Auch wenn die Temperaturen momentan noch eine andere Sprache sprechen, geht es für die Festival-Organisatoren bereits in die heisse Phase: Sie versuchen sich gerade darin zu überbieten, wer die bekannteren Musiker für den kommenden Sommer verpflichten kann. Zuoberst auf den Plakaten findet man Künstler wie US-Rapper Kendrick Lamar (32), die Pop-Band The Black Eyed Peas und die Rocker von Billy Talent. Wer hingegen weibliche Acts in den bisher kommunizierten Line-ups sucht, muss sich anstrengen. Denn: Frauen sind auf den Festivalbühnen ganz klar in der Unterzahl!
So sind am Open Air Frauenfeld von 57 angekündigten Musikern gerade mal 9 weiblich. Nicht viel besser sieht es am Greenfield aus: Mehr als drei Viertel der Musiker dort sind Männer. Beide Festivals wollten auf Anfrage von BLICK keine Stellung nehmen.
Vorbilder für junge Frauen fehlen
Der Vernetzungsplattform Helvetiarockt ist die aktuelle Situation ein Dorn im Auge. Elia Meier (28), Leitung Kommunikation, erklärt: «Wir wünschen uns, dass die Booking-Teams Verantwortung übernehmen und die Diversität in der Branche und der Gesellschaft aktiv mitgestalten, mutig sind und allenfalls längere Recherchearbeiten auf sich nehmen.»
Warum fehlende Frauen auf Festivalbühnen überhaupt ein Problem sind? Meier erklärt: «Menschen orientieren sich an ihrem Umfeld, und Vorbilder prägen stark die Interessen einer Person.» Sprich: Fehlen die Musikerinnen heute, werden sie es wohl auch in Zukunft tun.
Grosse Herausforderung für Organisation
Einzig Christof Huber, Festivaldirektor des Open Air St. Gallen, beantwortet sämtliche von BLICK versendeten Fragen an die untersuchten Grossanlässe. Er erklärt: «Weibliche Headliner-Acts, gerade in den Bereichen Rock oder Elektro, für unsere Hauptbühnen zu finden, gestaltet sich im Booking immer wieder als Herausforderung. Und was schliesslich zählt, ist, dass das Programm beim Publikum gut ankommt.»
Dass es in gewissen Genres schwieriger ist, genügend Künstlerinnen zu finden, ist man sich auch bei Helvetiarockt bewusst. «Die Frage ist aber: Wollen wir etwas ändern? Festivals sitzen an einem der wirkungsvollsten Hebel der Schweizer Musikbranche und können die Musiklandschaft prägen, neue Vorbilder präsentieren und auch mit der Art der Kommunikation aktiv Rollenbilder und Geschlechterstereotypen abbauen.»
Immerhin: Der Chef des Open Air St. Gallen betont, dass das Programm noch Zuwachs bekommen werde und die bisher erst sechs angekündigten weiblichen Acts noch deutlich mehr würden. Ob die Konkurrenten mitziehen werden?