BLICK: Bereits als Kleinkinder sind Sie mit Ihren Eltern aufgetreten. Hatten Sie je eine andere Wahl?
Melanie: Mir war von Anfang an klar, dass ich auf der Bühne stehen will. Auch in der Schule wollte ich bei jeder Aufführung mitsingen.
Mike: Ich träumte von einer Ski-Profikarriere und meinte, dass ich auch Musik machen könnte, wenn ich alt bin. Doch Verletzungen warfen mich zurück. Nun bin ich glücklich, wie es ist.
Ueli: Es heisst oft, dass bei uns die Eltern mit starker Hand regieren, die Kinder einfach mitziehen müssten. Doch so würde das nie funktionieren. Wenn jemand in eine andere Richtung gehen will, kann er das.
Gegen aussen wirkt die Familie immer fröhlich und harmonisch. Scheint bei Oesch’s eigentlich immer die Sonne?
Annemarie: Das wäre langweilig. Vor allem Melanie und Ueli sind typische Oesch-Gringe, die ihren Willen durchstieren.
Ueli: Wir sind alles Sturköpfe. Jeder hat meist das Gefühl, er habe recht.
Was führt zu Streit?
Mike: Bei den Proben fliegen oft die Fetzen. Eine schnelle Versöhnung ist dann schwierig. Da machen wir oft Schluss für den Moment. Am nächsten Tag sieht die Welt wieder anders aus.
Kevin: Wir sind alle sehr impulsiv und werden schnell laut. Dafür sind wir nicht nachtragend.
Gibt es weitere Reibungspunkte?
Melanie: Wenn irgendwo geschrieben steht: «Melanie Oesch und ihre Familie», da werden die anderen stocksauer. Ich kann ja nichts dafür, aber fühle mich trotzdem schuldig.
Kevin: Das geht uns halt nahe, weil wir das Ganze schon lange gemeinsam durchziehen und niemand einen Extrazug fährt.
Ueli: Obwohl uns allen sonnenklar ist: Die Formation steht und fällt mit Melanie.
Annemarie: Wir wären nichts ohne Melanie, und Melanie wäre nichts ohne uns.
Wie ist es als Star der Familie?
Melanie: Ich fühle mich nicht als Star. Wenn schon, ist Vater der heimliche Star. Er hat auf der Bühne einen Witz, den unsere Generation vielleicht gar nicht mehr kennt. Und für die Leute ist das immer der Hammer. Nach den Konzerten stehen die Damen Schlange. Päpu hat von uns am meisten Groupies.
Wie teilen Sie die Finanzen auf?
Ueli: Wir geben den Kindern immer einen kleinen Teil, um sie bei Laune zu halten. (Lacht.)
Annemarie: Dummes Zeug! Für die Buchhaltung bin ich zuständig. Wer was bekommt, ist klar geregelt. Es ist totale Gleichberechtigung. Wir sind fünf in der Familienfirma, und alle bekommen den gleichen Teil.
Ueli: Früher gab es Veranstalter, die nach den Konzerten mit der Gage vorbeikamen und mir dann noch drei Fünfliber in die Hand drückten mit den Worten: «Das ist für die Kleinen.» Dann antwortete ich: «Habt ihr wirklich das Gefühl, dass wir den Kindern nichts geben und sie vielleicht ab und zu mal aufs Rösslispiel lassen?»
Im neuen Buch «Oesch’s die Dritten – Eine Erfolgsgeschichte» schildern Sie Ihren Weg nach oben. Gab es auch Hindernisse?
Ueli: Der einschneidendste Schritt für mich und meine Frau war, den sicheren Beruf als Pöstler und Krankenschwester aufzugeben und ganz auf die Musik zu setzen. Schliesslich hatten wir ja schon ein Haus und die Verantwortung für die Kinder. Sogar Nachbarn konnten das nicht nachvollziehen. Sie dachten: «Kaum sind sie im TV gekommen, meinen sie, nicht mehr arbeiten zu müssen.»
Annemarie: Genau! Noch heute fragt man uns oft: «Was arbeitet ihr eigentlich?»
Ueli: Da spielt Neid eine Rolle. Aber ich kann es nachvollziehen: Wir sind privilegiert. Es ist wunderbar, dass wir mit unseren Kindern herumziehen können. Auch wenn das kitschig wirken mag und man uns mit der Kelly-Family vergleicht. Wir haben es gut miteinander. Aber wenn die Frage auftaucht, geht ihr dann am Sonntag auch noch zusammen bräteln? Dann ist die Antwort: Sicher nicht. Jeder hat sein eigenes Leben.
Melanie: Es heisst auch immer, dass wir im gleichen Haus wohnen. Was zwar stimmt, aber wir sind auf drei Stöcke verteilt. Wir leben unabhängig voneinander, es gibt keinen Durchgang zwischen den Wohnungen.
Machen Sie gemeinsame Ferien?
Kevin: Nie! Auch als wir klein waren, gingen wir nicht wie andere Familien im Sommer ans Meer.
Annemarie: Wir hatten damals noch den Bauernbetrieb. Den konnten wir kaum verlassen.
Ueli: Wenn wir im Ausland waren, dann wegen der Musik.
Keine Angst, dass die Kinder wegen des Erfolgs abheben?
Ueli: Dazu gibt es keinen Grund. Musik ist Geschmackssache. Manchen gefällt, was wir machen, einige bewundern uns. Doch mir ist klar, dass viele uns belächeln und sagen, die machen ja nur Volksmusik.
Letztes Jahr hatten Sie, Kevin, einen schweren Autounfall. Wie geht es Ihnen heute?
Kevin: Körperlich habe ich mich erholt. Auch sonst denke ich nicht oft an den Unfall. Ich kann mich ja nicht daran erinnern.
Darfst du wieder Autofahren?
Kevin: Nein, der Ausweis ist immer noch weg. Das Verfahren läuft noch.
Annemarie: Es ist etwas vom Schlimmsten für Eltern, wenn frühmorgens die Polizei vor der Tür steht und sagt, dass der Sohn auf der Intensivstation liegt. Wir sind sehr dankbar, dass alles glimpflich gelaufen ist. Dies hat uns als Familie noch enger zusammengeschweisst.