Ein Kaiser für die Frauen
Naruhito ist Japans neuer Regent

Naruhito wurde gestern in Tokio als neuer Kaiser Japans inthronisiert. Er ist der erste japanische Thronfolger, der im Ausland studieren durfte, und setzt sich für offenes Denken sowie Gleichberechtigung für die Frauen ein.
Publiziert: 22.10.2019 um 23:17 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2019 um 08:32 Uhr
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Am 1. Mai 2019 bestieg Naruhito den Chrysanthementhron. Gestern wurde seine Inthronisierung gefeiert.
Foto: keystone
Flavia Schlittler

Die älteste Monarchie der Welt geht mit Naruhito (59) neue Wege. Gestern feierten 2000 geladene Gäste die Inthronisierung des neuen japanischen Kaisers in der Hauptstadt Tokio. Vertreter aus 190 Ländern waren zugegen, darunter royale Häupter, Staatspräsidenten, Fürsten – und auch Bundesrätin Viola Amherd (57) nahm an der traditionellen Zeremonie teil.

Naruhito trug bei seiner Thronbesteigung eine mehr als tausend Jahre alte Tracht. Der Monarch möchte sich in nationaler wie auch internationaler Offenheit zeigen und sich für die Gleichberechtigung der Frau einsetzen. Selbstbewusst steht seine Gattin, Kaiserin Masako (55), bei Staatsempfängen neben ihm – und nicht, wie es bei ihren Vorgängerinnen Pflicht war, mindestens einen Schritt hinter ihrem Mann. Auch darf sie ihren Mann in der Öffentlichkeit ansprechen – in der japanischen Königshistorie war dies bis anhin verpönt.

Der 126. Tenno, so heisst der Kaiser auf Japanisch, war der erste Kronprinz, der im Ausland studieren durfte. Über die zwei Jahre an der Universität Oxford sagte er später, es sei die glücklichste Zeit seines Lebens gewesen. Er habe sich zum ersten Mal in seinem Leben frei gefühlt. Er sei mit dem Velo in der Stadt zum Einkaufen gefahren und habe auch gelernt, «selbst zu denken, zu entscheiden und Dinge in die Tat umzusetzen», wie er an einer Medienkonferenz sagte. Kaiserin Masako wiederum besuchte die US-Eliteuniversität Harvard und stand vor einer vielversprechenden Diplomatenkarriere.

Der Druck, einen Thronfolger zu gebären, war sehr gross

Doch sie entschied sich, ihrem Land, ihrem Gatten und dem Kaiserhaus zu dienen. Sie stand unter grossem Druck, nach Tochter Aiko (17) einen männlichen Thronfolger zu gebären, was nie passierte. Die letzten Jahre zog sie sich zurück. Die Rede war von Depressionen infolge einer Anpassungsstörung im Zusammenhang mit ihrer neuen Rolle. Ihr Mann nahm sie öffentlich in Schutz. «Sie hat mit grosser Kraft versucht, sich der kaiserlichen Familie anzupassen», sagte er. Gestern lächelte sie. Es ist ein starkes Paar, das auch von Europas Hochadel gefeiert wird.

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