Sylvester Stallone
«Ich bin ein Loser»

Trotz Gesichtsbehinderung ist er einer der grössten Schauspieler geworden: Sylvester Stallone im grossen BLICK-Interview zu seiner Rückkehr als Action-Held John Rambo.
Publiziert: 20.09.2019 um 23:26 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2019 um 09:31 Uhr
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Sylvester Stallone im Mai an der Premiere von «Rambo V: Last Blood» am Filmfestival in Cannes (F).
Foto: Getty Images
Interview: Christian Thiele

Vor 37 Jahren ballerte sich «Rambo» zum ersten Mal durch die Kinos. Jetzt verabschiedet sich Sylvester Stallone (73) von seinem in die Jahre gekommenen Ex-Vietnamkrieger. Im fünften Teil «Last Blood» vergiesst der Action-Held noch einmal viel Blut – diesmal, um seine Nichte aus den Fängen einer brutalen mexikanischen Gang zu befreien.

Dass er keine Starallüren hat, beweist Stallone, indem er bereits 45 Minuten vor Beginn des Interviews im Hotel in Los Angeles erscheint. Ohne Entourage, dafür mit Ehefrau Jennifer Flavin (51). Ich treffe beide schon im Lift, wo Flavin gerade dabei ist, Stallones geblümte Hemdsärmel umzukrempeln. Er lässt es mit stoischer Ruhe über sich ergehen.

BLICK: Passt so etwas zu Rambo?
Sylvester Stallone:
Na klar! Er lässt nie raushängen, dass er ein harter Typ ist.

Warum stehen so viele Fans auf eine solch gewalttätige Filmfigur?
Wissen Sie, er ist nicht von Anfang an ein Killer gewesen. Ich sehe ihn als den populärsten Jungen seiner Highschool. Der beste Footballplayer der Schule, der immer hilfsbereit und nett zu allen war. Doch dann kam der Vietnamkrieg. Die grausamen Umstände haben Rambo zu dem gemacht, was er ist. Und die Gewalt in den Filmen ist authentisch. Das anerkennen die Fans.

Hätten Sie Anfang der 80er-Jahre gedacht, dass «Rambo» ein zeitloser Hit wird?
Nein! Der Film war sauschlecht! Ich hätte ihn am liebsten zurückgekauft und verbrannt. Das ist kein Scherz! Niemand von den grossen Verleihfirmen wollte dieses sinnlose Baller-Spektakel mit Überlänge, in dem ein amerikanischer Ex-Soldat sein eigenes Land angreift, herausbringen. Als allerletzte Chance haben wir es dann zusammengekürzt und alles auf eine Karte gesetzt. Wir hatten keine Wahl, wir waren alle pleite. Und nach dem schrecklichen Start wurde der Film dann ein Megaerfolg. So, wie mein Leben ...

Nicht viele 73-Jährige wären in der Lage, in diesem Alter noch zum Rambo zu werden. Gab es Momente, in denen Sie bereut haben, noch einmal als Actionheld vor die Kamera zu treten?
Viele! Am Set geht immer mal was schief. Ein Balken fällt jemandem auf den Kopf, eine Flashgranate verbrennt dich und so weiter. Und irgendwie bin immer ich derjenige, der alles abbekommt. Eines Tages werden sie mir in meinem Stamm-Krankenhaus eine eigene Abteilung widmen. Die Cedars-Sinai-Rambo-Station für hoffnungslose Fälle. Da kann man dann mit dem kläglichen Rest seines Körpers vorbeikommen (lacht).

Wie haben Sie Ihren Körper so gut in Schuss bringen können?
Mit ganz viel Eiscreme im Eisschrank (lacht). Ehrlich, er ist voll damit – aber leider darf ich es nicht anrühren, weil es nicht mir gehört. Meine Töchter sind da unbarmherzig. Im Ernst, ich esse seit Jahren immer dasselbe, in denselben Mengen. So bleiben mein Energielevel und meine Körperzusammensetzung gleich. Es ist die Rennpferd-Diät. Kennen Sie die?

