Beginnt man bei den Baby- und Kindervideos von Taylor Swift, schien die Sache mit der Musik von Anfang an klar. Sie wippt als Einjährige zu «U Can't Touch This» von MC Hammer und flötet mit zwei Jahren die «Unchained Melody». Erste Gitarre mit acht, Auftritt im Radio mit elf, Gesang der Nationalhymne vor Publikum bei einem Profi-Basketballspiel mit zwölf Jahren. Wenn man so will, wurde Taylor Swift am 13. Dezember 1989 bereits als Star geboren.
Den Eindruck bekommen jedenfalls Besucher des Grammy Museum in Newark, New Jersey, wo die Karriere der Sängerin als ein kometenhafter Flug in den Pop-Himmel erzählt wird. «Sie ist 28 Jahre alt und die erfolgreichste Musikerin der vergangenen zwei Jahrzehnte», heisst es zum Auftakt der «Taylor Swift Experience». Ihr Geschäftssinn, ihre Millionen Fans, ihre galaktischen Werbeverträge - die Künstlerin wirkt genial und unantastbar. «Sie ist ein globaler Superstar», schwärmt die Ausstellung, «sie ist Taylor Swift».
Kein Zweifel, dass das blonde Mädchen aus Reading, Pennsylvania, in kürzester Zeit Bestmarken der Musikindustrie geknackt hat. Ihre Alben verkauften sich weltweit 44 Millionen, ihre Singles 130 Millionen Mal. Den Grammy für das Album des Jahres, die höchste Auszeichnung der Branche, gewann sie als jüngste Künstlerin überhaupt, und sie ist die einzige Frau, die diesen Preis zweimal holte. Nach ihrem inzwischen sechsten Album «Reputation» von 2017 fragt man sich, was da eigentlich noch kommen soll.
Vielleicht hinterlässt die Schau im Grammy Museum aber gerade deshalb einen irritierenden Beigeschmack, weil hier Wegmarken gezählt werden wie Jagdtrophäen. Besonders schräg wirkt das im Schaukasten zu Swifts Kleidungsstil und der Zahl der Modemagazine, deren Titelseiten Swift schon zierte: «»Cosmopolitan« 1x, »Elle« 4x, »Glamour« 4x, »GQ« 1x, »Harper's Bazaar« 2x, »InStyle 4x« - Medienpräsenz als harte Währung im Kampf um Aufmerksamkeit.
In einer Retrospektive würde das wohl weniger auffallen. Aber hier werden eben nicht Frank Sinatras, Michael Jacksons oder Ringo Starrs verblassten Ruhmesjahre gefeiert, auch kein verstorbener Prince oder David Bowie, sondern eine aktive Sängerin auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Gerade das sei der Reiz, sagt Kuratorin Nwaka Onwusa und deutet die Ausstellung als begleitende »Fortführung« von Swifts Karriere. Die Schau war 2014 bereits in Los Angeles und dann in Nashville, Tennessee, zu sehen und musste mit jeder Station an neue Wendungen in Swifts Leben angepasst werden.
Echte »Swiftys« geraten ins Staunen, wenn sie Kostüme aus Musikvideos oder das ausserirdisch anmutende Tentakel-Klavier von der Welttournee zu »1989« betrachten. Vom Strampler über die erste Presse-Mappe bis zu einer echten Grammy-Trophäe wird Swift erst entmystifiziert, dann aber wieder in den Pop-Zenit gehoben.
Das wohl Beeindruckendste an Swifts Erfolg in einer von Ghostwritern durchzogenen Branche ist der Umstand, dass sie ihre Songs meist selbst schreibt. »Das ist meine Taytay«, sagt ein Mädchen zu ihrer Klassenkameradin.
»Taytay« wirkt wiederum fast demütig, als sie die Ausstellung in einem Video kommentieren soll. Zu Unrecht: Immerhin ist sie die jüngste Künstlerin, der das Grammy-Museum jemals eine eigene Schau gewidmet hat. Die Babyvideos, die Kostüme für ihre Auftritte, all das seien ihre »wichtigsten Momente, alle verpackt in eine Ausstellung«, sagt Swift. »Es ist so nett, dass jemand sich das angucken wollen würde."
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