Dass er für seine CD «MoZart» mit dem L'Orfeo Barockorchester den renommierten Opus Klassik-Preis 2020 als Sänger des Jahres entgegennehmen kann, ist Daniel Behle keine allzu grosse Rede wert. Dabei hat er in dieser Kategorie immerhin den Superstar Jonas Kaufmann auf die Plätze verwiesen. «Das Kompetitive im Klassik-Business liegt mir nicht so sehr», sagt der Musiker.
Lieber macht er sich über Wettbewerbe lustig. Das tut er aktuell mit einer Operette, die er während der Lockdown-Zeit komponiert hat und die er gegenwärtig zu Ende orchestriert. «Hopfen und Malz» heisst sie. Wie es im Titel anklingt, geht es darin um einen Wettstreit unter Bierbrauern und um brauereierfahrene Mönche, um Intrigen, Liebesverwirrungen und vieles mehr. Die Handlung einer Operette nachvollziehbar nachzuerzählen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Spürbar ist aber die Leidenschaft und der Spass, die ihm diese Arbeit bereitet. In seinen Ausführungen lässt er sich kaum stoppen, etwa wenn er erzählt, wie er der amerikanischen Musicalflut und der zeitgenössischen Avantgarde eine klassische und mit Opernzitaten bespickte Operette entgegensetzen möchte. Als Librettisten hat er den Basler Schriftsteller Alain Claude Sulzer gewinnen können.
Komponiert hat Behle seine Operette an einem Steinway-Flügel im Wohnzimmer seines Hauses im Basler St. Johann-Quartier. Es ist nicht irgendein Flügel, wie er beiläufig sagt, sondern das Instrument, das einst dem legendären deutschen Tenor Fritz Wunderlich (1930-1966) gehörte. Er hat ihn besungen auf seinem Album «Mein Hamburg», auf dem er auf witzige Art die Genregrenzen zwischen Gassenhauer und der klassischen Oper verwischt.
Behles Laufbahn bringt man nicht automatisch mit dem Operetten-Genre in Verbindung. Der 1974 in Hamburg geborene Sänger ist gefeierter Interpret des Opernrepertoires etwa von Mozart oder Richard Strauss und gleichzeitig im Kunstlied von Schubert oder auch Mahler zu Hause. Das macht Behle zu einem der wenigen Sänger, die zwischen den grossen Opernbühnen und den Konzertsälen in Europa hin- und herpendeln.
Aktuell führt ihn eine Reise an die Wiener Staatsoper, wo Proben für Mozarts «Entführung aus dem Serail» in einer Neuinszenierung von Hans Neuenfels anstehen.
Die Partie des Belmonte in Mozarts Singspiel singt und spielt er auch in einer aktuellen Produktion an der Bayerischen Staatsoper in München. Weitere Engagements führten und führen ihn unter anderem ans Zürcher Opernhaus, an die Pariser Oper, die Hamburgische Staatsoper, das Royal Opera House Covent Garden in London und nach Bayreuth.
Vom Wagner-Olymp auf dem grünen Hügel in Bayreuth scheint Behle besonders angetan zu sein. An den dortigen Festspielen wurde er für vorerst noch vergleichsweise kleine Partien in den «Meistersingern» und im «Tannhäuser» verpflichtet. Dass er dort auch mal die grossen Rollen einnehmen kann, würde ihn reizen. Dass er das kann, hat er mit der Titelrolle in «Lohengrin» in Stuttgart und Dortmund bereits unter Beweis gestellt.
Was ihn an Bayreuth reizt ist, sind nicht nur die erhabenen Sängerweihen, sondern auch das geradezu legendäre und auch ein bisschen gefürchtete Drumherum, das Ereignishafte und die Intrigen, wie er sagt. «Das gehört einfach dazu», sagt er. Und er verarbeitet dies auf eine besondere Art. Ihm schwirre im Hinterkopf bereits die Story für eine weiteres Bühnenwerk herum, die eben diese spezielle Welt auf dem Grünen Hügel auf die Schippe nimmt.
Während Daniel Behle längst in den grossen Opernhäusern und Konzertsälen der Welt zuhause ist, tritt er in seinem Heimat- und mittlerweile auch Bürgerort Basel, in dem er seit gut zehn Jahren lebt, nur selten auf. Auf der langen Liste seiner Engagements ist Basel ein mehr oder weniger weisser Fleck.
«Stimmt nicht», wehrt er sich. «2006 sang ich in Basel in Mozarts 'Don Giovanni' die Partie des Don Ottavio und lernte dabei meine Frau kennen.» Das war ein lebensbestimmender Moment. Er zog nach Basel, mit der Bratschistin Carla Brance Behle hat er drei Kinder. Dass er in der Rolle des gehörnten Liebhabers die Liebe seines Lebens kennenlernte, wäre eigentlich für sich gesehen eine Oper oder eine Operette wert.
(SDA)