Die strähnigen Haare, das bleiche Gesicht, die hagere Gestalt: Anatole Taubman (44) sieht zum Fürchten aus. «Das ist auch der Sinn der Sache», sagt der Schweizer Schauspieler lachend. Bis zu zwei Stunden verbringt er täglich in der Maske, wo er zum gruseligen Hofschranz Montcourt hergerichtet wird.
Seit Herbst drehte Taubman in Frankreich die TV-Serie «Versailles». Sie ist mit einem Budget von rund 30 Millionen Franken die bisher teuerste Fernsehproduktion, die je in Europa gedreht wurde. «Eine Riesensache», sagt Taubman. Zwischen 100 bis 120 Leute stünden täglich auf dem Set des Barock-Spektakels.
Die Story beginnt im Jahr 1667: Louis XIV. (gespielt von George Blagden), ist 28 Jahre alt und besteigt nach dem Tod seiner Mutter den Thron. Rasant entwickelt er sich vom jungen König zum absoluten Monarchen, der mit Intrigen und Verrat zu kämpfen hat, aber auch mit seiner Familie. Taubman ist einer seiner Widersacher, ein Edelmann, der vom Hof verstossen wurde, sich als mordender Bandit durchkämpfen muss und am Ende trotzdem das Vertrauen des Sonnenkönigs zurückgewinnt. «Man weiss bei meiner Figur nie,woran man ist», erklärt Taubman. «Das macht sie extrem gefährlich.» Für ihn als Schauspieler sei es aber geradezu eine Riesenfreude, einen solch zwiespältigen Charakter verkörpern zu dürfen, schwärmt er.
Die erste Staffel à zehn jeweils einstündigen Folgen ist abgedreht. Mitte April wird sie an der grössten Fernsehmesse Mipcom in Cannes (F) vorgestellt und ab November weltweit zu sehen sein. Viele Länder haben Interesse an einer Ausstrahlung bekundet. Die zweite Staffel ist bereits in Planung.
«Es war eine grausame Zeit damals», sagt Taubman, der sich schon vor dem Dreh intensiv mit dem «Grand Siècle» beschäftigt hat. «Fast alle gingen über Leichen.» Louis XIV. hat die Künste gefördert und Frankreich noch mächtiger gemacht. Er war aber auch ein Frauenheld und Narzisst. «Er betrieb einen nie da gewesenen Personenkult um sich», so Taubman. «Nur schon bei seinem täglichen Morgenritual mussten mehr als 200 Leute anwesend sein und ihm huldigen. So etwas wäre heute unvorstellbar!»
Taubman hat schon in mehr als 80 TV- und Kinofilmen mitgemacht. Er spielte 2008 im Bond-Abenteuer «Ein Quantum Trost», trat mehrmals im «Tatort» auf, aber auch im Schweizer Kino-Hit «Akte Grüninger». Die Erfahrungen, die er am Set von «Versailles» sammle, gehörten zu den intensivsten. «Moncourt ist wohl meine komplexeste Rolle, die ich je fürs TV gedreht habe», sagt er. Dennoch freut er sich aufs Ende: «Irgendwann bin ich dann auch wieder froh, wenn ich nicht täglich Strumpfhosen anziehen und mir eine strähnige Perücke überziehen muss», witzelt er.
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