BLICK: Wann vermissen Sie Udo Jürgens am meisten?
Freddy Burger: Udo und ich führten eine Art Ehe – nur dass wir von Tisch und Bett getrennt lebten. Wir haben zusammen unglaubliche Höhenflüge erlebt, gezweifelt, gestritten, uns versöhnt und immer wieder Grundsatzdiskussionen geführt. Ganz wie in einer normalen Ehe. Er war mein Freund und Partner. Ich vermisse ihn ganz einfach, weil er mein Leben während beinahe 40 Jahren geprägt, inspiriert und bereichert hat.
Welche gemeinsamen Projekte konnten Sie nicht mehr realisieren?
Ach, da lag noch so vieles in der Luft. Udo war ja ein Universaltalent. Sein ganzes Denken kreiste ununterbrochen um die Musik und die Kunst. Er hat wie kein Zweiter verstanden, das Leben in vollen Zügen zu geniessen und sich trotzdem immer wieder zu fordern. Er wollte nicht aufhören und hat immer wieder betont, dass er nicht auf der Ofenbank die Katze kraulen möchte. Wenn man bedenkt, dass Udo auch als Buchautor oder mit seinem Musical äusserst erfolgreich war, kann man sich in etwa vorstellen, was noch alles möglich gewesen wäre. Wir hatten natürlich bereits geplant, in Anbetracht seines Alters die Tourneen zukünftig auf kleinerer Flamme zu kochen. Aber er wollte auf der Bühne stehen, solange ihn die Menschen noch sehen wollten.
Was waren Udo Jürgens’ grösste Stärken?
Udo war ein Künstler mit unglaublichem Einfühlungsvermögen und einem grossen Sendungsbewusstsein, der sich nicht scheute, kritische Themen anzusprechen. Gleichzeitig hatte er die Gabe, die Liedertexte in eingängige Melodien zu kleiden, die die Massen ansprechen. Davon zeugen die zahllosen Hits, Oldies und Evergreens mit weltweiter Bekanntheit. Das hat in dieser Dimension kein anderer deutschsprachiger Unterhaltungskomponist geschafft. Ausserdem war er authentisch, mit einer riesigen Schaffenskraft gesegnet und ein sehr loyaler Partner, der auf Nachhaltigkeit anstatt Opportunismus setzte.
Welches ist eigentlich Ihr Lieblingssong von Udo Jürgens?
Natürlich liebe ich, wie die meisten, die Partyknaller und Gassenhauer. Ich habe aber immer auch auf die Texte geachtet, die viel Lebensphilosophie vermitteln. Es gibt zahlreiche Titel, die wie geflügelte Worte in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind: «Aber bitte mit Sahne», «Ein ehrenwertes Haus», «Vielen Dank für die Blumen» oder «Immer wieder geht die Sonne auf». Meine persönlichen Lebensmottos beschreiben aber die Lieder «Ich weiss, was ich will» und «Never give up – gib niemals auf» am treffendsten. Auch Songs wie «Der gekaufte Drachen» rühren mich noch heute zu Tränen. Übrigens hat der Lebemann Udo selber seine Lieder immer wieder als eine Art Lebenshilfe herangezogen. Das war bestimmt mit einer der Gründe, weshalb seine Glaubwürdigkeit so gross war.
Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Sehr professionell. Er stammte aus gutbürgerlichem Haus, und seine Umgangsformen waren dementsprechend. Als harmoniebedürftiger Mensch lebte er mit und von der Musik. Das war für Udo nicht Fun, sondern eine seriöse Angelegenheit. So legte er grossen Wert auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Mit Dilettantismus konnte er nichts anfangen. Die gleiche Professionalität, die er den Orchestermusikern von Pepe Lienhard abverlangte, erwartete er vom Management. Wenn er einmal Vertrauen gefasst hatte, gab er gerne Verantwortung ab und mischte sich nicht mehr ins Tagesgeschäft ein. So konnte er sich ganz auf seine kreative Arbeit konzentrieren.
Was würde Udo Jürgens heute machen?
Er würde seine aktuelle CD-Collection «Merci, Udo!», die zu seinen Ehren als Liebhaberstück auch auf Vinyl gepresst wird, persönlich vorstellen. Das liesse er sich nicht nehmen, wenn ihm das zuweilen auch einen grossen zeitlichen und körperlichen Aufwand abforderte. Er hat seine Lieder geliebt wie Kinder und wollte ihnen allen eine reelle Chance geben. Vor allem denjenigen, die etwas im Schatten seiner grossen Hits stehen mussten.
CD «Merci, Udo!», überall im Handel
Freitag, 2. Dezember, RTL, 20.15 Uhr, «Merci Udo – Deutschland sagt Danke!»