Vor einigen Jahren ist Mia Aegerter nach Berlin gezogen, wo sie bis heute mit ihrem Partner und ihrem Sohn lebt. Während sie hierzulande vielen als Schauspielerin aus «Achtung, fertig, Charlie!» oder als Sängerin von Mundartsongs wie «Hie u Jetzt» in Erinnerung blieb, entwickelte sie sich dort als Musikerin weiter, gründete neben ihrem Soloprojekt eine Band mit ihrem Freund (Mia Myself & I) und etablierte sich als Songschreiberin für andere. Die Freiburgerin schrieb unter anderem für Künstlerinnen und Künstler wie Max Giesinger, Yvonne Catterfeld, Die Prinzen oder Helene Fischer.
2017 veröffentlichte Mia Aegerter ihr erstes hochdeutsches Album «Nichts für Feiglinge». Entstanden sei es in einer Zeit, in der «ich recht viele dunkle Stunden hatte», erzählte die Musikerin im Interview mit Keystone-SDA. Die Texte waren «ehrlich und direkt», sagt sie. «Es war ein für meine Begriffe sehr mutiges Album.»
In «Tanz mit der Angst», dem Opener ihres kürzlich erschienenen neuen Albums, greift sie die Momente, in denen sie die Furcht in den Abgrund zu ziehen versuchte, noch einmal auf. Der Song knüpft an die Melancholie an, die Aegerter in «Nichts für Feiglinge» einflocht, und die sie bis zur Geburt ihres inzwischen zweijährigen Kindes leitete. Doch man spürt, das Gefühl ist eine Erinnerung an ein altes Ich. Ein Leben, das heute von Mut, mehr Gelassenheit und Wärme erfüllt ist.
Sie sei heute weniger ehrgeizig als früher, sagt die 46-jährige Künstlerin weiter. «Es muss nicht mehr alles perfekt sein und ich muss mich nicht mehr beweisen.» So müsse nicht jede Idee tausendmal gewälzt sein, nicht jeder Text krasse Wortspielereien enthalten. «Es darf auch mal 'Von Grau zu Blau' heissen, wenn es darum geht, ein Lebensgefühl zu beschreiben».
Der gleichnamige Song, Nummer drei auf dem Album, handelt vom Gefühl, einfach zu sein. Von diesen kleinen, grossen Momenten, in denen ein Kaffee in der Hand und ein paar Sonnenstrahlen reichen, um Glück zu empfinden.
«'Bye bye mein altes Ich' ist ein positives Album», sagt Mia Aegerter. Sie befinde sich in einer neuen Lebensphase, die sich nicht nur durch ihr Muttersein und ihre zuversichtlichere Grundhaltung, sondern auch durch ihre neue Unabhängigkeit auszeichnet. Die Künstlerin ist jetzt auch Labelchefin und hat ihr neues Werk in Eigenregie herausgebracht.
«Breakup auf Raten» und «Das grosse Schmetterlingssterben», in denen es um das Ende einer Liebe geht, sind also die einzigen Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Gerade letzterer sei mehr aus Liebe zur Poesie heraus entstanden - das Bild von Bäuchen, die Friedhöfe werden, nachdem die Schmetterlinge darin nach erster Verliebtheit sterben, habe ihr gefallen.
Auch mit «Eis an 'nem Sommertag», in dem es um das Leben geht, das in der Hand schmilzt wie ein Eis an einem Sommertag, pflanzt Mia Aegerter ihren Hörerinnen und Hörern ein unvergessliches Bild ins Gedächtnis. An solchen Stellen wird besonders deutlich, dass der Text in den meisten Fällen da ist, bevor sie ihn mit gefühlvoller Musik umspielt und mit ihrer klaren Stimme noch eindringlicher macht.
Der Song steht auch für die Dankbarkeit, die das neue Ich von Mia Aegerter heute in den Fokus nimmt, sobald sie sieht, dass schwarze Wolken am Horizont aufziehen. «Wenn Ängste aufkeimen, nehme ich sie wohl zur Kenntnis, probiere aber, im Hier und Jetzt zu bleiben und dankbar zu sein.»
Und was ist denn eigentlich aus der Schauspielerei geworden, mit der Aegerter noch immer in Verbindung gebracht wird? «Darum habe ich mich in letzter Zeit nicht mehr so gekümmert», sagt die Singer-Songwriterin, wie sie sich heute hauptsächlich betitelt. Sie sei eine Kreative, die innere Prozesse und Geschichten aus dem Leben gerne künstlerisch verarbeite. Und zwar dann, wenn sie dringlich seien. «Als Schauspielerin muss man ja immer erst ein Angebot bekommen, das einem gefällt.»
Als Musikerin, so hofft Aegerter, wird sie bald auch wieder ihre Schweizer Heimat bereisen. Konkrete Tourdaten stehen noch nicht fest. Auf dem Laufenden bleibt, wer ihren Newsletter abonniert.
www.miaaegerter.ch
(SDA)