Sänger, Autor, Fechter, Pilot: Bruce Dickinson (60) ist überall ein Meister. Nun kommt der Frontmann von Iron Maiden für eine Buchpräsentation in die Schweiz. Beim Telefoninterview mit BLICK zeigt sich der vielseitige Hardrocker in Bestlaune. An ihm sei ein Komiker verloren gegangen, erklärt er.
BLICK: Herr Dickinson, ich bin mit Ihnen mal von Cardiff nach Paris geflogen. Ich konnte kaum still sitzen vor Angst.
Bruce Dickinson: Ach was, das ist Unsinn! Als Pilot macht mir so schnell niemand was vor. Ich bin noch immer wieder sicher nach unten gekommen. Sie sollten mehr Gottvertrauen haben (lacht).
Was fasziniert Sie so an der Luftfahrt?
Es gibt über sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Die wenigsten von ihnen sehen, was Piloten sehen: diesen traumhaften Planeten in seiner ganzem Pracht. Heute ist es zwar nicht mehr speziell, ein Flugzeug zu besteigen. Das ist fast wie Busfahren. Tatsache ist aber, dass es technologisch und wissenschaftlich bis heute eine ziemlich spektakuläre Angelegenheit ist, einen Flieger in die Luft zu bekommen und ihn ein paar Stunden später wieder heil zu landen.
Wenn Sie mit Iron Maiden auf Tournee sind, fliegen Sie Ihren eigenen Jumbojet. Ein Bild davon am Flughafen Zürich ging 2016 um die Welt.
Ich erinnere mich. Unser riesiger Jumbo stellte die Flugzeuge von Angela Merkel und François Hollande in den Schatten. Das war brillant! Wir haben uns gekrümmt vor Lachen, als wir das Foto gesehen haben. Wir Engländer haben es mal wieder allen gezeigt, dachten wir.
Wo ist die Welt eigentlich am schönsten vom Himmel aus betrachtet?
Unmöglich zu sagen. Licht und Atmosphäre verändern sich konstant. Der Himmel ist immer wieder anders. Einige meiner schönsten Flüge hatte ich in der Nacht, als ich nur Sterne zu Gesicht bekam. In der Regel gilt aber: Je weiter du von der Erde entfernt bist, umso magischer wirkt sie. Das sagen auch die Astronauten: Je weiter weg du bist, desto näher kommst du einer Ahnung der Schöpfung. Und auch der Vergänglichkeit. Und das ist immer ein Wahnsinnsgefühl.
Denken Sie oft an die Vergänglichkeit?
Das tun wohl die meisten. Erst recht, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Man darf sich deswegen aber nicht verrückt machen. Entkommen kann man dem Tod nicht, man kann ihn höchstens ein bisschen hinauszögern.
2014 erkrankten Sie an Zungenkrebs. Wie hat die Diagnose Sie verändert?
Am Anfang war sie natürlich ein Schock. Doch ich stellte mich sofort der Krankheit und kam dank der Chemotherapie auch heil heraus. Ich glaube nicht, dass ich deswegen anders lebe. Ich hatte einfach Pech.
Sie haben nie geraucht, trinken nur selten Alkohol.
Genau. Das zeigt, wie willkürlich diese Krankheit ist. Geschätzte 80 Prozent aller Männer und Frauen tragen diese Viren, die sogenannten Humane Papillomviren, in sich. Es kann also fast jeder an dieser Form von Krebs erkranken. Ich muss noch alle sechs Monate zur Kontrolle. Doch es sieht alles bestens aus. Der Arzt ist happy. Ich logischerweise ebenso.
Nun sind Sie für einmal solo auf Tournee. Ist Ihnen nicht langweilig ohne Ihre Kollegen von Iron Maiden?
Ach, wir haben uns in den letzten Jahrzehnten oft genug gesehen. Ursprünglich wollte ich nur eine kurze Lesetournee machen, doch die Nachfrage ist so gross, dass ich immer an neue Orte eingeladen werde. Ich geniesse mein neues Leben als Stand-up-Comedian, das hält den Kopf wach.
Es ist auch weniger anstrengend, als mit Iron Maiden jeden Abend über die Bühne zu springen.
Stimmt. Aber wir sind alle noch ziemlich gut beieinander. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass wir irgendwann den Stecker ziehen müssen. Iron Maiden werden nie auf Abschiedstournee gehen. Zur Not schicken wir Replikate von uns auf die Bühne.
Worauf sind Sie am meisten stolz?
Mein Leben ist verrückt. Ich war ein typisches Arbeiterklassekind, bevor ich Sänger einer der erfolgreichsten Musikgruppen wurde. Dennoch glaube ich nicht, dass ich über spezielle Fähigkeiten verfüge. Meine Karriere war nur möglich dank der Unterstützung anderer. Ich war einfach stets der Typ, dem es nichts ausmachte, zuvorderst zu stehen. Und: Ich war neugierig genug, zwischendurch auch Neues zu wagen.
Sie haben 2017 für den Brexit gestimmt. Haben Sie Ihre Meinung zwischenzeitlich geändert?
Nein, der Brexit ist eine gute Sache. Trotz des gegenwärtigen Chaos. Ich habe nichts gegen Europa, nur gegen die EU, in der weiss Gott wie viele Beamte das Sagen haben, ohne dass sie je Verantwortung übernehmen. Meine Meinung zum Brexit werde ich höchstens ändern, wenn die Schweiz der EU beitritt (lacht). Doch das wird noch lange nicht passieren.
A ConversationWith Bruce Dickinson: 27. Februar, Volkshaus Zürich.
Seine Stimme umfasst vier Oktaven: Bruce Dickinson hat mit Iron Maiden in den letzten vier Jahrzehnten über 100 Millionen Alben verkauft. Der ehemalige Fechter besitzt seit Anfang der 90er-Jahre den Pilotenschein und war zwischendurch hauptberuflich Pilot. Das ist auch der Grund für seinen Heavy-Metal-untypischen Kurzhaarschnitt. Mittlerweile bildet er selbst Piloten aus und hat eine Aviatik-Firma. Dickinson hat Geschichte studiert und war ein halbes Jahr in der Armee. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder.
Seine Stimme umfasst vier Oktaven: Bruce Dickinson hat mit Iron Maiden in den letzten vier Jahrzehnten über 100 Millionen Alben verkauft. Der ehemalige Fechter besitzt seit Anfang der 90er-Jahre den Pilotenschein und war zwischendurch hauptberuflich Pilot. Das ist auch der Grund für seinen Heavy-Metal-untypischen Kurzhaarschnitt. Mittlerweile bildet er selbst Piloten aus und hat eine Aviatik-Firma. Dickinson hat Geschichte studiert und war ein halbes Jahr in der Armee. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder.