Lieber Mäni
1987 bekam ich den Auftrag, Dich für die Zeitschrift «Tele» zu porträtieren. An einem schönen Sommertag reiste ich ins Radiostudio Bruderholz in Basel, wo Du seit 1960 angestellt warst. Von 1960 bis 1976 hattest Du zudem beim Schweizer Fernsehen die Sendung «Praktische Medizin» moderiert. Die Auszeichnung «Mäni national» bekamst Du dann aber vor allem als blendend aussehender Quizmaster von «Dopplet oder nüt» (1963 bis 1970) und «Wer gwünnt?» (1973 bis 1977).
Nach kurzem Hin und Her schlugst Du vor, das Gespräch in einem eleganten Gartenrestaurant weiterzuführen. Mich interessierte die Frage, wie Du damit fertig wurdest, dass Du nach den erfolgreichen Fernsehjahren nur noch beim Radio arbeiten durftest. Du sagtest mir nur, dass Du Dich eigentlich jung genug fühlen würdest, um noch einmal aktiv beim Fernsehen mitzumischen.
Heute wissen wir es besser: Eine Zusammenarbeit mit dem Fernsehen kam nicht mehr zustande. Doch privat hast Du nichts «ausgelassen». Auch mit 52 Jahren warst Du noch ein höchst attraktiver Mann. Ich, damals 32-jährig, erlag Deinem Charme und Deiner Verführungskunst. Du warst ein wunderbarer Liebhaber – aber eigentlich kein Mann für eine feste Liebesbeziehung.
Anfang der 1990er-Jahre machtest Du mir einen Heiratsantrag, den ich nicht annahm, weil ich vermutete, Du wolltest mich damit von meinen Plänen abbringen, ein Jahr in der Dominikanischen Republik zu leben. Wir blieben uns aber über die 7600 Kilometer hinweg verbunden, telefonierten und schrieben uns regelmässig, und Du warst immer sehr besorgt und fürsorglich.
Ich weiss, es würde Dich freuen, zu wissen, dass ich in Deinem Todesjahr in der Dominikanischen Republik das Projekt «Musik übers Meer» startete. Wir fingen an, gebrauchte Musikinstrumente zu sammeln und schenkten sie benachteiligten Kindern auf der Karibikinsel. So bekamen sie eine Alltagsstruktur – Schutz vor Armut, Drogen, Kriminalität. Dir hingegen, lieber Mäni, sind die Strukturen in deinem Alltag mehr und mehr abhandengekommen, je älter Du wurdest. Als Mäni national hattest Du alles, was Du wolltest: Erfolg, Luxus, Frauen. Verloren hast Du dabei jedoch Dich selber. Um den grossen Anforderungen bei der Radio- und Fernseharbeit zu genügen, begannst Du schon in den Fernsehjahren, Dich tagsüber mit Amphetaminen aufzuputschen und abends mit Schlafmitteln zur Ruhe zu bringen.
Als 1977 die Fernsehscheinwerfer erloschen, verlorst Du einen wesentlichen Teil des Einkommens. Deine Geldprobleme führten schliesslich dazu, dass Du 1990 Deine Fünfeinhalbzimmerwohnung aufgeben musstest und bis zu Deiner Frühpensionierung und dem Wegzug von Basel nach Weggis 1995 wieder bei Deiner Mutter im ehemaligen Kinderzimmer wohntest.
Du hattest in den Jahren, in denen ich mit Dir verbunden war, viele dunkle Stunden. Mit Alkohol und Medikamenten versuchtest Du, ihnen zu entfliehen. Das wiederum führte zu gesundheitlichen Zusammenbrüchen. Du hast gelitten, und es war für Dich jedes Mal ein grosser Kraftakt, Dir nach aussen nichts anmerken zu lassen. Dein Tod vor zehn Jahren war für Dich eine Erlösung.
Aber mich macht es traurig, dass es Dich nicht mehr gibt.
Deine Cornelia