Ein Stuhl, eine Tasse Tee und eine viertel Stunde zu früh
So rockte Sting am Montreux Jazz Festival

Offenbar konnte Sting es kaum erwarten, wieder in Montreux auf der Bühne zu stehen: Schon eine Viertelstunde früher legte der legendäre 67-jährige «Englishman in New York» am Freitagabend los.
Publiziert: 29.06.2019 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2021 um 16:21 Uhr
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Der britische Musiker Sting konnte seinen Auftritt am Montreux Jazz Festival kaum erwarten.
Foto: keystone-sda.ch
Christoph Soltmannowski

Wer zu spät kam, hatte Mühe, sich ins mit über 4000 Fans überfüllte Auditorium Stravinsky zu drängen. Rockstar Sting (67) legte schon eine viertel Stunde früher als geplant los. Er präsentiert sich im dunkelblauen ärmellosen T-Shirt, mit Stiefeln und Reissverschluss-Hose. Mit seinem kurzen hellen Vollbart und gutgelaunter, konzentrierter Miene wirkt er wie ein Schiffskapitän – und er gibt «volle Kraft voraus»: Nicht nur seine an der Oberkante schwer abgenutzte Fender-Bass zeugt davon, dass hier ein altgedienter Profi auf der Bühne steht – umgeben von Musikern, die alle deutlich jünger sind als der 67-Jährige, der schon 1978 mit der Band Police die ersten grossen Hits landet. Police-Ohrwürmer wie «Roxanne» und «So Lonely» sind es auch, bei denen das Publikum auf Anhieb mitgeht und mitsingt – Sting lässt sie fast ganze Strophen alleine singen.

Da braucht es weder eine aufwändige Bühnengestaltung noch grosse Lichteffekte – hier geht es nur um Sting und seine Songs, wie man sie kennt und wie man sie liebt. Die Improvisationen und Variationen, die der Jazz-Freund im Vorfeld angekündigt hatte, gibt es auch – aber nur selten. Jedoch tritt der Altmeister dann und wann in den Hintergrund, um seine Mitmusiker das Zentrum der Bühne zu überlassen – da sorgt vor allem der junge Mundharmonikaspieler Shane Sager für spontanen Applaus.

Offensichtlich hat es Sting Spass gemacht – trotz der hohen Temperaturen. Auch dass er schon im Pensionsalter steht, hat sich der muskulös und schlank gebliebene Vollblutmusiker, der auch Yoga praktiziert, nicht anmerken lassen. Nur einmal lässt er sich für eine kurze Pause einen Stuhl und eine Tasse Tee reichen.

Nach 21 Songs tauscht er seinen Bass dann gegen eine akustische Gitarre, um dem Publikum noch ein sanfteres musikalisches Bettmümpfeli mit auf den Heimweg zu geben.

Ibeyi – Power-Zwillinge lassen das Lab kochen

Derweil rocken Ibeyi das Montreux Jazz Lab. Die kubanischen Zwillingsschwestern Lisa-Kaindé und Naomi Díaz erzeugen ihren mal sanft-melodischen, mal rapartigen pulsierenden Sound mit Synthesizern, Cajon, Samplings und Perkussionseffekten, begleitet von einer extravaganzen Videoproduktion. Das Publikum lässt sich vom weiblichen Energie-Duopack mitreissen.

«Montreux ist für uns ein ganz besonderer Ort» sagt Lisa-Kaindé, «denn unser Daddy ist hier früher oft aufgetreten – und wir haben uns die DVDs von seinen hiesigen Auftritten immer wieder angeschaut. Jetzt wäre er bestimmt stolz auf uns!». Vater Miguel «Angá» Díaz war als Perkussionist Mitglied des legendären Buena Vista Social Club –als er 2006 starb, begannen die beiden wuschelhaarigen Schwestern, selbst Musik zu machen. 2015 veröffentlichten sie ihr erfolgreiches Debüt-Album, das sie noch im gleichen Jahr bei ihrem ersten Montreux-Auftritt präsentieren durften. Nach dem zweiten «Ash» gehen sie bald für das dritte ins Studio.

Elton John bricht heute alle Rekorde

Mit dem Abschiedskonzert von Sir Elton John (72, über 350 Millionen verkaufte Tonträger) steht heute das grösste Konzert auf dem Programm, das es in 53 Jahren Montreux Jazz je gab – es ist auch das erste Open-Air-Konzert, das im Rahmen des Festivals in einem Stadion stattfindet:

15'536 Besucher werden das Stade de la Saussaz füllen. Ursprünglich hätte der zum Sir geadelte Brite an zwei Abenden in Folge im Auditorium Stravinsky des Festival Centers auftreten sollen – doch da hätten zusammen höchstens 8’000 Besucher Platz gehabt.

350 Leute sind im Stadion und hinter den Kulissen insgesamt im Einsatz.

20 Sattelschlepper brachten Equipment und Material ins Stadion.

50 Meter breit und 19 Meter hoch ist das Bühnenbild – gestaltet gemäss dem Motto «Farewell Yellow Brick Road».

8 Tonnen beträgt das Gesamtgewicht der Lastkräne, die erforderlich waren.

10 Foodtrucks und insgesamt 120 Meter an Bartheken stehen für die Verpflegung der Besucher bereit.

40 Shuttlebusse wurden zur An- und Abreise aufgeboten.

19 Tage dauern Auf- und Abbau insgesamt.

Aufgrund der hohen Temperaturen raten die Organisatoren zu leichter Kleidung, Kopfbedeckungen und Sonnenschutz.

Ex-Michael-Jackson Produzent und Montreux-Freund Quincy Jones und viele weitere Prominente werden dem Konzert beiwohnen.

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