen Schneekristall, der seine Liebe zu Lara Gut verkörpert. Die Zeichnungen bezeichnet er als «mein ganzes Leben als Meisterstück». So zieren auch Stacheldraht, Patronenhülsen und zerbombte Häuser seinen Körper. Als Erinnerung an seine schwere Jugend, die Flucht in die Schweiz – und die unbeschwerte Zeit danach.
Sänger Luca Hänni (24) und Freundin Michèle (26)
Der Viertplatzierte beim Eurovision Song Contest und seine Liebste tragen je einen Schriftzug am Arm. Bei Luca steht auf dem rechten Unterarm sein Lieblingszitat des indischen Widerstandskämpfers Mahatma Gandhi: «Be the change you want to see in the world» («Sei die Veränderung, die du selbst in der Welt sehen willst»). Bei seiner Freundin: «Rich in Family, Happiness and Love» («Bereichert durch Familie, Glücklichsein und Liebe»).