Chris von Rohr über «MusicStar»
«Wie dressierte Äffchen»

Lange schwieg er. Nun spricht Ex-Juror Chris von Rohr (57) erstmals über «MusicStar». Sein Fazit: «Blutgruppe null: Keine Überlebenschance!»
Publiziert: 22.02.2009 um 13:02 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:37 Uhr
Interview: Claudia Schlup

Seit Du nicht mehr bei «MusicStar» bist, sinken die Quoten. Schadenfreudig?
Chris von Rohr:
Das ist nicht mein Naturell. In der ersten Staffel hat einfach alles gepasst. Die Show war neu, Moderatoren, Jury und Kandidaten super. Heute würde ich das für kein Geld der Welt mehr machen. Da läuft zu viel schief.

Zum Beispiel?
Die Männer sind dieses Mal völlig talentfrei, Blutgruppe null. Bei den Frauen gerade mal Raquel und Gioia über dem Durchschnitt. Ich bekomme jeden Monat drei Demos mit stärkeren Stimmen.

Wo, bitte, bleiben die denn?
Sie wandern ins Ausland ab wie Stefanie Heinzmann oder machen erst gar nicht mehr mit. Der Brand «MusicStar» ist zu einem Schimpfwort geworden, zu einem Stempel, den man so rasch wie möglich wieder loswerden will.

Verbesserungsvorschläge?
Es kann doch nicht sein, dass ein Dieter Bohlen mit seinen Juroren sich für «Deutschland sucht den Superstar» 7000 Kandidaten anhört und die Finalisten persönlich auswählt. Bei uns kommt die ganze Jury erst in den Finalsendungen ins Spiel. Das ist zu spät.

Die Qualität der Kandidaten ist das eine. Für den Unterhaltungswert der Show sorgen aber auch die Moderatoren und die Jury!
Singapur-Max passt nicht in die Show. Zu glatt und unterkühlt. Man spürt förmlich, dass ihn diese Kandidaten einen feuchten Luftheuler interessieren. Die Jury ist okay, aber es fehlt klar eine musikalische Autorität, die den Kandidaten schonungslos mit präziser Fachkritik klar macht, dass es nie reichen wird, wenn sie nur singen wie dressierte Äffchen.

Das Schweizer Fernsehen argumentiert, man dürfe junge Leute nicht zu stark blossstellen.
Diese jungen Leute suchen vor allem Popularität und wissen ganz genau, worauf sie sich da einlassen. Und wenn es so wäre, warum gibt es dann die Rubrik «Leider nein» überhaupt?

Mit deiner Band Krokus musst du bald selbst wieder um die Gunst des Publikums buhlen. Keine Angst vor dem Rollenwechsel?
Diesen Test haben wir letzten Sommer mit unserem Konzert im Stade de Suisse bestens bestanden. Die junge Band, die uns von der Bühne rockt, muss erst noch kommen. Das sage ich nicht aus Arroganz, sondern weil es so ist und wir den Leistungsausweis haben.

Ihr wart jahrelang zerstritten. Wie kommt die Band mit deiner Persönlichkeit klar?
Bestens. Wir sind gereift. Die Jungs wissen, was sie an mir haben und ich weiss, was ich an ihnen habe. Dazu kommt eine gegenseitige Wertschätzung der geleisteten Arbeit. Heute funktionieren wir wie ein gut eingespieltes Fussballteam, das genau weiss, wo jeder steht und was jeder zu tun hat. Darum bekamen wir auch einen super Vertrag mit Sonymusic.

Klingt ungeheuer gesittet. Wo bleibt der RocknRoll?
Auf der Bühne! Nur da geht es zur Sache. Eskapaden, Drogen und Frauen à gogo braucht man, wenn man seinen Weg noch nicht gefunden hat.

Apropos Frauen: Du bist wieder mit der Mutter deiner achtjährigen Tochter zusammen, von der du lange getrennt warst.
Dazu nur so viel: Wir haben eine tiefe Verbindung und leben auf jeden Fall eine sehr gute Elternschaft.

