Es gibt die Zeit vor «Star Wars» und die Zeit danach. Dazwischen liegt der 25. Mai 1977, jener kuriose Tag, an dem in gerade einmal 37 US-Kinos dieser völlig unerwartete Film anlief.
Doch selbst grösste «Star Wars»-Fans – wie der Schreibende – könnten sich vorstellen, dass die Filmgeschichte ganz anders verlaufen wäre.
Dass nämlich damals die ersten Kinozuschauer einfach bloss gelacht hätten: über den staksigen goldenen Roboter, über die weiss-blaue Mülltonne auf zwei Beinen, den 2-Meter-Bärenhund, den Bösewicht mit Tauchermaske und Lautsprecher. Und dieses nie da gewesene Gewusel aus absurden Raumschiffen.
Ja, man hätte den Film dieses jungen Regisseurs, Autors und Produzenten George Lucas weglachen können. Weiss Gott, die Financiers von 20th Century Fox hatten Panik, dass genau das passieren würde. Stattdessen standen die ersten Kinozuschauer gleich wieder in der Schlange an. Und gingen dann glücklich heim, erzählten es den Freunden – bis aus den 37 Kinos Tausende geworden waren. Und bis der goldene Roboter und die Tonne auf Beinen im Spielzimmer einer ganzen Generation standen.
Was macht diesen Film und seine fünf Fortsetzungen so unvergleichlich? Im Grunde sind es fünf Dinge:
- Die Erinnerungen
«Star Wars» gilt als Science-Fiction-Film, aber das ist falsch. Jeder der Filme beginnt mit dem Schriftzug: «Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxie.» Die Kritiker hielten das für einen ironischen Witz von Lucas – seine Fans nicht. Sie wussten von der ersten Sekunde an: Diese Geschichte bringt mich zurück in meine Kindheit. Als man mir Märchen erzählte. Als Geschichten unberührt waren von Logik, Wirklichkeit – und der Zukunft.
- Die Echtheit
«Star Wars» brach mit dem Realismus vergangener Weltraum-Filme. Raumschiffe röhren, heulen, zischen wie alte Flugzeuge, obwohl sie doch durchs stumme Vakuum zwischen den Sternen gleiten. Ihre Besatzungen schweben nicht durch die Kabine, sondern bleiben sitzen wie auf Erden. Und doch war nie eine filmische Parallelwelt so zum Greifen echt: Die Vehikel sind alt, abgewetzt, halb kaputt, die Kostüme zerschlissen, die Planeten verstaubt. Es ist alles wie bei uns.
- Der Rhythmus
George Lucas liess sich inspirieren von den Serien-Kurzfilmen des Schwarz-Weiss-Kinos. Entsprechend trieb er die Handlung voran. Drei, vier Minuten – und wir wechseln zum nächsten Schauplatz. «Star Wars» lässt einen von der ersten Szene an nicht mehr los. Das wurde stilbildend. Aber der Vergleich zum ermüdenden Bilderterror heutiger Actionfilme zeigt: Lucas hatte schon 1977 den perfekten Rhythmus gefunden.
- Diese Musik!
«Star Wars» wäre nicht dasselbe ohne die Klänge von John Williams. Lucas wollte eine Sinfonie, keine Synthetik. Und heuerte dafür den damals eher unbekannten Williams an. Das Ergebnis ist der wohl wichtigste Soundtrack der Filmgeschichte. Williams gab Figuren und Szenerien eigene Motive, ganz wie Richard Wagner in seinen Opern. Von der ersten Fanfare beim ersten Schriftzug in den ersten Sekunden jedes Films trifft Williams damit die Zuschauer direkt ins Herz.
- Die zeitlose Geschichte
Den «Star Wars»-Filmen liegt ein Familiendrama zugrunde: Ein Halbwaise fällt dem Bösen anheim und wird erst von seinem Sohn wieder erlöst. Manches dieser universal gültigen Geschichte ist zwar begraben unter holprigen Dialogen. Und Lucas verlor mit der Zeit den Mut zur Naivität. Am Ende waren viele Fans der ersten Stunde erbost auf den einstigen Visionär, der zum seelenlosen Tüftler geworden war. Die Geschichte liess sie dennoch nie mehr los.
Jetzt also der siebte Teil. «Star Wars» geht in die dritte Generation. Und am 17. Dezember werden die Zuschauer wieder nicht lachen. Sie werden weinen – vor Glück.