Assistentin wollte Model-Agent schon 2017 stoppen!
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Betroffene erzählen:Schwere Vorwürfe gegen Zürcher Modelagentur-Besitzer

«Als ich in der Nacht aufwachte, war er in mir drin»
Schwere Vorwürfe gegen Zürcher Modelagentur-Besitzer

Auf Social Media melden sich zahlreiche Betroffene. Sie erheben schlimme Vorwürfe gegen den Chef einer Zürcher Modelagentur. Er soll seine Machtposition ausgenutzt und sexuelle Dienstleistungen eingefordert haben.
Publiziert: 08.06.2020 um 21:37 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2020 um 15:22 Uhr
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Auf Instagram häufen sich die schweren Vorwürfe gegenüber den Modelagentur-Besitzer James N.
Foto: zvg
Michel Imhof und Nicolas Lurati

Nur wenige Stunden nachdem Model Anja Leuenberger (27) ihre Vergewaltigung öffentlich machte, sucht ein neuer Skandal die Schweizer Mode-Szene heim. Dem Besitzer einer Zürcher Männermodelagentur wird massive Belästigung und die Ausnützung seiner Machtposition vorgeworfen. Belegt werden die Vorwürfe durch zahlreiche Screenshots von Chat-Unterhaltungen, Sprachnotizen und Videos mit Agentur-Boss James N.* (33).

O-Ton: «Offen, um am Samstag Spass zu haben? Du weisst, wo ich dich hingebracht habe, oder?», «Zeig, dass du heiss und spitz bist. Und nicht schüchtern. Das macht ein Topmodel aus.» So ist es in den Chatverläufen zu lesen, die momentan im Internet kursieren. James N. scheint darin seinen Schützlingen eine grosse Zukunft in der Modelbranche zu versprechen, allerdings nur, wenn sie ihm entsprechende Bilder zuschicken.

Er habe hübsche, sexy Bilder verlangt

Mehrere der mutmasslichen Opfer konnte BLICK bei seinen Recherchen ausfindig machen. Darunter auch ein Model, das bei ihm längere Zeit unter Vertrag stand: N. T.** (22) aus dem Kanton Zürich. Er erinnert sich: «Beim ersten Treffen dachte ich mir noch nichts, ausser, dass er ein bisschen geflirtet hat. Beim zweiten Mal habe ich fürs Shooting in einem Slip posiert. Und da merkte ich, dass er erregt war. Er hat sich selber berührt und auch keine Möglichkeit ausgelassen, bei mir Dinge an der Unterhose zu richten.» Nach einer Viertelstunde verliess T. das Agenturbüro. «Und von da an schrieb er mir, ich müsse ihm hübsche, sexy Bilder schicken, damit er diese an die anderen Modelscouts weiterleiten könne.»

Mit Geldbeträgen habe der Modelscout ihn nicht beeindrucken können, deshalb sei er mehrfach an Veranstaltungen eingeladen worden. «Einmal war ich in Basel und bin kurzfristig extra nach Zürich gefahren, um bei einem wichtigen Event dabei zu sein. Da waren am Schluss zwar keine wichtigen Leute, aber ein angetrunkener James, der mich irgendwann versuchte zu küssen. Ich habe es dann über mich ergehen lassen, konnte nicht einfach davonlaufen.»

Später habe N. T. seinem Agenturboss angeboten, ihn nach Hause zu fahren. «Und da drückte er mich an eine Wand, sagte mir, ich solle ihm zeigen, wie sehr ich es will, und er fing an, mich oral zu befriedigen.» Auch nach der Heimfahrt habe sich der Fall wiederholt. «Er sagte, ich solle noch für ein paar Bilder für die Verantwortliche von Dior Homme nach oben kommen. Und plötzlich packte er seinen Penis aus und fing an zu masturbieren. Auch dort kam es wieder zu Oralsex, ich war völlig überfordert mit der Situation.» Bei der Rückfahrt habe er sich bei der Autobahnraststätte Würenlos AG mit einer Wasserflasche geduscht. «Ich habe mich so schmutzig gefühlt», sagt er. Mittlerweile habe er realisiert, dass er kein Einzelfall sei. «Bei Modeljobs in Berlin und London war es immer ein offenes Geheimnis, dass er so mit den Models umgeht.» Eine Anzeige habe er nie gemacht. «Hierfür möchte ich mich mit weiteren Opfern zusammenschliessen», sagt der Betroffene zu BLICK.

Mitten in der Nacht überrascht

Eine ähnliche Erfahrung machte M. H.** (heute 26) aus dem Kanton Luzern. Als er 17 war, wurde er von James N. auf einer schwulen Datingplattform kontaktiert, ob er Model werden wolle. «Ich sagte ab, ich bin nicht der Typ dafür. Doch er hielt an seinem Vorhaben fest, und ich willigte ein, mit meiner besten Freundin zu ihm ins Studio zu gehen.» Zum Shooting sei es nie gekommen, vorher sei er vom Agenturboss in Luzern zu einem Partyabend überredet worden. «Als Minderjähriger ist das natürlich verlockend, in den Club zu gehen. Zuvor lud er mich an ein Fest mit Freunden ein, bei dem er mir viel harten Alkohol gegeben hat. Als ich aufs Klo ging, drückte er mich an die Wand und küsste mich, obwohl ich mich wehrte», sagt er.

Später sei er so betrunken gewesen, dass er den Heimweg nicht mehr selbst antreten konnte. «Ein Freund von ihm hat darum angeboten, dass ich bei ihm auf einer Matratze übernachten könne. Im selben Raum schlief auch James, aber nicht in meinem Bett. Als ich mitten in der Nacht aufgewacht bin, war er in mir drin. Ich war in Schockstarre und konnte nur noch fragen, ob er wenigstens ein Kondom benutzt.» Den Vorfall habe er mittlerweile verarbeitet, zur Anzeige brachte er das Ganze nie. Denn: «Es wäre Aussage gegen Aussage. Und seine Freunde würden ihn wohl decken.»

Auch ein ehemaliger Kandidat von «Switzerland's next Topmodel» machte bereits Bekanntschaft mit James N.: «Er wollte mich mit einem Machtspiel manipulativ in seine Agentur bringen. Mir war das aber alles zu unseriös», sagt er.

Schon vor zehn Jahren auffällig

Dass James N. schon länger seine Position als Agenturbesitzer zu seinen Gunsten nutzt, weiss auch Make-up-Artistin M. R.** (27), die mittlerweile im Ausland lebt. Sie arbeitete mit dem Agentur-Boss schon vor über zehn Jahren zusammen. «Wir organisierten zwar Model-Castings, aber die Meinung der anderen Jury-Mitglieder zählte nie», sagt sie rückblickend. «Entscheidend war viel mehr, welche Typen mit ihm ins Bett steigen würden.» Ob er jemanden zu etwas gedrängt habe, könne sie aber nicht sagen. Trotzdem: «Die Karte seiner Machtposition hat er immer ausgespielt und sich ein riesiges Netz aus Lügen zusammengesponnen.»

Die schweren Vorwürfe gegen James N. bleiben nicht ohne Folgen. Der Basler Designer Y. Z.** (33) verzichtet wegen der anhaltenden Gerüchte schon länger auf Zusammenarbeiten mit der entsprechenden Agentur. Und er weiss auch von anderen Branchenkollegen, die bei der Modelauswahl mittlerweile so vorgehen. James N. reagierte auf eine Anfrage von BLICK weder telefonisch noch schriftlich. Auch beim angegebenen Firmensitz war niemand zu sprechen.

* Name geändert

** Name der Redaktion bekannt

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