In seinen Projekten verschränke Rau Welt und Kunst, schrieb der Kanton St. Gallen am Montag in einer Mitteilung. Seine Projekte bewegten sich nicht nur stets auf der Höhe der drängendsten Zeitfragen, sie verliessen auch immer wieder die Komfortzone des Kunstbetriebs und gingen an die Brennpunkte globaler Auseinandersetzungen.
Die St. Galler Kulturstiftung ehrt den St. Gallen aufgewachsenen Regisseur und Kunsttheoretiker mit dem Grossen Kulturpreis, «weil er sich seit Jahren immer wieder einmischt und seine Finger mitten in die Wunden legt, die erst dann heilen können, wenn der Grund der Verletzung klar ist und sich direkt oder indirekt Betroffene dazu äussern können».
Im bis heute anhaltenden Dokumentarfilmprojekt «Kongo Tribunal» etwa versammle Rau in Bukavu 60 Opfer, Täter, Zeugen und Analytiker des Kongokriegs zu einem einzigartigen zivilen Volkstribunal im Ostkongo. Erstmals in der Geschichte dieses zwanzigjährigen Krieges lässt er dort drei Fälle exemplarisch verhandeln.
In neueren Projekten arbeitet er mit klassischen Stoffen und Formen, wie der Tragödie, der Passion und der Oper. In «Orestes in Mossul» (2019) probt und spielt Rau die antike Tragödie mitten in den Trümmern der vom Islamischen Staat besetzten irakischen Millionenstadt Mossul.
Die Auseinandersetzung mit dem Freiheitsbegriff wird im Zentrum seiner Regiearbeit Wilhelm Tell von Friedrich Schiller am Schauspielhaus Zürich stehen, welches am 23. April 2022 Premiere auf der Pfauenbühne feiern wird.
Neben seinen Arbeiten für Bühne und Film leitet Rau seit 2018 das Theater NTGent in Belgien und ist ein gefragter Kolumnist und Essayist sowie Dozent für Regie, Dramatik und Kulturtheorie an verschiedenen Universitäten und Kunsthochschulen. Trotz seiner internationalen Karriere sei Rau immer noch mit der Stadt St. Gallen verbunden, schreibt der Kanton weiter.
Der Grosse Kulturpreis wird in der Regel alle drei Jahre verliehen. Die Preisverleihung findet am 17. November in der Lokremise St. Gallen statt. Anlässlich dieser Verleihung zeigt die Kunst Halle Sankt Gallen vom 18. bis 20. November eine Ausstellung zur filmischen, theatralen und aktivistischen Arbeit von Milo Rau.
(SDA)
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