Das Zirkuszelt in Rapperswil SG ist abgebaut, die Artisten sitzen in ihren Wohnwagen, die Proben sind eingestellt. «Dies mussten wir so tun. Den nahen Körperkontakt zwischen den Artisten können wir aktuell nicht verantworten», sagt Knie-Patron Freddy Knie junior (73). Er sei erstaunt, wie gut bei ihnen allen Social Distancing funktioniert. «Beim Essenholen müssen alle einen Abstand von drei Metern einhalten. Alles wird immer desinfiziert, die Hände regelmässig gewaschen. Ich freue mich sehr, dass sich alle diszipliniert daran halten», sagt Knie.
Weniger Freude herrscht, wenn er auf die Tournee schaut. Seit dem ursprünglich geplanten Tourauftakt vom 19. März bis zum 3. Juli fallen insgesamt 15 Städte aus.
Diese Städte sind betroffen:
- Rapperswil
- Schaffhausen
- Frauenfeld
- Wil
- Winterthur
- Buchs SG
- Chur
- Kreuzlingen
- Glarus
- St. Gallen
- Zürich
- Wettingen
- Basel
- Delémont
- Neuchâtel
Was bedeutet das für den Nationalcircus finanziell? Gegen 150'000 Besucher bleiben weg, die Ticketpreise variieren zwischen 20 und 80 Franken. Bei einem Durchschnittspreis von 50 Franken sind das 7,5 Millionen. Alle, die ihre Tickets bereits gekauft haben, können diese mit einem Aufwandabzug von 5 Franken pro Ticket zurückgeben.
Knie junior will keine Zahlen kommentieren. «Dafür sind die Zusammenhänge zu komplex», sagt er und ergänzt: «Es tut auf jeden Fall enorm weh. Wir haben auch Kurzarbeit für die Mitarbeitenden beantragt. Aber es geht uns wie so vielen anderen. Existenziell sind wir noch nicht bedroht. Dies vorausgesetzt, dass wir die Tournee überhaupt machen können, die dann viereinhalb Monate dauern würde und nicht knapp acht.»
Die Artisten halten sich mit Joggen fit
Die Stimmung untereinander sei ausgesprochen gut. «Viele Artisten, die aus dem Ausland kommen, wissen, dass es in ihren Herkunftsländern teils noch viel schlimmer steht. Wir haben keine Ausgangsperre. Sie halten sich mit Joggen fit, an den Gym-Geräten, für die Trapez-Künstler haben wir eine Slackline installiert. Zum Glück können sie sich einzeln immer noch frei bewegen.» Er ist sicher, wäre die Situation nur in der Schweiz so, wäre es für viele schlimmer als jetzt. Und sie hätten durch das gute Einvernehmen mit der Stadt Rapperswil keinen Druck, ihren grossen Wagenpark mit 250 Angestellten zu verschieben. «Wir sind sehr dankbar, können wir hier bleiben, bis es losgeht.»
Auch die grosse Hoffnung der artistischen Direktorin Géraldine Knie (47) stirbt zuletzt. «Wir sehen unsere Arbeit darin, die Menschen für zweieinhalb Stunden in eine andere, faszinierende und schöne Welt zu entführen. Ich denke, das ist heute wichtiger denn je. Und hoffentlich auch bald gefragter denn je.»