Ihre Finger tippen auf bunte, viereckige Tasten, die an John Travoltas Dancefloor in «Saturday Night Fever» erinnern. Es erklingen Töne, für die sonst ein Schlagzeug oder ein Klavier nötig wäre. Das Gerät, das sie ausspuckt, ist eines von vielen im Heimstudio/Wohnzimmer von Jasmin Peterhans.
Sensu, wie sich die Aargauerin als Künstlerin nennt, gewinnt am 28. Februar an den Swiss Music Awards in Luzern vielleicht einen Award als «Best Talent». Verbunden mit einem Förderpreis von Radio SRF 3 im Wert von 10'000 Franken. Noch vor einem Jahr sprach sie an der Aftershow-Party der SMAs mit einem Kollegen, ob es für jemanden wie sie überhaupt möglich wäre, «so einen Stein» zu gewinnen.
«Niemals», habe sie gesagt. Und sich gedacht, dass ihre Musik einfach nicht ins Konzept dieses Anlasses passe. «Ein Jahr später bin ich nominiert. Vor mir hat das noch keine Frau geschafft, die nur Musik produziert und nicht selbst singt. Das ist schon krass.»
Alles sehr soulig, warm, dramatisch
Sensus Sound: ein gut geöltes Zusammenspiel von langgezogenen Basslinien, synthetisierten Orgelklängen und verspieltem Schlagzeug-Gezirpe. Hip-Hop- treffen auf Elektro- treffen auf Dubstep-Beats. Genreübergreifend ist das Adjektiv dafür.
Auf der Hälfte der Songs ihres Debütalbums «Embrace», das vergangenen September erschien, singen Gastmusiker. Alles sehr soulig, warm, dramatisch. In Zukunft will sie eine Sängerin fest einstellen, um bei Konzerten «mehr Energie» auf die Bühne zu bringen, sagt Peterhans. Ihre Musik sei für Live-Auftritte konzipiert. Aber nicht für morgens um ein Uhr im Club. «Dazu ist sie zu poppig.» Die Leute, die vor ihrer Bühne stehen, sind fokussiert und lassen sich auf Emotionen ein, die Sensus Sound transportiert.
Vom Hinter- in den Vordergrund
Das Phänomen des Produzenten, der selbst zum Star wird, ist relativ neu. Lange waren die «Producers» Männer und Frauen im Hintergrund. Sänger oder Bands engagierten sie, um sich von ihnen gross herausbringen zu lassen.
Wenn Sensu bei einem Live-Set auf der Bühne steht, lässt sie Musik, die sie zu Hause produziert, laufen, ändert sie vor Publikum ab, trommelt dazu Beats oder spielt auf den Tasten des Keyboards. Für diese Art von Konzert gebe es in der Schweiz noch kein grosses Bewusstsein, sagt sie. Anders in den USA, wo Produzenten wie der Franzose Petit Biscuit (20) ausverkaufte Tourneen bespielen.
Sensu trat bereits an Festivals wie dem Gurten, dem Zürich Open Air und dem Moon and Stars auf. «Oftmals glaubt das Publikum, dass ich auflege.» Dann gibt es diese magischen Momente, in denen plötzlich 600 Fans vor der Bühne stehen. Etwa in der Schüür in Luzern, wo sie als «Vorgruppe» der Badener Band Pedestrians auftrat. «Das Publikum sang sogar die Songs mit.»
Über ihren Job reden? Langweilig!
Jasmin Peterhans wuchs in Wettingen AG auf. Ihr nahes Umfeld will die 27-Jährige aus der Öffentlichkeit heraushalten. Sie selbst wohnt in einer modernen Überbauung am Rand der Aargauer Gemeinde Turgi und arbeitet unter der Woche als Marketingfachfrau in einer Firma für Verbindungstechnologie wie Schrauben.
Ihren Beruf findet sie kein interessantes Gesprächsthema. Ihr Vorschlag für einen Ort, an dem man sich fürs Interview treffen könnte, war ursprünglich eine Bar in Baden. Ihr Heimstudio zu zeigen, war ihr dann aber wichtiger.
Es passt mit seinen kantigen Geräten gut in ihre pedantisch ordentliche Wohnung. Als sie einen Song abspielt, unterbricht Peterhans einmal abrupt, um den Tumbler im Bad abzustellen. Sein Summen hat sie gestört – ausser ihr hat es niemand gehört. Während des Gesprächs am Küchentisch isst sie eine Mandarine. Die Schalenstücke legt sie nacheinander auf ein Stück Haushaltspapier.
