Die Nachricht verbreitete sich auf der ganzen Welt in Windeseile: Queen Elizabeth II. (†96) verstarb am letzten Donnerstagnachmittag auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral. Seither wurde sie dort, in Edinburgh und in London aufgebahrt. Für die letzte Reise der Queen mussten auch am Leichnam der Monarchin spezielle Vorkehrungen getroffen werden. Bei dieser langen Dauer bis zur Beisetzung am nächsten Montag, 19. September 2022, auf Schloss Windsor, sei eine Einbalsamierung nötig, vermutet die Bestatterin Myriame Marti (43) aus Lausanne.
Marti ist spezialisiert auf die Thanatologie. Dies beinhaltet nicht nur die Herrichtung von toten Körpern für die offene Aufbahrung, sondern auch die Verzögerung des Zersetzungsprozesses, wie es wohl auch bei Queen Elizabeth II. passiert ist. Um die Verwesung des Körpers hinauszuschieben, wird dem Leichnam eine formaldehydhaltige Flüssigkeit gespritzt. «In den meisten Fällen wird der Zersetzungsprozess damit um zwei Wochen verschoben», so Marti. «Je nach Menge der Flüssigkeit gibt es aber auch längere Zeitspannen.» Ein prominentes Beispiel dafür ist der in Moskau aufgebahrte Lenin (1870–1924), dessen Körper einmal pro Jahr behandelt wird und auch rund 98 Jahre nach seinem Tod für die Öffentlichkeit zu sehen ist.
Einbalsamierungen in der Schweiz selten
Anders als in der Schweiz sei die Anwendung der Einbalsamierung in Grossbritannien nicht selten, erklärt Marti weiter. «Weil dort einige Ämter die Körper sehen müssen, geht es länger als in der Schweiz, bis die Familie eine Aufbahrung durchführen kann», sagt sie. «Um den Körper der verstorbenen Person in einem schönen Zustand zu erhalten, führt man die Thantopraxilie durch.» In der Schweiz reiche es meist aus, den Leichnam zu kühlen. Sie selbst führt täglich Einbalsamierungen durch, da sie darauf spezialisiert ist.
Dieser Vorgang werde hier vor allem bei Auslandstransporten angewendet, erklärt die Bestatterin weiter. «Beispielsweise wenn ein Leichnam in ein anderes Land gebracht werden muss und es länger dauert, bis die Bestattung durchgeführt werden kann.» Auch bei einem Herzinfarkt oder nach einer Krebserkankung, wenn sich der Körper verfärbt, werde das Verfahren angewendet. Die Farbe normalisiere sich anschliessend.
Bis zum nächsten Montagmorgen um 6.30 Uhr wird der Sarg der Queen in der Londoner Westminster Hall aufgebahrt. Rund um die Uhr kann das britische Volk bis dahin von der britischen Monarchin Abschied nehmen. Eine Einbalsamierung sei auch da trotz des geschlossenen Sarges von Vorteil. Marti: «Sonst würde es irgendwann unangenehm riechen.» (imh)