Deine Tochter sieht man nie in der Öffentlichkeit, warum nicht?
Wer in Solothurn wohnt, sieht mich oft mit meiner Tochter, aber ich war von Anfang nicht der Typ, der sein Kind in jede Kamera hält, um noch eine Hochglanz-Story mehr zu bekommen. Sie wird entscheiden wie, wann und ob sie das überhaupt will.

Was bist du für ein Vater?
Ich begleite meine Tochter mit offnem Herzen, Respekt und Aufmerksamkeit durch diese konfuse Welt und will für sie da sein, wenn sie mich braucht. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel wir Erwachsenen von Kindern lernen können. Wenn ich sehe, wie offen, sensibel und kreativ sie sind, berührt mich das. Deshalb ist es für mich ein Gräuel, wenn ich sehe, wie man sie abschiebt oder einfach vor dem Fernseher sitzen lässt, wo permanent Gewalt und nervöser Gaga läuft. Da hat sich unsere Karriere-und Kosumgesellschaft völlig verrannt. Wir sollten nie vergessen, dass die Kinder die Zukunft unseres Landes sind.

Stichwort Zukunft: Hast du finanziell ausgesorgt?
Keine Ahnung. Diese Frage musst du Sepp Blatter oder unseren Bundesräten stellen.

Hat dich die Finanzkrise getroffen?
Ich habe schon immer Gold gesammelt. Aber es ist immer dasselbe. Egal, ob Banken, Wirtschaft, «MusicStar» oder Krokus: Die grössten Fehler macht man immer, wenn zu viel Erfolg da ist.

Persönlich
Chris von Rohr (57) feierte in den Achtzigerjahren mit der Hardrock-Band Krokus Welterfolge. Die Band verkaufte 13 Millionen Alben und tourte unter anderem durch Amerika, bevor sie sich zerstritt. In der Folge produzierte von Rohr unter anderem Alben für Gotthard, Patent Ochsner und die Lovebugs und schrieb zwei Bücher («Hunde wollt ihr ewig rocken» 1991 und «Bananenflanke» 2003).

Als Jury-Mitglied in den ersten zwei «MusicStar»-Staffeln 2003 bis 2005 wurde er dank träfen Sprüchen («Meh Dräck») zum Publikumsliebling. Letztes Jahr gaben Krokus in der Urformation ihr erfolgreiches Comeback, Ende Jahr erscheint ihr neues Album.
Chris von Rohr (57) feierte in den Achtzigerjahren mit der Hardrock-Band Krokus Welterfolge. Die Band verkaufte 13 Millionen Alben und tourte unter anderem durch Amerika, bevor sie sich zerstritt. In der Folge produzierte von Rohr unter anderem Alben für Gotthard, Patent Ochsner und die Lovebugs und schrieb zwei Bücher («Hunde wollt ihr ewig rocken» 1991 und «Bananenflanke» 2003).

Als Jury-Mitglied in den ersten zwei «MusicStar»-Staffeln 2003 bis 2005 wurde er dank träfen Sprüchen («Meh Dräck») zum Publikumsliebling. Letztes Jahr gaben Krokus in der Urformation ihr erfolgreiches Comeback, Ende Jahr erscheint ihr neues Album.
Castingshow in der Krise
Negativ-Rekord bei «MusicStar»: 535000 Zuschauer (Marktanteil: 25,6 Prozent) schalteten sich letzten Sonntag ein, in der Woche zuvor waren es noch weniger. Nur eine «MusicStar»-Sendung lief in der Vergangenheit schlechter: Die erste Finalshow überhaupt in der Staffel 2003/2004 verzeichnete 398000 Zuschauer. Nach drei Folgen aus Schweizer Clubs wird «MusicStar» heute Abend erstmals live aus dem Theater 11 in Zürich gesendet.
Negativ-Rekord bei «MusicStar»: 535000 Zuschauer (Marktanteil: 25,6 Prozent) schalteten sich letzten Sonntag ein, in der Woche zuvor waren es noch weniger. Nur eine «MusicStar»-Sendung lief in der Vergangenheit schlechter: Die erste Finalshow überhaupt in der Staffel 2003/2004 verzeichnete 398000 Zuschauer. Nach drei Folgen aus Schweizer Clubs wird «MusicStar» heute Abend erstmals live aus dem Theater 11 in Zürich gesendet.
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