Auf dem See, die Hände am Schiffssteuerrad – so fühlt sie sich wohl: Anna Rosenwasser (28) ist als neue Geschäftsführerin der Lesben-Organisation Schweiz (LOS) die Kapitänin der Frauen liebenden Frauen. Doch im Gespräch mit BLICK gibt sie zu: Sie schläft privat auch mit Männern! «Ich bin mit ganzem Herzen Berufslesbe und von Hobby bisexuell», erklärt die Schaffhauserin lachend.
Natürlich seien manche Lesben erst etwas skeptisch gewesen, unterdessen seien diese Zweifel aber verflogen. «Mein oberstes Ziel bei der LOS ist es, dass man Frauen, die auf Frauen stehen, in der Gesellschaft stärker wahrnimmt. Ich möchte der Schweiz zeigen, dass wir nicht anders sind als alle andern. Wir sind da, wir sind eine Familie.» Die Journalistin und Politikstudentin half deshalb mit, vergangenen Samstag in Bern die erste Lesben-Demo zu veranstalten.
«Auf welches Geschlecht ich mehr stehe, ist tagesabhängig»
Vor acht Jahren war Rosenwasser noch in einer traditionellen Heterobeziehung mit einem Mann: «Ich war drei Jahre mit David, einem Militäroffizier, zusammen. Wir redeten sogar übers Heiraten.» Als die Beziehung zerbrach, entdeckte sie ihre Liebe zu Frauen. «Auf welches Geschlecht ich mehr stehe, ist tagesabhängig und wahrscheinlich auch hormonell bedingt», sagt sie lachend. «Manchmal sitze ich an der Uni und denke nur: ‹Männer, Männer, Männer.› Oder dann bin ich an einer Frauenparty und ich weiss: ‹Frauen sind das Tollste.›»
Festlegen mag sich Anna Rosenwasser nicht: «Ich hatte weder bei der Religion meines Vaters, dem Judentum, noch bei meiner Sexualität jemals das Gefühl, mich entscheiden zu müssen, auch wenn mein Umfeld das immer wollte», sagt die bekennende Atheistin.
«Sex mit einer Frau ist freier»
Momentan ist Rosenwasser glücklich mit ihrer Freundin Flo (27) liiert, erhält aber häufig unmoralische Angebote von Männern: «Die denken, mir fehlt ein Penis.» Dabei sei das Gegenteil der Fall: «Was Sex mit einer Frau so gut macht, ist, dass er weniger peniszentriert ist. Er ist freier, die Rollen sind nicht klar verteilt.»
Sexismus und Homophobie versucht die Studentin nicht an sich ranzulassen: «Wenn mich einer Kampflesbe nennt, ist das für mich ein Kompliment. Einige der besten Menschen, die ich kenne, sind schliesslich kämpferische Lesben.» Wie beispielsweise das berühmteste Frauenpaar der Schweiz: Tamy Glauser (33) und Dominique Rinderknecht (28). «Die beiden sind tolle Vorbilder für die Szene und grosse Fans der LOS. Wir haben noch einiges vor mit Tamynique», sagt Rosenwasser. Mehr will sie noch nicht verraten.