Er gehört zu den witzigsten Schweizer Zeitgenossen. Doch zurück aus dem Lockdown, platzt Komiker-Legende Peach Weber (67) der Kragen. Er ärgert sich über die Wirtschaft vor und nach Corona, redet über die grosse Liebe und die Maskenpflicht seiner Gartenzwerge.
BLICK: Peach Weber, kennen Sie einen Corona-Witz?
Peach Weber: Ich habe in der ganzen Zeit keinen einzigen lustigen gehört. Es gab Witze über das WC-Papier, es gab viele Filmli über die Situation zu Hause, da waren wirklich einige lustige darunter – meistens aus Italien. Aber über das Virus oder die zum Teil schlimmen Folgen ist mir nichts zu Ohren gekommen.
Darf man über Covid-19 also auch mal lachen?
Man darf auf jeden Fall über die harmloseren Folgen wie Homeschooling oder Homeoffice Witze machen. Doch die Bilder aus den Spitälern in Bergamo gaben keinen Anlass, Spässe zu machen.
Sie leben mit vielen Zwergen im Garten. Sind Sie sicher, dass keiner infiziert wurde?
Ich habe natürlich frühzeitig den Abstand zwischen ihnen vergrössert, ihnen so Gesichts-Pampers verpasst, und sie durften den Garten nicht verlassen.
Ihre Komiker-Kollegen Marco Rima und Stefan Büsser haben ja ganz ernsthafte Debatten zum Virus geführt. Sie haben geschwiegen. Warum?
Den Film von Büssi mit Unteregger, den fand ich gut gemacht, weil er Informationen humorvoll verpackt hat. Sonst habe ich von Komiker-Kollegen nicht viel Erleuchtendes gesehen. Ich glaube auch nicht, dass wir Komiker die richtigen Leute sind, die Arbeit des Bundesrats und der Virologen zu bewerten. Diese Leute mussten in einer unbekannten Situation Entscheidungen treffen und haben es, das ist meine Meinung, nach bestem Wissen und Gewissen getan. Im Nachhinein alles besser gewusst zu haben, ist ein Zeichen für eine gewisse Jämmerlichkeit.
Wen meinen Sie damit?
Ich denke an die Politiker, die schon nach drei Tagen die Session abbrechen wollten, damit sie nach Hause zum Mami fahren können. Und dann, kaum sieht man Licht am Ende des Tunnels, aus den Löchern kriechen und laut herumpupen, was sie alles besser gemacht hätten. Ich wiederhole mich: jämmerlich!
Wie hat Sie die Situation selbst getroffen?
Ich hatte das Glück, dass ich sowieso geplant hatte, zwischen März und Juni das neue Programm «Gäxplosion» zu schreiben. Deshalb habe ich in dieser Zeit nur wenige Auftritte angenommen, davon wurde nur einer abgesagt, die anderen verschoben, sie sind also nicht verloren. Privat habe ich natürlich meine Tochter und Freunde lange nicht gesehen, aber der Mensch hatte ja noch nie so viele Kommunikationsmittel wie heute.
Was hat Sie in der Lockdown-Zeit am meisten überrascht?
Dass wir eine Wirtschaft herangezüchtet haben, die schon nach einer Woche vermeintlich kurz vor dem Konkurs steht. In guten Zeiten allen Gewinn als Boni und Dividenden zum Fenster rauswerfen und nach ein paar Tagen Krise schon den Rockzipfel des Staates fordern. Und das, nachdem viele Firmen vorher grossartig gefordert haben, der Staat solle sich aus der Wirtschaft heraushalten, er verstünde nichts davon, der Markt werde alles richten. Mit Verlaub gesagt: Vielleicht ist der Markt ein Idiot?
Was wollten Sie als Erstes tun nach den ersten Lockerungen?
Da ich ein schlechter Koch bin, war ich froh, endlich wieder mal in einem meiner Lieblingsrestaurants essen zu können und die Arbeit durch Fachleute erledigen zu lassen.
Stichwort Essen: Übergewicht und ein Alter von über 65 gehören ja zu Risikofaktoren. Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen – Letzteres trifft ja auf Sie zu. Hatten Sie nie Angst?
Richtig Angst hatte ich nie, aber ich war sehr vorsichtig und bin kein unnötiges Risiko eingegangen, denn mir war klar: Ich wäre für das Virus ein gefundenes Fressen gewesen, denn ich habe nicht nur diese zwei Risikofaktoren. Ich hätte garantiert keinen leichten Verlauf gehabt, darüber habe ich schon ernsthaft nachgedacht.
Konnten Sie Ihre Tochter Nina inzwischen wieder sehen?
Ja, das war natürlich eine grosse Freude, aber wir haben eine so gute Beziehung, dass wir auch längere Pausen gut überstehen. Schliesslich war sie mal neun Monate in China, und der alte Vater hat das, unerwarteterweise, gut überstanden.
Sie leben, so viel wir wissen, allein. Dabei weiss man, dass Komiker von Frauen heiss begehrt sind. Sehnen Sie sich nie nach jemandem an Ihrer Seite?
Ich war zwei Mal verheiratet, habe eine wunderbare Tochter, mehr kann man nicht erwarten. Alles, was kommt, ist das Dessert, und ich kann Ihnen versichern, ich habe alles, was ich brauche.
Müsste eine Frau über Ihre Programme lachen können?
Es muss niemand über meine Programme lachen können, das ist alles freiwillig. Humor ist Geschmackssache. Mir ist es eigentlich wurst, was selbsternannte Experten dazu meinen. Ich biete etwas an, und wenn die Säle voll sind und 600 Leute zwei Stunden gelacht haben, habe ich meinen Job gut gemacht. Sollte das einmal nicht mehr der Fall sein, müsste ich halt zum Berufsberater, aber der würde wohl an mir scheitern.
