Ein toter nigerianischer Jugendlicher in Luzern löst Ermittlungen aus, die viel tiefer gehen als nur in die Drogenszene der Stadt. Der neue Schweizer «Tatort» thematisiert die aktuelle Asyldebatte. In einer bedrückenden Milieu-Studie über unbegleitete minderjährige Asylbewerber, die sich allein in der Fremde durchschlagen müssen, gibt der Krimi Flüchtlingen ein Gesicht.
Der 16-jährige schüchterne Ebi (Charles Mnene) kommt nach seiner Flucht ohne Eltern als Asylsuchender in die Schweiz. Zwei Jahre in einem Heim mit zu wenig Betreuung machen aus ihm einen Kleinkriminellen. Er verkauft Drogen nicht nur, sondern konsumiert sie auch selbst.
Als der Nigerianer schliesslich erstochen aufgefunden wird, gehen die Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) von einem Streit im Milieu aus. Dem neuen Polizeichef Eugen Mattmann (Jean-Pierre Cornu) ist ein rasches Abwickeln des Falles nur recht: In zwei Jahren wäre der aktenkundige Ebi ohnehin abgeschoben worden.
Der Widerstand aus den eigenen Reihen und das Desinteresse am Schicksal des Jungen motiviert das Kommissaren-Paar aber nur noch mehr. Ihre Recherchen führen sie zur ebenfalls unbegleiteten nigerianischen Jugendlichen Jola (Marie-Helene Boyd). Sie könnte der Schlüssel zu dem Fall sein, doch die Ermittlungen laufen nur zäh.
Die junge Frau verschliesst sich. Eine Entführung und Vergewaltigungen auf ihrer Flucht haben sie hart gemacht. Weder die engagierte, aber völlig überlastete Sozialarbeiterin, noch der kämpferische Dolmetscher können Jola zum Reden bringen.
Ein dubioser Ladenbesitzer, der kurz vor seinem Tod einen Streit mit dem Opfer hatte, zeigt sich den Ermittlern gegenüber ebenfalls nur wenig kooperativ. Die Clique der nigerianischen Drogendealer spricht überhaupt nicht mit der Polizei. Informationen aus dem Kreis der Junkies sind nur bedingt brauchbar, weil sie eingenebelt nur mit ihrem nächsten Schuss beschäftigt sind.
Dabei kann sich Flückiger selbst nicht nur auf den Fall konzentrieren. Starke Migräneanfälle lassen ihn immer wieder daran zweifeln, ob er nun die Realität sieht oder halluziniert. Ohnmachtsanfälle und starke Übelkeit lassen den Kommissar teilweise komplett ausfallen.
So ist seine Kollegin auf sich selbst gestellt. Ritschard fährt deshalb allein nach Italien, um dem Schicksal von Jola und ihrer Flucht genauer auf den Grund zu gehen. Dort erfährt sie nicht nur die traurige Geschichte, die hinter der Tätowierung der Jugendlichen steckt. Fotos zeigen auch eine gemeinsame Vergangenheit von Jola und Ebi auf.
Doch welche Rolle spielt der Zimmerkollege von Ebi aus dem Flüchtlingsheim? Navid (Rauand Taleb) will die eigensinnige Jola stets vor Unheil bewahren. Doch kann er sie auch vor dem nigerianischen Drogenboss und seiner Schweizer Frau beschützen, die ihre Leute auf Jola ansetzen? Und erreicht Jola ihr einziges Ziel, ihrer Mutter Geld zu schicken?
Dank überraschender Wendungen und geschickter Rückblenden bleibt der Krimi bis zuletzt spannend. Der gesellschaftspolitisch brisante «Tatort» schliesst auch nach der Auflösung des Falls ohne «Happy End». Damit verabschiedet sich die Krimireihe zugleich in die Sommerpause. In den Wochen darauf sind am Sonntagabend Wiederholungen zu sehen.
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