Die Vorweihnachtszeit in New York ist für gewöhnlich magisch. Rund um den Central Park blinken die Adventslichter und beim Rockefeller Center flitzen Touristen und Einheimische über die Eisbahn und bewundern den prächtigen Christbaum – das ist auch am 8. Dezember 1980 nicht anders. Bis der Abend um 23.07 Uhr Ortszeit mit dem Mord an Beatles-Sänger John Lennon (1940–1980) jeglichen Zauber verliert und als einer der schwärzesten Tage der Musikgeschichte eingeht. Der geistig verwirrte Mark David Chapman (damals 25) will unsterblich werden. Dafür müsse er, so beschreibt er später seine Tat, eine berühmte Person töten. Die Wahl fällt auf den Briten Lennon, der an diesem Winterabend etwa 20 Minuten, nachdem ihm sein Mörder vor seinem New Yorker Apartmentgebäude niedergestreckt hatte, seinen Verletzungen erliegt.
Die Beatles, die Lennon einst in Liverpool mit seinen Freunden gegründet hatte, gab es zu diesem Zeitpunkt zwar nicht mehr. Ihr musikalisches Erbe bleibt aber bis heute unvergessen – und ist durch den erst heute neu veröffentlichten Song «Now and Then» um ein Bijou reicher geworden.
Kommen jetzt auch Menschen, die die Beatles nur als Relikt aus lange vergangenen Zeiten kennen, auf den Geschmack? Das Stück hat durchaus futuristische Züge: Lennons Stimme, die auf einer unveröffentlichten Version von 1979 nur unklar zu hören war, konnte mittels künstlicher Intelligenz (KI) ergänzt werden.
Vom Ergebnis ist Noah Veraguth (36), Beatles-Fan und Frontmann der Band Pegasus, begeistert: «Ich glaube, das ist das, was die Beatles bereits in den 1960er Jahren ausgemacht hat, sie sind eine interessante Mischung aus kommerziellem Erfolg und Avantgarde gewesen.» Wenn die Beatles eine zeitgenössische Band wären, würden sie auch heute mit den modernsten Mitteln arbeiten und Pionierarbeit leisten, ist sich der Bieler sicher.
Mehr zum letzten Beatles-Song
«Musikalisches Meeting, das sich natürlich anfühlt»
Die Zürcher Singer-Songwriterin Lea Lu (38) ist künstlicher Intelligenz in Kombination mit Musik gegenüber skeptisch, wie sie zugibt – «Now and Then» habe sie aber trotzdem «vom Hocker gehauen». Vielleicht liege es auch daran, dass «das, was wir hören, tatsächlich John Lennons Stimme ist, die er damals eingesungen hat [...] Ich bin bewegt über dieses musikalische Meeting aus verschiedenen Zeiten, das sich natürlich anfühlt.»
John Lennons Stimme aus dem Jenseits? Das sei einerseits schön, «aber auch traurig zu hören», gibt SRF-Musikexperte Hanspeter Künzler (67) zu. «Man wünscht sich von ganzem Herzen, dass es noch nicht vorbei ist. Aber es ist …»