SRF zeigt am Sonntag Ihr Programm «iPeach». Darin geht es auch um die digitale Kommunikation, die wir jetzt im Homeoffice verinnerlicht haben. Waren Sie Ihrer Zeit voraus?
Ich war zwar einer der Ersten in unserer Branche, der sich eine Homepage basteln liess, und ich habe sie praktisch so gelassen, wie sie damals entstand. All die Modetrends mit Bling-Bling und so habe ich nicht mitgemacht. Ich stelle ab und zu etwas auf meine Facebook-Seite, bin aber wahrscheinlich der Einzige, der selbst niemandem folgt. Ich lese auch keine Kommentare, ich registriere nur, wie viele Leute es gemocht haben, fertig.
Sind Ihre Pausbacken noch etwas voller geworden während des Lockdowns?
Nein, ich habe schlauerweise alles Fett in die Füdlibacken geleitet, da sieht man es weniger. Abgesehen davon kann man scheinbar allein durch die Präsentation eines dicken Füdli Millionen machen. Da eröffnen sich mir ganz neue Möglichkeiten.
Peter «Peach» Weber kam 1952 in Wohlen AG zur Welt. Er ist ausgebildeter Primarlehrer. Seit 40 Jahren bringt er die Schweiz mit seinen Programmen und Tonträgern zum Lachen. Sein Markenzeichen: Dächlikappe, Gitarre und Notenständer. Am Sonntag zeigt SRF 1 um 21.45 Uhr den ersten Teil seiner 15. Bühnenproduktion «iPeach». Weber war zwei Mal verheiratet. Aus der Ehe mit Tele-Züri-Wetterfee Jeannette Eggenschwiler stammt seine 22-jährige Tochter Nina.
Peter «Peach» Weber kam 1952 in Wohlen AG zur Welt. Er ist ausgebildeter Primarlehrer. Seit 40 Jahren bringt er die Schweiz mit seinen Programmen und Tonträgern zum Lachen. Sein Markenzeichen: Dächlikappe, Gitarre und Notenständer. Am Sonntag zeigt SRF 1 um 21.45 Uhr den ersten Teil seiner 15. Bühnenproduktion «iPeach». Weber war zwei Mal verheiratet. Aus der Ehe mit Tele-Züri-Wetterfee Jeannette Eggenschwiler stammt seine 22-jährige Tochter Nina.
Wie digital sind Sie persönlich?
Ich bin als Teilnehmer dieser Welt auf dem digitalen Existenzminimum, ich habe ein Smartphone, das ich nur zum Telefonieren und Whatsappen benütze, und einen Compi, mit dem ich arbeite. Daneben habe ich aber tatsächlich auch noch eine Schreibmaschine und Kassetten, mit denen ich auch gewisse Arbeiten erledige. An alle unter 30: Bei Google seht ihr, was das war.
Apropos Zwerge: In Ihren Bilderbüchern mit «Stolperli» greifen Sie auch aktuelle Themen auf. Trägt er im nächsten Abenteuer einen Mundschutz?
Wer weiss, ich glaube aber nicht. Der nächste Band wird wahrscheinlich erst nächstes Jahr erscheinen, und da hoffe ich, dass das Problem dann nicht mehr so akut ist. Zudem ernähren sich die Zwerge sehr gesund mit Zwergenkraut-Tee und Blüemli-Suppe, das stärkt das Immunsystem.
Sie wollen ja sicher wieder live auftreten. Haben Sie sich überlegt, wie Sie das machen wollen, ohne sich zu gefährden?
Da bin ich gespannt. Mein Veranstalter hat mal eine erste Tour ab Mitte Oktober geplant. Ich habe jedoch noch nichts von einem Schutzkonzept für Veranstaltungen mit 300 bis 1000 Besuchern gehört. Aber der Plan liegt in der Schublade und kann jederzeit aktiviert werden.
In sieben Jahren wollen Sie ja Ihren definitiven Abschied im Hallenstadion geben. Versprechen Sie uns, dass Sie bis dahin überleben?
Ich verspreche gar nichts, ich lasse mich nicht zum Überleben zwingen, das bestimmen andere Faktoren. Ich werde auch nicht ab sofort nur noch Haferflocken und Kräutertee zu mir nehmen. Es kommt, wie es kommt, und bis jetzt kam es immer gut. Das ist mein Urvertrauen.
Es gibt also keine zweite oder dritte Welle?
Die Sache ist garantiert noch nicht ausgestanden. Wenn wir aber, von Angst hypnotisiert, gar nichts mehr machen, hilft das niemandem. Pessimisten haben noch nie die Welt zum Guten verändert!
Apropos Wellen: Fahren Sie diesen Sommer ans Meer?
Ich bin in den letzten 20 Jahren praktisch nicht mehr gereist. Erstens, weil ich generell am liebsten zu Hause bin. Und zweitens, weil mir die Entwicklung mit der idiotischen Herumfliegerei, nur weil es dreckbillig ist, schon lange auf den Geist geht. Was soll das? Keine Kerosinsteuer, sinnlose Kurzstreckenflüge, blödsinniger Preiskampf, nur damit jeder für 30 Franken nach Bali fliegen kann. Der Massentourismus hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum sinnlosen Transport von Menschenfleisch hinbewegt.
Also Ferien mit den Zwergen im Garten?
Ja, viele Leute mussten ja zuerst mal herausfinden, wie das genau geht, «zu Hause bleiben». Wir leben aber doch in einem der schönsten Länder der Welt. Geniessen wir doch die Schönheiten vor der Haustür!