Baby Archie erhielt den Segen
Taufen in der Schweiz sind massiv rückläufig

Archie Harrison Mountbatten-Windsor – Sohn von Herzogin Meghan (37) und Prinz Harry (34) – wurde gestern Samstag auf Schloss Windsor getauft. In der Schweiz sind die Taufzahlen seit Jahrzehnten rückläufig. Gründe sind u. a. der Geburtenrückgang und die Überalterung.
Publiziert: 07.07.2019 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2019 um 11:06 Uhr
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Dieses Familienfoto teilten Harry und Meghan auf Instagram.
Foto: Chris Allerton/SussexRoyal
Dominik Hug/Jean-Claude Galli aus Windsor, Grafschaft Berkshire, UK

Nur gerade die engsten Freunde und Familienmitglieder waren gestern Nachmittag dabei, als Baby Archie (zwei Monate) getauft wurde. Zur grossen Feier für ihren Sohn begrüssten Prinz Harry (34) und Meghan (37) unter anderen Prinz William (37) und Herzogin Kate (37) sowie Herzogin Camilla (71) und Prinz Charles (70). Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby (63), leitete die Zeremonie in der Privatkapelle von Schloss Windsor. Dort, wo Harry und Meghan im vergangenen Jahr geheiratet haben.

Mit der Taufe wird Archie automatisch Mitglied der Church of England und Teil der Anglikanischen Kirche. In den frühen 80er-Jahren wiesen sich noch 40 Prozent der Bevölkerung von Grossbritannien als Teil dieser Kirche aus, mittlerweile ist die Zahl auf 14 Prozent abgesackt, die Taufzahlen sind ähnlich rückläufig.

Taufzahlen in der Schweiz stark rückläufig

In der Schweiz ist das Bild vergleichbar. 2017 gab es bei den Reformierten knapp 12'000 Taufen, 1980 waren es mit 26'000 noch über doppelt so viele gewesen. 1960 gar 40'000. Bei den Katholiken waren es 2017 immerhin 19'000 Personen, dies bei total rund 85'000 Neugeborenen. Innerhalb von 25 Jahren gingen die Taufen bei den Reformierten um 50 Prozent zurück und um 40 Prozent bei den Katholiken, wie Zahlen des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) belegen.

Geburtenrate ist massgebend

Institutsleiter Arnd Bünker (49) sagt zu den Gründen für den Rückgang: «Insgesamt ist die Zahl der Geburten in der Schweiz seit Jahren niedrig, was sich auch auf die Taufzahlen auswirkt. Zudem nimmt die Zahl der Konfessionslosen ebenso wie die Zahl der in anderen Gemeinschaften als den grossen Kirchen Beheimateten zu, sodass der Anteil der katholischen oder reformierten Familien zurückgeht – und damit auch die Zahl der Taufen.» Doch seien die Dynamiken komplex und liessen sich nicht auf einfache Nenner reduzieren.

Hang zum Individualismus wirkt sich aus

Nebst einer grundsätzlichen Überalterung der Kirchen und der Veränderung der Religionslandschaft gibt es aber auch anders gelagerte Gründe für Eltern, ihr Kind nicht mehr taufen zu lassen. So als bedeutende Komponente den zunehmend spürbaren Hang zum gesellschaftlichen Individualismus. «Tradition und Erwartungen der eigenen Ursprungsfamilie sind nicht mehr so wichtig wie früher. Man will, dass das Kind später frei entscheiden kann, ob es getauft wird», beschreibt es die reformierte Pfarrerin Catherine McMillan (57) aus Dübendorf ZH.

Fehlender Kontakt zum christlichen Glauben

Manchmal habe sie Kinder und junge Erwachsene getauft, die explizit danach gefragt hätten. «Aber dies kommt selten vor, weil die meisten Kinder heute kaum mit dem christlichen Glauben in Kontakt kommen, wenn sie nicht getauft oder die Eltern nicht aktiv sind. Oder sie genieren sich.»

Eltern, die Zweifel hätten, ihr Kind zu taufen, erkläre sie den Sinn der Zeremonie folgendermassen: «Die Taufe ist ein Akt, der sagt: Du gehörst dazu.» Gottes Gnade komme in der Taufe eines Säuglings besonders stark zum Ausdruck, weil ein Kind die Zugehörigkeit nicht verdienen könne. «Es muss kein Bekenntnis sprechen und nichts leisten. Gottes bedingungslose Annahme ist ein Geschenk. Sie gibt dem Leben Halt und Boden», glaubt McMillan.

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