Benannt ist die Fondation Riklin nach dem rührigen Brüderpaar Frank und Patrik Riklin; die beiden St. Galler Konzeptkünstler stecken hinter dem Projekt, das im ersten Moment absurd klingt. «Wir haben den Traum von einer Stadt auf einem Kunstmuseum», sagt Frank Riklin gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er und sein Bruder wollen Kunst dorthin tragen, wo sie nicht erwartet werde, «direkt in die Gesellschaft, ins System», sagt Riklin.
Und so soll das Ganze konkret aussehen: In den nächsten Monaten werden die beiden Riklins in den Zürcher Gemeinden Regensdorf, Adlikon und Watt von Tür zu Tür gehen und Alltagsgegenstände sammeln. Die Menschen können vom Bügelbrett bis zum Schaukelpferd Gegenstände und dazugehörige Geschichten stiften.
In einem zweiten Schritt wollen die beiden Künstler diese Gegenstände zerschneiden und einen Teil mit einem zweiten, von einem komplementären Gegenstand zu einem neuen Ganzen zusammensetzen. «Diese Kunstwerke stehen für die unübliche Begegnung, sind eine Allegorie für ein neues gesellschaftliches Zusammenleben», erklärt Frank Riklin.
In einem dritten Schritt werden die Kunstwerke im Fundament des neuen Stadtquartiers einbetoniert - und so «als Grundstein für den Spirit des künftigen Zusammenlebens im Quartier konserviert». Später, wenn das Quartier fertig ist, wird es an verschiedenen Orten Marker geben, an denen man mit dem Smartphone die Gegenstände und deren Geschichten digital erleben kann.
Ort dieses aussergewöhnlichen Kunstmuseums ist Zwhatt; das Stadtquartier entsteht derzeit in Regensdorf. Heute Montag beginnen die Grabarbeiten für die Fondation Riklin, 2024 soll sie fertig sein.
In Anlehnung an den Namen des Quartiers haben die Riklin-Brüder das Verb «verzwhatten» erfunden. Es bezeichnet das Zusammensetzen der Teile zweier Alltagsgegenstände zum Kunstwerk. Analog wollen die beiden Konzeptkünstler «Verzwhattung» als Methode verstanden wissen, «die Menschen aus festgefahrenen Mustern und Vorurteilen befreit, oder als Haltung, «die eine Welt entwirft, in der die unübliche Verbindung grossgeschrieben wird».
Folglich habe Kunst nicht nur schön zu sein, sondern «sie versucht, die Mentalität eines Ortes zu prägen und eine neue Wirklichkeit zu schaffen», sagt Frank Riklin.
Er uns sein Bruder Patrik arbeiten bereits seit 20 Jahren an der Schnittstelle zwischen Kunst und Alltag, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie gehen der Frage nach, was passiert, wenn Kunst ihren erwartbaren Rahmen verlässt und in soziale und gesellschaftliche Realitäten eingreift.
Zuletzt sorgten die Riklin-Brüder 2020 für Aufsehen, als sie im Herbst ein Netzwerk aus Schnüren von Haushalt zu Haushalt in Altstätten im St. Galler Rheintal spannten und so zum Nachdenken über digitale Netze anregen wollten oder als sie im Sommer vor der St. Galler Kathedrale ihre «Zehn Gebote, Vol. 2» in Sandstein meisselten, nach Zürich transportierten und dort in einem Kanal versenkten.
(SDA)