«Piede!» – zu Deutsch: «Fuss!» –, ruft Kurt Aeschbacher (70) seiner knuffligen Amélie zu. Schwanzwedelnd trippelt die eineinhalbjährige Labradorhündin sofort heran. Auf das Kommando «A terra!» («Platz!») gehorcht sie sofort. Und zur Belohnung gibts ein liebevolles «Brava!». Der ehemalige TV-Talker hätte wohl nie gedacht, dass er irgendwann in seinem Leben noch verliebt auf Italienisch konferieren würde – und das mit einer jungen Dame. Seit kurzem trottet Amélie mit ihm durchs Leben. Sie stammt aus der Blindenführhundschule in Allschwil BL.
Wer so einen begehrten Hund aufnimmt, zeigt Verantwortung. «Es war ein Blind Date. Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Verantwortlichen stellte ich mich auf eine längere Wartezeit ein», so Aeschbacher. «Aber bereits zwei Wochen später erreichte mich ein Telefonanruf mit der Bitte, mich möglichst schnell zurückzumelden.» Für Amélie wurde dringend ein guter Platz gesucht. «Bei der ersten Begegnung war sie dann aber schon etwas reserviert – ich hingegen sofort Feuer und Flamme!»
Amélie ist eine fantastische Begleiterin
Amélie hat in ihrem kurzen Leben schon viel erlebt. Sie ist eine von rund 100 Labradorhunden, die in Allschwil jedes Jahr zur Welt kommen. Sie wurde mit zehn Wochen in eine Patenfamilie in Genf platziert, von der sie auch den Namen bekam. Später begann sie in Allschwil die Ausbildung. «Sie war eine aktive, verspielte Hündin. In der Tauglichkeitsabklärung zum Blindenführhund zeigte Amélie aber Unsicherheiten bei Begegnungen mit Menschen», erklärt Gérard Guye, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Institution. Damit könne ein sehender Hundehalter aber problemlos umgehen. «Er kann Amélie in dieser Situation abrufen und ihr damit Sicherheit und Vertrauen vermitteln – diese Möglichkeiten hat ein sehbehinderter oder blinder Mensch nur eingeschränkt oder gar nicht.» Und so wurde Amélie bei Aeschbi platziert.
Seit der Gründung der Schule im Jahre 1972 wurden in Allschwil 2197 Welpen gezüchtet und 962 Blindenführhunde ausgebildet. Dazu kamen noch rund 400 Autismus-, Assistenz- und Sozialhunde. Die Schule kann dank Spenden betrieben werden.
Amélie wird Aeschbi nie ganz gehören
Inzwischen hat die junge Lady bei Aeschbi Vertrauen geschöpft. «Sie ist eine fantastische Begleiterin – unglaublich neugierig. Dank ihrer Ausbildung kennt sie bereits viele Hörzeichen und gehorcht – meistens – aufs Wort», so der TV-Moderator. Die Kommandos erfolgen auf Italienisch, weil das seit jeher die Ausbildungssprache für Hunde in der Schweiz ist. Sie sollen lernen, auf die auf sie zugeschnittenen Kommandos zu reagieren und nicht auf solche von Fremden.
Ganz gehören wird Amélie Aeschbi aber nie. «Sie bleibt im Besitz von Allschwil, und das ist auch richtig so», erklärt er. Das Wohl der Tiere steht für die Ausbildungsstätte an erster Stelle. «Wenn die Umstände eine Haltung des Hundes nicht mehr zulassen, ich also nicht richtig zu ihr schaue, dann darf Allschwil sie zurückholen.»