Arzt über die brutale Schlatter-Attacke
«Eine Heilung ist schwierig»

Samuel Pfeifer (63), der leitende Arzt an der psychiatrischen Klinik Sonnenhalde, erklärt im BLICK-Interview, an welchen Folgen Gewaltopfer leiden.
Publiziert: 10.03.2015 um 09:33 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:39 Uhr
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Samuel Pfeifer, Facharzt für Psychologie und Psychotherapie.
Interview Silvana Guanziroli

Herr Pfeifer, was passiert mit Menschen, die unvermittelt einer Gewalttat ausgesetzt sind?
Samuel Pfeifer: Zuerst kommt der Schock darüber, dass die Welt nicht so ist, wie man geglaubt hatte. Man zweifelt, ob die Stadt, in der man lebt, noch sicher ist. Sickern diese Gefühle ein, dann kommt es zu klassischen Traumasymptomen.

Ein Trauma ist ein schwerer Einschnitt im Leben eines Menschen. Was passiert konkret?
Unmittelbar nach dem Ereignis steigert sich die Schreckbarkeit. Gerüche, Geräusche oder unerwartete Bewegungen, die an den Vorfall erinnern, können massive Angstzustände hervorrufen. Auch im vegetativen System hinterlässt ein Trauma seine Spuren. Es bringt den Körper aus dem Gleichgewicht.

Wie äussert sich das?
Durch die übermässige Wachsamkeit ist der Körper ständig unter Strom. Das führt zu Schlafmangel und Reizbarkeit. Zudem reagieren viele Traumapatienten mit Rückzug. Sie werden depressiv. Tatsächlich kann bei Betroffenen wegen ihrer depressiven Stimmung eine verkürzte Lebensperspektive eintreten. Sie haben dann das Gefühl, alles mache gar keinen Sinn mehr.

Wie ist eine posttraumatische Belastungsstörung zu erkennen?
Die ersten Signale sind Schlafmangel und das Gefühl, ständig nervös zu sein. Oft kommen Reaktionen aus dem Umfeld dazu. Bei Aussagen wie, «du warst früher so gesellig, warum bist du in letzter Zeit so ruhig?», würde ich aufhorchen.

Was empfehlen Sie Menschen, die ein Trauma erlitten haben?
Gefährlich ist es, wenn die Symp­tome länger als vier Wochen andauern. Dann ist zu befürchten, dass die Beschwerden einen chronischen Verlauf nehmen. Hier empfehle ich eine therapeutische Begleitung. Zudem brauchen die Patienten eine Vertrauensperson, an die sie sich wenden können. Empfehlenswert ist auch ein Ort, wo sie sich sicher fühlen. Viele Betroffene schaffen es dort, ihre aufgewühlte Seele zur Ruhe kommen zu lassen.

Gelingt es Traumapatienten wieder, komplett gesund zu werden?
Ich bin der Meinung, dass wir Traumata in unseren Lebenskontext integrieren müssen. Solche Ereignisse verändern die Menschen, sie werden sich bewusst, wie zerbrechlich sie sind. Eine Heilung ist schwierig und nicht in jedem Fall möglich. Besonders heikel ist es, wenn es zu einer wiederholten Traumatisierung kommt oder bei Patienten, die schon vor dem Ereignis verletzlich waren.

Schwinger Christian Stucki (30) spielte an Schlatters Seite im Film «Hoselupf». «Es ist haarsträubend und schockierend. Das, was Beat passiert ist, darf niemandem passieren. Das tut mir sehr leid. Ich wünsche ihm alles Gute, eine schnelle Genesung und dass er sehr bald wieder auf den Beinen ist. Beat, falls du jemals einen Bodyguard brauchst, bin ich an deiner Seite.»
Hans Schenker (63) hat mit Schlatter die Schoggi-Soap «Lüthi & Blanc» gedreht: «Es ist ungeheuerlich, dass dies ausgerechnet Beat Schlatter passieren musste. Er ist doch so beliebt bei den Leuten, er ist ein Volksschauspieler! Ich hoffe, er wird irgendwann wieder der Alte sein.»
Corinne Müller (27) stand mit Schlatter im Film «Himmelfahrtskommando» vor der Kamera. «Es ist ein umso grösserer Schock, wenn man die Person kennt. Was Beat passiert ist, macht Angst, denn das kann jedem von uns jederzeit auch passieren. Ein grosses Dankeschön an seine Helfer, die den Mut hatten, nicht wegzuschauen, sondern einzugreifen. Beat wünsche ich von Herzen die beste Genesung.»
«Beat war schon immer ein ängstlicher Typ», sagt sein langjähriger Bühnenpartner Patrick Frey (64) und ergänzt: «Er hat Angst vor Hunden und schnell mal vor vielem mehr.» Daher gilt seine grösste Sorge der Psyche seines langjährigen Wegbegleiters. «Es ist schockierend und schrecklich. Beat hat den Albtraum erlebt.» Nun wünscht er ihm vor allem: «Gute Besserung, und dass er bald wieder auf der Bühne steht.»
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