Sein Händedruck ist fest, sein Lächeln zur Begrüssung sanft: Andreas Gabalier (37) spaltet seit Jahren die Gemüter. Vom breiten Publikum wird er abgöttisch gefeiert, von anderen als Chauvinist und homophob abgestempelt.
Herr Gabalier, der deutsche Sommerhit «Layla» sei sexistisch und die «Winnetou»-Filme seien rassistisch, wird derzeit kritisiert. Was halten Sie von dem ganzen Woke-Wahnsinn?
Andreas Gabalier: Gar nichts! Diese Spaltung der Gesellschaft und alles immer kaputtzumachen stimmt mich extrem traurig. Mein Gott, haben wir nach dem Pandemie-Lockdown und mitten in diesem sinnlosen Ukraine-Krieg wirklich keine anderen Sorgen, als dass wir einen solchen Schwachsinn zum Thema machen müssen? Das verunsichert die Menschen doch nur noch mehr und hetzt sie gegeneinander auf.
Gegen Sie ist auch schon gehetzt worden: Sie seien ein Chauvinist – und homophob.
Was kompletter Blödsinn ist. Aber das sind zwei gute Beispiele dafür, wie man durch den Schmutz gezogen werden kann. Da mault ein Politiker, der sich keine Minute lang mit mir auseinandergesetzt hat, über meine Lieder ... und prompt wird eine Kampagne geführt.
Warum ist das so?
Das liegt wohl an unserer Geschichte. Als Österreicher und Deutscher steckt man noch immer in dieser Schuldrolle. Wir nehmen uns gegenseitig ganz besonders unter die Lupe. Und kommt einer wie ich daher, der eher traditionelle Werte verkörpert, gilt er schnell als verdächtig. Ich wurde so oft in die rechte Ecke gedrängt, nur weil ich nicht pro links bin wie so viele andere Kulturschaffende. Deswegen lasse ich mir aber nicht den Mund verbieten.
Sie sagen weiterhin, was Sie denken?
Natürlich. Ich will doch frei sein. Heute kann alles von irgendjemandem falsch interpretiert werden. Vor lauter politischer Korrektheit dürfte man fast nichts mehr sagen. Darüber will ich mir aber einfach keinen Kopf machen. Ich will mich nicht verbiegen, nur um zu gefallen und es möglichst vielen Menschen recht zu machen.
Auf Ihrem neuen Album sahen Sie sich dennoch gezwungen, den Vorwurf der Homophobie aus der Welt zu schaffen. Im Stück «Liebeleben» singen Sie, dass es egal sei, ob Frau und Mann sich lieben oder Mann und Mann.
Ja. Weil ich es mir nicht zur lebenslangen Aufgabe machen wollte, diesen Vorwurf ständig entkräften zu müssen, den mir irgendwer mal gemacht hat. Da singe ich lieber ein Lied, und gut ist. Mir ist es wirklich wurscht, wer wen liebt.
Andreas Gabalier (37) begann ein Jurastudium, brach es aber wegen seines musikalischen Erfolgs ab. 2011 feierte der österreichische Sänger mit «I sing a Liad für di» seinen ersten Hit, 2016 wurde sein «Hulapalu» zur Megahymne. Den Suizid seines Vaters 2006 und den seiner Schwester zwei Jahre später verarbeitete er im Lied «Amoi seg’ ma uns wieder». Von 2013 bis 2019 war Gabalier mit der Moderatorin Silvia Schneider (39) liiert.
Andreas Gabalier (37) begann ein Jurastudium, brach es aber wegen seines musikalischen Erfolgs ab. 2011 feierte der österreichische Sänger mit «I sing a Liad für di» seinen ersten Hit, 2016 wurde sein «Hulapalu» zur Megahymne. Den Suizid seines Vaters 2006 und den seiner Schwester zwei Jahre später verarbeitete er im Lied «Amoi seg’ ma uns wieder». Von 2013 bis 2019 war Gabalier mit der Moderatorin Silvia Schneider (39) liiert.
