Anja Leuenberger (30) gehört zu den erfolgreichsten Models der Schweiz. Doch die Arbeit in dieser Branche bringt auch viele Schattenseiten. Bei «Gredig direkt» spricht die Aargauerin über Erlebnisse, die sie schon als 14-Jährige machte. «Man sagte mir, ich sei zu dick», erzählt sie.
Das Ganze habe sich zugetragen, als sie als Jugendliche in Mailand als Model unterwegs war. Sie habe sich in sechs Agenturen um einen Platz in der Kartei beworben. «In jeder wurde mir gesagt, es sei schwierig mit mir und meinen Hosen. Ich müsse vielleicht andere tragen.» Für sie sei dies eine kuriose Erfahrung gewesen: In ihrer Heimat bekam sie ständig zu hören, sie sei magersüchtig. «Ich sei dünn, ich sei ungesund. Und plötzlich sprach man von Fettpölsterchen, die aus meinen Hosen herausschauen.» Daraufhin habe sie weinend ihren Eventmanager kontaktiert und er riet ihr zur sofortigen Rückreise. Sie habe in Mailand zwar eine Agentur bekommen, «aber die wenigen Male, die ich dort lief, wurde ich immer sehr kritisiert.» Heute habe sie eine kleine Abneigung gegenüber der italienischen Mode-Hauptstadt.
«Mein Arzt sagte mir, ich sei überarbeitet»
Schlimm sei auch eine Erfahrung in Tokio gewesen. Damals habe sie wie wild gearbeitet: «Zum Teil hatte ich zwei Jobs pro Tag und habe mich kaputt gearbeitet. Am Schluss funktioniert man nur noch.» Grund dafür sei ein Vertrag, bei dem sie kein Geld bekommen hätte, wenn sie nicht über eine bestimmte Zeitspanne einen entsprechenden Betrag erarbeitet hätte. «Das war ein riesiger Druck, so etwas habe ich zuvor noch nie erlebt. Einmal pro Woche wurde dort mein Körper vermessen.»
Für sie sei es zwar Gewichtszunahme nie ein Thema gewesen. «Ich war schon immer schlank.» Ihr Problem sei eher, «dass, wenn ich mega gestresst bin, ich sehr schnell abnehme. Mein Stoffwechsel ist dann extrem angeregt.» Durch den Stress und die Einsamkeit sei plötzlich sei ihre Menstruation ausgeblieben. «Mein Arzt sagte mir, ich sei überarbeitet.» Sie wisse, dass das auch vielen Models wegen des Gewichtes passiert. «Bei mir war es psychisch und wegen des Stresses.»
Sie ist an einem guten Ort im Leben
Auch spricht Anja Leuenberger mit Urs Gredig (52) über die zwei Missbrauchsfälle, die sie vor bald drei Jahren publik machte. «Die Nachricht war immer: Das ist passiert. Was dich nicht umbringt, macht dich stärker.» Die Täter haben sich nie bei ihr entschuldigt, trotzdem schaue sie nach vorne. «Was ich lernte in meinem Prozess: Man hält sich gerne am Schmerz fest und der Mensch identifiziert sich oft dadurch.» Mittlerweile habe sie den Tätern vergeben. «Das war ein jahrelanger Prozess.»
Ob sie glücklich sei, will Gredig von Leuenberger wissen. «Was ist die Definition von Glück? Für mich ist es, dass ich gesund bin, es meiner Familie gut geht, ich finanziell stabil bin und jeden Tag aufstehen kann und sage, wie schön das Leben ist.» Sie habe erst kürzlich ihren Grossvater verloren, deshalb habe sie sich erneut viele Fragen zu diesem Thema gestellt. Abschliessend sagt sie: «Ich bin gesund. Mir geht es gut. Ich bin an einem guten Punkt in meinem Leben.» (imh)