Ab und zu schweift ihr Blick durchs Fenster und ist ganz woanders. Das passt zu ihrem Horizont als Künstlerin. Er liegt weit hinter der Gemeindegrenze von Turgi. Die Zusammenarbeit mit der in London wohnhaften Sängerin Bassette, die im Song «Fire» singt, kam dank der Social-Media-Plattform Instagram zustande. Peterhans schrieb der in London wohnhaften Sängerin einfach mal eine Nachricht.
Reggaeton triggert sie voll
Sensu gehört zu einer Generation junger Musiker, die sich international vernetzt. Dazu passt auch ihr englisch geprägter Slang. Sie will demnächst neue Musik releasen, sprich herausbringen. Sie «fühlt» den Sound des australischen Produzenten Flume, sprich mag seine Musik. Wenn sie etwas nicht gut findet, zum Beispiel sexistische Rap-Texte, dann ist sie «nicht cool damit». Und Reggaeton mag sie überhaupt nicht. Das «triggert» sie.
Mit sieben begann Peterhans Klavier zu spielen, zehn Jahre später hörte sie damit auf. Die Wurzeln von Sensu liegen im Hip-Hop, sagt sie. Als Jugendliche ging sie an jedes Konzert ihrer Idole. Der Rapper Method Man war einer davon. Sie wollte etwas «zur Kultur» beitragen, kaufte sich mit ihrem ersten Lehrlingslohn eine Software für Beat-Produktion.
Das erste «Beat-Battle», an dem sie in Aarau teilnahm, gewann sie. Bei diesen Wettbewerben spielen immer zwei Produzenten einer Jury ihre Musik vor, einer fliegt raus, einer kommt weiter. «Am Eingang haben sie mich gefragt, mit wem ich hier sei», sagt Sensu. Und als Preis habe sie eine Flasche Cognac und ein Männer-T-Shirt in der Grösse XXL erhalten. «Mit einer Frau hat einfach niemand gerechnet.»
Keine Chance für Machos
Dass sie sich in einer Männerdomäne beweisen muss, stimmt nur in Anbetracht ihrer Tätigkeit als Produzentin. Das Publikum des Genres, in dem sich bewegt, ist unisex.
Vielleicht zeichnet gerade das diese Art von Musik aus: Dass sie sich am Hip-Hop bedient, aber das Macho-Gehabe weglässt. Sich vom Techno inspirieren lässt, ohne dessen nihilistische Attitüde zu übernehmen. Der Elektro-Künstler Cella, der wie Sensu beim Zürcher Label Quartz Record unter Vertrag ist, sagt in einem Interview mit SRF 3, dass er seinen Künstlernamen mag, weil er genderneutral klinge.
Derselbe Sender bezeichnete den Sound des Schweizer Elektro-Künstlers Pablo Nouvelle als «ein sanftes Raven». Raven heisst in diesem Fall so viel wie «zu Technomusik Party machen». Aber sanft!
Ihr Freund hat Verständnis
Es ist der Sound einer Generation, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt, für Umweltschutz und für gesellschaftliche Harmonie. Ihre Galionsfigur ist die 18-jährige Amerikanerin Billie Eilish – im Moment der erfolgreichste Popstar der Welt. Eilish hat ihre Karriere mit ihrem Bruder aus ihrem Kinderzimmer heraus gestartet, unabhängig von irgendeinem Erwachsenen, der in einer hierarchischen Struktur Macht auf sie ausüben könnte. Sensu: «Mich fasziniert einfach alles an ihr.»
Hat sie Kolleginnen, mit denen sie über ihr Metier fachsimpeln kann? «Eher nicht», sagt Peterhans. Mit ihrem Freund können sie das, fügt sie an. Er sei auch Produzent und habe deshalb Verständnis, wenn sie abends mal wieder für Stunden unerreichbar sei. «Produzieren ist oft eine einsame Sache.»
Gestern wollte sie zum Beispiel früh ins Bett. «Damit meine Augenringe auf dem Foto nicht allzu gross sind.» Doch dann habe sie noch ein bisschen Musik gemacht – und plötzlich war es zwei Uhr früh. «Dabei bin ich drei Stunden vorher noch fast auf dem Sofa eingeschlafen, weil ich so kaputt von der Arbeit war. Plötzlich nimmt es mich, und ich bin in einer anderen Welt.»
Die 13. Ausgabe der Swiss Music Awards findet am 28. Februar 2020 im Kultur- und Kongresszentrum Luzern statt. In Kategorien wie «Best Group» oder «Best Female Act» sind Bands wie Patent Ochsner oder die Rapperin Loredana nominiert. Letztere tritt am Anlass, der von SRF übertragen wird, auf. Genauso wie die Nominierten der Kategorie «Best Talent». Neben Sensu sind das Naomi Lareine, Sängerin aus Zürich, und Monet192, Deutsch-Rapper aus St. Gallen. Komikerin Hazel Brugger führt als Moderatorin durch den Abend.
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