Für das Treffen schlägt der griechische Schlagerstar Nana Mouskouri (83, «Weisse Rosen aus Athen», «Guten Morgen, Sonnenschein») das Hotel Alpha Palmiers in Lausanne vor. In der Lobby sitzt eine stilvolle Dame, die so viele Platten weltweit verkauft hat, dass nur Popstar Madonna (59) sie toppen kann. Trotzdem gibt es keinen Anschein von Starallüren. BLICK trifft eine Grande Dame, die viel aus ihrer über 50-jährigen Bühnenkarriere zu erzählen hat.
BLICK: Frau Mouskouri, zehn Jahre nach Ihrem Abschiedskonzert in Athen sind Sie immer noch unterwegs. Haben Sie nie genug von der Bühne?
Nana Mouskouri: Nein. Eines meiner grossen Vorbilder war Marlene Dietrich, sie war 73 Jahre alt, als sie aufgehört hat aufzutreten. Also dachte ich, das sei ein gutes Alter, um aufzuhören. Ich dachte, ich könnte mein Leben nach meinem letzten Konzert in Athen gut gestalten, aber irgendwie ging das nicht. Mir war total langweilig, ich wusste nicht mehr, wo ich war. Ohne Bühne verzweifle ich. Sie war für mich nicht nur ein Ort, wo ich aufgetreten bin, sondern, wo ich mich als Künstlerin frei fühlte, mich ausdrücken und präsentieren konnte. Das Publikum war schon immer mein Leben, es wärmte und stärkte mich. Und plötzlich, nach meinem letzten Auftritt, fühlte ich mich allein und wertlos.
Und dann dachten Sie an die Rückkehr auf die Bühne?
Ich suchte natürlich nach einem guten Grund, sonst hätten einige ja gelacht, weil ich mein Wort nicht gehalten habe. Also brauchte ich immer eine Entschuldigung, um auf die Bühne zurückzukehren. Die erste war der 50. Geburtstag von «Weisse Rosen aus Athen» im Jahr 2011, die zweite einige Jahre später zu meinem achtzigsten Geburtstag.
Wann setzen Sie sich zur Ruhe?
Nie. Ich glaube, sich zur Ruhe zu setzen, ist wie von der Welt zu gehen. Man lernt nicht mehr, wenn man nichts mehr zu tun hat. Die Bühne war immer mein Zuhause. Darum werde ich, solange ich es kann, auf der Bühne bleiben und neue Dinge kreieren. Momentan geht es mir sehr gut.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ich glaube, die hat jeder. Weil man nicht weiss, was kommt. Ich habe aber mehr Angst vor der Art, wie man stirbt und davor, meine Liebsten alleine zu lassen. Friedlich einschlafen im Alter ist normal, aber davor zu leiden, ist eine Ungerechtigkeit und schmerzvoll. Vor dem Leiden habe ich am meisten Angst.
Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Ja. Dass man eine Blume, eine Biene oder etwas Ähnliches wird. Viele Freunde von mir sind in der letzten Zeit gestorben: Leonard Cohen, Johnny Hallyday und viele mehr. Was mich wieder aufgebaut hat, war die Vorstellung, dass sie sich jetzt treffen und sich sehen. Und ich hoffe, dass sie von mir Grüsse ausrichten.
Vor über 50 Jahren zogen Sie in die Schweiz. Wo fühlen Sie sich zu Hause?
Mein Zuhause ist Genf, aber ich bin immer Griechin geblieben und identifiziere mich mit beiden Orten. Wenn ich im Sommer nach Griechenland fahre, vermisse ich die Schweiz. Frankreich hingegen ist der Ort, wo ich am meisten gearbeitet habe. Ich habe mein Leben in der Schweiz aufgebaut, meine Kinder sind hier geboren, und ich war die längste Zeit hier.
Was schätzen Sie an unserem Land?
Alles ist sehr sauber und diszipliniert. Wir brauchen alle Disziplin, nichts im Leben kann ohne Disziplin gemacht werden. Und das Land ist sehr fair und repräsentiert für mich den Frieden, weil die Schweiz nicht in Kriegen mitmischt. Das war auch ein wichtiger Grund für mich, hierher zu ziehen.
Die Brille wurde zu Ihrem Markenzeichen. Wie kam das?
Das wollte ich eigentlich nie. Als ich als elfjähriges Mädchen meine Brille bekam, lachten mich alle aus. Und ich habe entschieden, dass ich sie genau deswegen immer tragen werde. Bei Fernseh- und Fototerminen haben aber dann immer alle gesagt, dass es ein Problem sei wegen der Spiegelung vom Licht. Harry Belafonte wollte auch, dass ich auf dem Foto und auf der Bühne mit ihm die Brille nicht trage, aber ich sagte, dass ich das nicht mache. Und er hat es akzeptiert.
Heute sind Brillen trend.
Ja, ich liebe es! Ich finde es toll, alle jungen Menschen zu sehen, die Brillen mit stolz tragen. Am Anfang waren es nur Elton John, der Pariser Michel Polnareff und ich, die öffentlich Brillen getragen haben. Aber ich hatte wegen der Brille wirklich gelitten und das in ganz Europa.
Wie viele Modelle besitzen Sie?
Sehr viele. Ich habe viele nur zum Spass gekauft, getragen habe ich trotzdem immer eckige Modelle, weil sie zu meinem Gesicht passen.
Von 1994 bis 1999 sassen Sie als Abgeordnete im Europa-Parlament, allerdings nur für eine Amtszeit.
Das war ein Abenteuer, das ich nie gesucht habe. Aber es war toll, ich habe viel gelernt und viele Freunde gefunden. Aber ich hätte das nicht länger als eine Amtszeit machen können, sonst hätte ich mit dem Singen runterfahren müssen. Es war alles sehr offiziell, und ich glaube, ich habe dort auch einen guten Job gemacht. Aber ich wollte Sängerin bleiben.
Nana Mouskouri tritt im Rahmen ihrer «Forever Young»-Tour am 12. März 2018 im KKL Luzern auf. Tickets gibts bei Ticketcorner.