Hat sich Ihr Leben sonst irgendwie verändert seit Ihrem Erfolg?
Nicht gross. Ich hänge immer noch mit denselben Burschen herum wie im Kindergarten. Diesen Spagat zwischen Privat- und Bühnenleben zu grätschen, war mir stets wichtig. Egal, wie viel man mir bieten würde für ein Konzert, am Sonntag will ich zu Hause sein. Das ist der Tag, an dem die Familie zusammenkommt. Ich war ja Quereinsteiger in diesem Geschäft. Ich glaube, darum ist mir mein Privatleben so wichtig.
Wie meinen Sie das?
Ich habe mir die Musik erst spät zur Berufung gemacht. Sie gab mir nach dem Tod meiner Schwester Halt. Ich wollte nicht schon von klein auf unbedingt berühmt werden. Ich bin also nicht das Paradebeispiel eines Künstlers, der von seiner Kunst leben muss. Ich habe vieles aus meinem alten Leben in mein neues Leben als Sänger mitgenommen. Und könnte mir mein Leben auch anders finanzieren.
Ihre Schwester und Ihr Vater haben Selbstmord begangen. Wie schafft man es, gleich zwei solche Schicksalsschläge zu verarbeiten?
Das Leben ist, Gott sei Dank, so gemacht, dass es immer irgendwie weitergeht – egal, was man durchgemacht hat. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht aufgibt, dass man etwas findet, was einen aus der Trauer und dem ganzen Schmerz trägt. Und das waren in meinem Fall eben die Musik und mein Freundeskreis.
Haben Sie die Freude an der Musik seither nie verloren?
Nein – weil ich mich nicht überstrapaziere, bis jetzt nicht. Ich gebe nicht so oft Konzerte. Ich mag dieses Lebens-Highlight nicht als Job sehen, bei dem ich wie eine Maschine funktionieren muss. Ich bin auch keiner, der finanziell immer noch mehr optimieren muss und deswegen zehn weitere Konzerte gibt. Unsere Lebenszeit ist begrenzt. Irgendwann gehen die Lichter aus, und dann kann man nichts mitnehmen.
Hätten Sie finanziell ausgesorgt?
Ja, bei meinem Lebensstil auf jeden Fall. Ich habe weder eine Villa noch eine Yacht. Ich fahre mit meinem alten Golf Country durch Graz, zwischendurch schmeiss ich ein Stück Fleisch auf den Grill oder bin auf dem Berg oder am See. Mehr brauche ich nicht. Ich lebe in der Gegenwart. Ich weiss, dass morgen alles aus sein könnte.
Denken Sie nie an die Zukunft?
Nein. Ich komme aus einer grossen Familie und sagte mir immer, es wäre schön, mal eigene Kinder zu haben. Vielleicht kommt das noch. Aber ich setze mich nicht unter Druck. Vielleicht tritt irgendwann ein Mädel in mein Leben, bei dem ich denke: Das passt! Das wäre schön. Aber wenn nicht, ist es auch okay. Ich will in der Gegenwart eine gute Zeit haben, mit lieben Leuten um mich. Ich stelle mir nicht ständig vor, wie es in zehn Jahren sein könnte. Ich mag mich nicht mit den damit verbundenen Ängsten herumschlagen müssen.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Sei immer du selbst. Ausser wenn du Batman sein kannst. Dann sei Batman (lacht).
Worauf sind Sie stolz?
Ich bin sehr dankbar für mein Elternhaus. Ich hatte eine wunderbare Kindheit, war neben der Schule ein fleissiger Bub, hab als Barkeeper und Bademeister gejobbt. Ich bin glücklich über die Werte, die mir meine Eltern mitgegeben haben. Was sich gehört und wie man miteinander umgeht: mit Respekt und einer positiven Grundgesinnung. Und dass man immer versuchen sollte, am Abend mit einem guten Gewissen in den Spiegel schauen zu können.