Produzent Georges Kern im Interview über seinen ersten Film «Mon chien Stupide»
«Qualität ist mir wichtiger als der kommerzielle Erfolg»

Im Zentrum von «Mon chien Stupide» steht der in einer Krise steckende Autor Henri Mohen, gespielt von Yvan Attal, der auch Regie führte und das Drehbuch schrieb. Das auf dem Roman von John Fante basierende Werk ist das Debüt von Manager Georges Kern als Filmproduzent.
Publiziert: 23.10.2019 um 22:55 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2020 um 20:14 Uhr
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Georges Kern, Produzent von «Mon chien Stupide», im Porträt.
Foto: David Willen/Tania Willen/Studio Willen
Interview: Jean-Claude Galli

Mit «Mon chien Stupide» hat der aus der Luxusgüterindustrie bekannte Georges Kern (54) seinen ersten Spielfilm als Produzent realisiert. BLICK sprach mit dem Schweizer Unternehmer und Manager über seine Leidenschaft fürs Kino, über Hunde, Kultbücher und die richtige Musik.

Herr Kern, der eigentliche Hauptdarsteller Ihres Films ist ein Hund. Mögen Sie selber Hunde?
Georges Kern:
Ich bin ein grosser Hundeliebhaber. Ich habe nun meinen dritten Hund, den ersten hatte ich schon als Kind. Es stimmt, was man über Hunde sagt. Hunde bringen Lebensfreude, Glück und Ruhe in die Familie. Aber natürlich sind Hunde auch wie ein Baby, man muss sich um sie kümmern.

Was haben Sie jetzt für einen Hund?
Einen ganz kleinen, einen Havaneser. Er wiegt unter sieben Kilo. Den können sie gut transportieren, auch im Flugzeug. Wir wollten einen Hund, den man überallhin mitnehmen kann. Und Havaneser verlieren keine Haare wie andere Hunde, so bleibt das Sofa stets sauber. Er heisst Charlie. Ich erwähne ihn auch in meinen Verdankungen im Abspann meines Films, nach meiner Familie.

Wie würden Sie Ihren Erstling gattungsmässig einordnen? Ist es wirklich eine Komödie, als die er beschrieben wird?
Er ist das Resultat eines jahrelangen Prozesses. Ursprünglich habe ich den Film mit Marc Forster entwickelt. In den USA ist die Finanzierung für unabhängige Filme jedoch ganz schwierig. Marc nahm dann seinen Disney-Film «Christopher Robin» in Angriff, und ich sagte ihm, dass ich «Mon chien Stupide» in Frankreich umsetzen würde. Ursprünglich war es eher eine Komödie, jetzt ist daraus eine Drama-Comedy entstanden. Der Film hat mit Yvan Attal als Regisseur und Hauptdarsteller eine andere Tonalität bekommen als im englischen Script.

Und es ist ein sehr «französischer» Film geworden …
In Frankreich versucht man diesen Film seit 20 Jahren zu realisieren; mitunter auch der bekannte Regisseur Claude Berri. Sie alle konnten den Film nicht umsetzen, da sie die Rechte nicht bekommen haben. Die gehörten Peter Falk, dem legendären «Columbo»-Darsteller, der 2011 verstorben ist. Schliesslich habe ich nach intensiven Bemühungen die Rechte bekommen, und die Leute in Frankreich waren begeistert, dass jemand mit Sinn für ihre Kultur diese Rechte besass. Dann ging alles sehr schnell. Das Buch kennt in Frankreich jeder. Die Herausforderung war, einen in Kalifornien spielenden Roman auf französische Verhältnisse anzupassen. Es ist ein ganz anderes Setting. Die Kritiken sind nun überwältigend gut, die Leute lieben den Film. Es ist ein typisch französischer Film. Aber das soll er ja auch sein. Und Peter Falk wird selbstverständlich im Abspann gewürdigt.

Hilfreich für die starke Wirkung ist sicher, dass Yvan Attal und Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg auch privat liiert sind?
Definitiv. Yvan und Charlotte sind seit Jahrzehnten ein Paar und haben gemeinsam drei Kinder, wovon ein Sohn auch im Film mitwirkt. Es ist ein sehr persönlicher Film für Yvan und Charlotte, die sich im Film selber spielen.

Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit als Produzent konkret vorgegangen, was war Ihnen wichtig?
Ich habe mit drei Regisseuren in Frankreich gesprochen und liess drei Drehbücher ausarbeiten. Ich habe mich zu Beginn viel mit Arthur Cohn über den Stoff unterhalten. Er hat mir gesagt, ich würde zwei Jahre brauchen, um ein einigermassen gutes Drehbuch zu bekommen. Sie können die tollsten Schauspieler und den tollsten Regisseur haben: Wenn das Drehbuch nichts taugt, wird auch der Film ein Reinfall. Ich habe zuerst noch geschmunzelt, aber er behielt recht. Mit Yvan hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl. Ich habe ihm gesagt, dass ich losgelöst von den Kosten und einem allfälligen finanziellen Erfolg einen qualitativ hochstehenden Film möchte, weil ich seit zwanzig Jahren in der Luxusgüterindustrie bin und dort ebenso wertige und qualitativ hochstehende Produkte anstrebe. Ich kann mir keinen primitiven Film leisten und will es auch nicht. Qualität ist mir wichtiger als der kommerzielle Erfolg.

«Mon chien Stupide» lebt auch von der grandiosen Musik ...
Da haben Sie völlig recht. Das ist das A und O. Die Musik spielt eine fundamentale Rolle in diesem Film. Und ist grundsätzlich sehr wichtig. Ich denke, 20 bis 30 Prozent am Erfolg eines Filmes machen seine Musik aus. Brad Mehldau ist einer der besten Jazzmusiker unserer Zeit. Unglaublich, wie viel Ruhe er mit seiner Kunst in den Film bringt. Insbesondere in der Schlussszene ist die Musik entscheidend: Wir haben hier kaum Dialog, nur die Kamerabewegung, die zwei Protagonisten und den Sound. Ich hab den Film schon 20-mal gesehen und ich bin immer wieder aufs Neue ergriffen. Viele Leute, die den Film schon gesehen haben, haben mir gesagt, sie hätten am Schluss geweint. Die Idee, mit Mehldau zu arbeiten, kam übrigens auch von Yvan, die beiden haben schon 2001 und 2004 zusammengespannt.

Was haben Sie eigentlich als Kind im Kino gemocht?
Ich war Science-Fiction-Fan, «Star Trek», «Krieg der Sterne». Einer meiner absoluten Lieblings-Filme ist «Blade Runner» mit Harrison Ford. «Apocalypse Now» ist unglaublich stark, aber auch alle Filme mit Steve McQueen, insbesondere «Bullitt» oder «The Thomas Crown Affair». Ich war immer vom Kino fasziniert. Wenn ich früher beruflich in Hollywood weilte, ging ich gerne in die Hotels, wo die Stars waren und wo ihre Filme spielten. Ich fand dies sehr inspirierend auch für meine Arbeit.

Welches Genre mögen Sie gar nicht?
Horrorfilme. Und ich schaue mir keine Filme an, bei denen das Happy End fehlt. Deshalb hat unser Film auch ein Happy End im Gegensatz zum Buch. Das habe ich von Beginn weg auch zu Yvan gesagt: Ich will ein Happy End. Deshalb schrieben wir das Ende um.

Weshalb ist John Fante eigentlich so angesehen, was macht seinen Kultstatus aus?
Viele Bücher von ihm wurde ja schon verfilmt, nur sein letztes bis jetzt eben noch nicht. Die französische Übersetzung ist exzellent. Wir haben bis zu 40 Prozent der gesprochenen Texte im Film original von Fante übernommen, weil die Texte so sagenhaft gut geschrieben sind. Jeder Satz im Film sitzt, auch bei den Monologen. Es ist ein sehr lebensnahes Buch und immer noch extrem zeitgemäss, obschon es in den 1950er-Jahren spielt. Taufrisch. Das Alleinsein, die Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen. Die Angst, wenn die Frau oder die Kinder das gemeinsame Haus verlassen.

Wenn Leute ein Buch schon kennen, sind sie oft enttäuscht vom Film. Hatten Sie nicht Angst davor, solche Erwartungen zu enttäuschen?
Ich hatte in erster Linie grossen Respekt, insbesondere vor den Erwartungen der Menschen in Frankreich. Dort wird Fante vergöttert. Das war es, was mich beim Auswahlverfahren der Regisseure beschäftigte. Und deshalb entschied ich mich für Yvan, weil er diese Erwartungshaltung nachvollziehen konnte. Alle französischen Journalisten haben gefragt: Oh Gott, wie wollt ihr dieses Buch in Frankreich auf die Leinwand kriegen? Doch ich denke, das Resultat ist stimmig, es fliesst, es passt in die Zeit und nach Frankreich. Fantes Tochter Vicky hat vor Rührung geweint, als sie den Film mit uns zusammen am Fante-Festival in Italien gesehen hat.

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