Helikopter, Zahnarzt, Bügeleisen
Philippe Seira erfüllt die besonderen Wünsche der Montreux-Stars

Schnell einen Helikopter herbeifliegen lassen, nachts einen Zahnarzt rufen oder ein Bügeleisen besorgen: Philippe Seira (53) machts möglich. Er steht bereit für die besonderen Wünsche der Stars am Montreux Jazz Festival.
Publiziert: 10.07.2019 um 11:19 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2019 um 10:53 Uhr
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Philippe Seira kennt die Stars des Montreux Jazz Festivals so gut wie kaum ein anderer.
Foto: Jean-Guy Python
Christoph Soltmannowski

Eigentlich ist Philippe Seira Kontaktlinsenspezialist: Der 53-Jährige ist Fachdozent an der Fachhochschule FHNW und betreibt in Lausanne ein Studio für Kontaktlinsen. Doch für zwei Wochen im Jahr fokussiert er sich aufs Montreux Jazz Festival. Am renommierten Musikevent ist er seit 28 Jahren als Fahrer im Einsatz.

Erstmals 1991, als Miles Davis in Montreux spielte und Quincy Jones lauter ausgefallene Projekte organisierte. Über eine Freundin war der damalige Student an diesen Semesterferienjob gekommen. Der Montreux-Virus hat ihn gleich gepackt und seither nicht mehr losgelassen. Seira wurde Co-Chef der Crew, die damals 20 Fahrer und eine Flotte von 16 Fahrzeugen umfasste. Heute sind 70 Fahrer und 40 Fahrzeuge im Einsatz – und Philippe Seira hat eine neue Aufgabe. «Das Festival wollte, dass wir eine spezielle Stelle für die Sonderwünsche der Artisten einrichten. Wir nennen das ‹Performer Services›», sagt Seira.

«Nichts ist unmöglich», lautet in Montreux die Devise

Schon für den 2013 verstorbenen Festivalgründer Claude Nobs galt die Devise «Nichts ist unmöglich». Diesem Motto will man in Montreux unbedingt treu bleiben. Es ist einer der Gründe, warum die grossen Stars immer wieder gern ans Jazzfestival kommen.

«Wenn du etwas von jemandem haben willst, gib ihm erstmal ein Geschenk – das habe ich von Claude gelernt», sagt Seira. «Grosszügigkeit. Und noch vieles mehr. Auch Fairness. Er hat sich nicht nur um die Stars gekümmert, sondern auch um uns Mitarbeiter. Nach dem Festival hat er in seinem Chalet jedes Jahr eine Party für uns organisiert – weil wir ja während des Festivals nichts trinken durften.»

Neben Zuverlässigkeit ist Diskretion für die Chauffeure oberstes Gebot. Das gilt auch für Philippes neue Aufgabe. Manche Wünsche sind aber kein Geheimnis. Zum Beispiel der Helikopter, den er auf die Schnelle für Van Morrison organisieren musste. «Zwischen Lausanne und dem Flughafen in Genf gab es viele Baustellen, deshalb verlangte der Star nach einem Heli.»

«Diesen Wunsch haben wir gern erfüllt», sagt Seira. «Denn Stars wie er bieten höchste Qualität – und haben aber auch dieselben Erwartungen an uns.»

Bügeleisen für den Manager von Prince

Meistens geht es allerdings um eher bescheidene Anliegen, zumindest aus finanzieller Sicht. Zum Beispiel am Festival 2008, als der Manager von Prince (1958–2016) nachts um zwei Uhr per SMS wünschte, man solle ihm ein Bügeleisen an den Flughafen mitbringen. «Da musste ich meine Frau wecken, um sie darum zu bitten», sagte er. Der Manager des Superstars brauchte das Glätteisen nicht für die Garderobe von Prince, sondern für sein eigenes Sakko, da Prince stets einen makellosen Auftritt seiner Mitarbeiter erwartete.

Eine Herausforderung war auch James Brown (1933–2006), der 1993 zur Aufbereitung seiner Haarpracht eines Freitagabends nach einer Trockenhaube verlangte. «Wir konnten eine in einem örtlichen Coiffeursalon auftreiben, doch sie war dort an die Wand montiert. Wir mussten eine Halterung mit einem Sonnenschirmständer konstruieren.» Sehr zum allgemeinen Amüsement brachten die Chauffeure die pinke Haube in einer Limousine und mit vierköpfiger Eskorte zur Garderobe von James Brown. Auch die Funk- und Soul-Legende war amüsiert und begeistert.

Aber auch weniger bekannten Musikern werden Wünsche erfüllt. «Einmal war ich für einen Schlagzeuger über eine Stunde unterwegs», erzählt Seira. «Ich fuhr bis nach Münchenbuchsee BE und zurück, um Schlagzeugstöcke, die es nur dort gibt, abzuholen.»

Montreux und die Begegnungen mit den Stars sind für Philippe Seira der schönste Lohn für seine Tätigkeit. «Gerne erinnere ich mich an Nina Hagen. Sie war sehr nett, aber ihre hohe Frisur passte kaum in die Limousine. Oder an Leonard Cohen. Sein ‹Merci Monsieur› ist mir bis heute im Ohr geblieben.» Am meisten beeindruckte ihn der 2004 verstorbene blinde Musiker Ray Charles, den er oft begleitete. Und nach wie vor Festival-Eminenz Quincy Jones (86).

Privatkonzert von Lang Lang und Herbie Hancock

Unbezahlbare Momente erlebte Seira auch mit Pianovirtuose Lang Lang und Jazzlegende Herbie Hancock. «Ich musste Herbie Hancock den ganzen Tag begleiten, und als die beiden fürs Konzert üben mussten, war der zweite Flügel noch nicht da. Also setzten sich die beiden zu zweit an eine Tastatur und spielten eine Stunde lang. Und ich war der einzige, der ihnen dabei zuhören durfte.»

Oft geht es bei den Spezialwünschen darum, Ausflüge in die Umgebung, einen Bootsausflug auf den See, Scooter oder den Besuch des Chaplin-Museums zu organisieren. Philippe Seira macht alles möglich. Und es macht ihm nichts aus, dafür 16 Tage lang 12 bis 16 Stunden im Einsatz zu sein. «Montreux gibt mir enorm viel Energie», sagt er. Und er hat noch einen grossen Wunsch: «Ich bin ein grosser Fan von Peter Gabriel. Hoffentlich kommt er bald einmal ans Festival. Oder auch Paul McCartney.»

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