Nein.
Man kann einem Pferd nicht die ganze Woche Cheeseburger und Leckerlis geben und erst einen Tag vor dem Rennen plötzlich Hafer füttern. Weil es dann bestimmt nicht in Top-Form läuft. Genauso ist es bei mir. Ich kann nicht einfach ein paar Wochen vor einem Film ernährungstechnisch auf Actionheld-Futter umstellen und plötzlich perfekt fit sein.

Im Film hat Rambo eine Adoptivnichte im Teeniealter. Sie beschwert sich, dass Sie ihre männlichen Freunde allein durch Ihre Anwesenheit eingeschüchtert hätten. Haben Ihre drei Töchter schon ähnliche Erfahrungen mit ihrem Papa machen müssen?
(Sein schiefes Grinsen wird breit): Natürlich. Ständig. Wenn mich die Dates meiner Girls zum ersten Mal treffen, quetsche ich zur Begrüssung fest ihre Hand. Und glauben Sie mir, ich habe Kraft! Ich kann an ihren Gesichtern sehen, dass sie damit nicht rechnen. Diese coolen Boys versuchen, sich nichts anmerken zu lassen, doch ihre Gesichter werden blass. Das werden sie nie wieder vergessen (lacht).

Sie machen den Burschen also absichtlich Angst?
Absichtlich würde ich nicht sagen. Ich kann dafür gar nichts. Als Vater von Töchtern bist du einfach – was ist das Wort? (Hält inne und kratzt sich am Kopf) Ah, ich habs! Du leidest an vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit, wenn ein Typ in dein Haus kommt, der es auf deine Girls abgesehen hat (lacht).

Haben Sie jemals Angst um die Sicherheit Ihrer Kinder gehabt?
Klar, insbesondere wenn sie flügge werden und das Haus verlassen. Du willst sie als Vater vor allem schützen, weil du weisst, dass die Welt da draussen hart und gefährlich sein kann. Am liebsten würdest du ihnen ein Seil um den Bauch binden, sie mit einem GPS bestücken und 30 Bodyguards mitschicken (lacht). Schrecklich von mir, ich weiss!

Wieso hatte keine Ihrer drei Töchter bislang eine Rolle in Ihren Filmen? Wollten die Girls nie mit Daddy vor der Kamera stehen?
Natürlich wollten sie alle schon immer in meinen Filmen mitspielen. Aber ich musste ihnen dann sagen: «Ihr seht mir leider viel zu ähnlich.» Da würde sich der Zuschauer fragen, ob mein Filmheld irgendwann mal eine folgenschwere Affäre hatte. Ich versuchte grundsätzlich, meine Girls zu warnen, dass das Filmgeschäft ein knallhartes Business ist.

Zumindest Ihre zweitälteste Tochter Sistine konnten Sie nicht abschrecken. Sie spielte gerade im Hai-Thriller «47 Meters Down: Uncaged» mit.
Sie ist vorgewarnt, was kommen kann. Ich sagte ihr und den anderen beiden, dass sie sich als Schauspielerinnen daran gewöhnen müssen, als Verliererin abgestempelt zu werden, als nicht gut genug für diesen Job. Ich musste mir das ja auch sehr oft anhören. Manchmal musst du nachts deine zerbrochene Seele wieder zusammenkleben. Schauspieler sein ist hart.

Härter, als der einzige Mann unter Frauen zu Hause zu sein?
Gute Frage. Fakt ist, dass ich in meinem Heim noch nie eine Diskussion gewinnen konnte. Ich habe einfach niemals recht. Jedes Möbelstück, das ich aussuche, ist das falsche. Egal, was ich sage oder tue, gegen vier Frauen verliert man jedes Mal. Aber ich habe mich inzwischen daran gewöhnt. Ich bin ein Loser, kein Problem.

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